Rosen des Lebens
er.
Mit diesem Wort pflegte er jede Debatte zu beenden. Und obwohl diese Debatte durchaus nicht beendet war, sah es mir ganz so
aus, als würde Ludwig nicht in den Irrtum verfallen, Chevreuses Heiratswunsch ein Verbot entgegenzusetzen, das der Betroffnene
so leicht übertreten konnte.
»Soll die Teufelin triumphieren«, sagte er, »vorläufig. Sorgen wir für jetzt nur, daß wir den anderen Bösen aus unseren Festen
verjagen.«
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|349| VIERZEHNTES KAPITEL
Dieser andere Böse war Benjamin de Soubise, der Bruder des Herzogs von Rohan, der mit dem Herzog de La Force die protestantische
Rebellion anführte. Der lange Küstenstreifen am Atlantik, den er der Krone entrissen hatte, erstreckte sich von Les Sables-d’Olonne
bis Royan, einschließlich der Insel Oléron. Er reichte also von Norden wie von Süden an La Rochelle heran, das Juwel der hugenottischen
Macht, die Trutzburg, die von ihren Einwohnern für uneinnehmbar gehalten wurde, weil die Engländer sie von der See her unterstützen
konnten und weil Heinrich III., damals noch Herzog von Anjou, die Festung auch mit einer halbjährigen, erbitterten Belagerung
nicht bezwingen konnte.
Ludwig hatte gar nicht den Ehrgeiz, sie einzunehmen: Dazu besaß er noch nicht die Mittel. Sein fernes Ziel war Montpellier,
sein nahes war Soubise und sein siebentausend Mann starkes Heer, während Ludwig nur fünftausend Mann hatte, die allerdings
besser ausgebildet waren! Und Ludwig hatte jene drei Tugenden, die Henri Quatre bei einem Heerführer für ausschlaggebend hielt:
Entschlußkraft, Schnelligkeit und Tapferkeit im Feld.
Seit dem Aufbruch von Paris hatte er seine häuslichen Sorgen hinter sich gelassen. Mit verhängten Zügeln, das Gesicht entschlossen
und klar, jagte er voll eines heldischen Traums dahin, und für Augenblicke schien es mir, als treibe ihn der Schatten seines
Vaters dem Ruhm entgegen.
Seine Marschgeschwindigkeit – von Blois bis Nantes brauchte er keine sechs Tage – setzte alles in Erstaunen: Noch nie war
ein Heer so schnell marschiert, und bestimmt frappierte dies keinen mehr als Soubise.
Soubise hatte allerdings Gründe genug, voller Furcht in die Zukunft zu blicken. Als er dem König Saint-Jean-d’Angély übergab,
hatte er um Verzeihung gebeten. Ludwig hatte sie ihm gewährt und ihm obendrein die Freiheit geschenkt, die Soubise |350| aber sofort benutzt hatte, sich wiederum gegen seinen König zu empören und ihm seine Städte zu rauben. Über seine Truppenstärke
machte sich Soubise keine Illusionen. Mit seinen siebentausend Mann hätte er natürlich jeden Provinzgouverneur, den die Krone
gegen ihn aufgeboten hätte, mit Sicherheit geschlagen. Aber nun kam der König, das änderte alles. Ludwig war der Gesalbte
des Herrn, dem man Ehrfurcht und Unterwerfung schuldete. Sein Recht galt mehr als eine Legion. Und so tapfer Soubise im Kugelregen
auch war, schwand seine Selbstgewißheit, je näher der König ihm rückte. Ob er wollte oder nicht, sah er, daß ihm Ketten, Kerker
und das Henkersschwert drohten.
Als er hörte, daß die königliche Armee von Nantes aufbrach nach Challans, ging er mit seinem Heer auf die Insel Riez, ein
kleines Eiland vor Saint-Gilles. Es gab in der Nähe keine Zitadelle, die ihm Zuflucht geboten hätte, und er entschied sich
für diese Insel wegen einer Besonderheit, die sie jedem Verfolger furchtbar machte: Sie war zu Fuß erreichbar, aber nur bei
Niedrigwasser, und wirklich niedrig war es um diese Zeit nur zu Mitternacht. Jeder Angreifer mußte sich also klar sein, daß,
sogar wenn er es fertigbrachte, das Watt in finsterer Nacht zu durchschreiten, ihm der Rückzug, falls ihn das Waffenglück
verließ, durch den unausweichlichen Anstieg der Flut abgeschnitten war.
Als Ludwig an die Atlantikküste kam, wollte er den Ort erkunden, wo Soubise sich aufhielt. Mit seinen Heerführern erklomm
er eine Sanddüne, von deren Gipfel er die Insel Riez überschauen konnte. Allen schien die Sache voller Gefahren: das Watt
in der Finsternis, das eiskalte Wasser im April, die Soldaten durchnäßt und kälteschlotternd, wenn sie kämpfen sollten, und
vor allem die Unmöglichkeit des Rückzugs, sollte das Glück gegen uns sein.
Ludwigs Berater erhoben Einwände über Einwände. Vor allem wollten sie nicht, daß der König seine Person in dieser gefährlichen
Unternehmung aufs Spiel setzte. Ludwig ließ es nicht gelten.
»Meine Herren«, sagte er, »ich bin nicht um
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