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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Entscheidungen
     über Personen ebenso langsam war, wie er rasch war, wenn es gegen den Feind ging. Äußerst gewissenhaft, von der großen Sorge
     um Gerechtigkeit besessen, wog er lange das Für und Wider und entschied sich erst nach reiflichen Überlegungen. War die Entscheidung
     aber einmal getroffen, setzte er sie ehern durch. Für Condé mußte er eine Lösung finden, die ihn als General ausschloß, die
     aber den Prinzen von Geblüt schonte. Und als Lesdiguières wiederkam aus der Dauphiné, fand Ludwig diese Lösung, eine ganz
     einfache und eben dadurch verblüffende. Obwohl der König bestimmt der ernsthafteste Mensch von der Welt war, sah ich dahinter
     sogar einen Schalk. Leider hatte Condé in Lesdiguières’ Abwesenheit Gelegenheit zu weiteren Dummheiten, die einige unserer
     Edelleute mit dem Leben bezahlten. Zum Verteidigungsring von Montpellier gehörte die Butte Saint-Denis im Nordosten, ein kleiner
     Hügerl, von dem man die Stadt überschaute. Die Strategie gebot, ihn zu besetzen. Von seinen Offizieren gedrängt, besetzte
     Condé sie tatsächlich, aber in seiner unglaublichen Arroganz und Unterschätzung des Gegners besetzte er ihn nicht mit starker
     Wehr. Als der Feind diese Schwäche am nächsten Tag bemerkte, stürmte er zum Gegenangriff und nahm die Butte wieder ein, so
     daß wir schwere Verluste erlitten.
    Es lag nicht daran, daß er die Befehlshaber nicht versammelt und angehört hätte. Der schmächtige Condé nahm ihre Vorschläge
     hochmütigen Gesichts entgegen. Alle stimmten überein, daß man zwei Bastionen der Verteidigung, die Blanquerie und die Tuilerien,
     erstürmen müsse. Condé schien ihnen zuzuhören, dachte in Wahrheit aber nur daran, daß am folgenden Tag der Marschall von Créquy,
     Lesdiguières’ Sohn, eintreffen würde. Dieser Gedanke machte ihn krank, und weil er bis dahin noch seine Überlegenheit behaupten
     wollte, sagte er hochfahrend: »Nein, nein, meine Herren, es wird genügen, den Halbmond zwischen beiden Bastionen anzugreifen.«
     Also griff man den Halbmond an. Der lag aber im Kreuzfeuer beider |362| Bastionen, und wir verloren eine Menge Leute, ohne daß wir Fuß fassen konnten.
    Der Herzog von Rohan, der Montpellier verteidigte, hatte nur eins im Sinn: Er wollte sich in Verhandlungen ebenso gute Konditionen
     sichern wie La Force und Châtillon. Damit überstürzte er sich jedoch nicht, denn die Fehlschläge des königlichen Heeres erhöhten
     die Preise. Durch Condés Niederlagen gestärkt, erdreisteten sich die Abgesandten von Montpellier, dem König Bedingungen zu
     nennen, unter denen sie zur Übergabe bereit wären. Der König empfing sie sehr übel.
    »Meine Herren«, sagte er, »meldet in Eurer Stadt, daß ich meinen Untertanen Kapitulation gewähre, aber die Bedingungen stelle
     ich.«
    Hierauf kam, wie gesagt, Lesdiguières aus der Dauphiné zurück. Er brachte sechs Regimenter mit, und weil ein Glück selten
     allein kommt, traf am nächsten Tag der Herzog von Angoulême mit ebenso vielen aus der Champagne ein, außerdem erreichte uns
     endlich unsere Nachhut. Lesdiguères und seine beträchtlichen Verstärkungen taten uns genauso wohl, wie Condé die Unterredung,
     die er am folgenden Tag mit dem König hatte, weh tat.
    »Mein Cousin«, sagte Ludwig, indem er ihn freundlich unterhakte und mit ihm auf und ab schritt, »ich will Euch als erstem
     mitteilen, was ich beschlossen habe. Der Konnetabel wird dem ganzen Heer seine Befehle erteilen, aber Ihr, mein Cousin, sollt
     sie nur aus meinem Mund hören.«
    Condé dankte, kniete nieder und ging. Er war zu feinfühlig, um nicht zu verstehen, daß er nicht viele Befehle aus dem Mund
     des Königs erhalten würde. Seine Verstimmung wuchs, als der Kronrat am achten Oktober mehrheitlich beschloß, mit Montpellier
     zu verhandeln. Am folgenden Tag ließ er sich wieder vom König empfangen und plädierte eifernd für die Fortsetzung des Krieges.
     Vom Ehrgeiz eines neuen Kreuzzugs besessen, strebte er nach der völligen Ausrottung der Hugenotten.
    »Mein Cousin«, sagte Ludwig, »reden wir nicht mehr davon. Wir schließen Frieden. Ich habe es so beschlossen.«
    »Sire«, sagte Condé, »darf ich Euch um meinen Urlaub bitten? Ich möchte mich auf Pilgerfahrt nach Notre-Dame-de-Lorette begeben.«
    |363| »Gern, mein Cousin«, sagte der König.
    Damit umarmte er ihn, küßte ihm beide Wangen und ließ ihn ziehen.
    Der Frieden von Montpellier bestätigte das Edikt von Nantes. Überall wurde Gewissens- und

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