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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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ein unabänderlich blauer Himmel und eine glühende Sonne, unter uns der ausgedörrte Boden. Wasser war knapp, denn
     es hatte seit Monaten nicht geregnet, und alles mögliche Unbehagen verschlimmerte sich. Vor allem aber umschwirrten uns ständig
     Unmengen von Fliegen bei Tag und Mücken bei Nacht.
    In Béziers spricht man Okzitanisch. Ein etwas anderes Okzitanisch zwar als im Périgord meines Vaters, aber ich verstand es
     einigermaßen, und das brachte mir ein gutes Quartier bei einer fürsorglichen Wirtin ein, einer munteren Witwe, die mir sehr
     wohl wollte und mich verwöhnte. Am Tag nach meinem Einzug überbrachte mir ein Soldat eine Nachricht von Bassompierre: |357| Wenn es mir recht wäre, würde er mich am Abend um sieben Uhr besuchen, um vertraulich mit mir zu plaudern. Selbstverständlich
     willigte ich sofort ein, denn ich hatte ihn seit Beginn des Feldzugs kaum gesehen. Doch konnte er sich auf seine Kriegerpflichten
     berufen, die er übrigens aufs beste erfüllte.
    Um sieben Uhr klopfte es, und strahlend führte die Witwe mir Bassompierre herein, und nachdem sie ihn hereingeführt und mit
     Blicken verschlungen hatte, sagte sie, sie käme gleich wieder. Wirklich erschien sie mit einem Tablett voller Becher, einer
     Flasche Frontignan und Waffeln, die sie auf den Tisch stellte, ohne meinen Besucher aus den Augen zu lassen.
    »Madame«, sagte ich auf okzitanisch, denn ich erhob sie zur Madame, was ihr unendlich schmeichelte, »wie findet Ihr Graf von
     Bassompierre?«
    Hierauf machte sie ihm eine Reverenz, die Bassompierre erwiderte, indem er sich halb vom Sitz erhob, und nach kurzer Überlegung
     sagte sie auf okzitanisch: »Er ist sehr schön, obwohl er schon weiße Schläfen hat.«
    Ich übersetzte es Bassompierre, der, ohne mit der Wimper zu zucken, antwortete: »Madame, ich bin wie Porree: Mein Kopf ist
     weiß, aber mein Schwanz ist grün.«
    Ich übersetzte, und die Wirtin brach in ein Lachen aus, daß ihr Busen nur so bebte und ihre Hüften wogten. Ich wette, wenn
     sie noch ein Zimmer übrig gehabt hätte, hätte sie auch Bassompierre gerne unter ihre Fittiche genommen.
    Auf ein Zeichen, das ich ihr machte und das sie wohl für Eifersucht hielt, zog sie sich mit betretener Miene und unter Knicksen
     zurück.
    »Was wollt Ihr mehr, Siorac?« sagte Bassompierre. »Knusp rige Waffeln, guter Wein, eine geneigte Wirtin.«
    Er lachte, dann setzte er seufzend hinzu: »Nur daß es zum Ersticken ist. Könnte man nicht ein Fenster öffnen?«
    »Wenn man es öffnet«, sagte ich, »fressen uns die Mücken auf.«
    »Und die hier«, sagte Bassompierre, indem er sich auf die rechte Wange klatschte, »ist die durchs Glas gekrochen?«
    In dem Augenblick erschien die Wirtin aufs neue mit zwei in Hälften geschnittenen Zitronen auf einem Teller, den sie auf den
     Tisch stellte.
    |358| »Meine Herren«, sagte sie wiederum auf okzitanisch, »wenn Ihr nicht wollt, daß die Mücken Euch stechen, reibt Euch mit dem
     Saft Wangen und Hände ein.«
    »Horcht sie an der Tür?« fragte Bassompierre, als sie fort war.
    »Was hätte sie davon? Sie versteht kaum Französisch. Und was haben wir so Ernstes zu besprechen?«
    »Das werden wir sehen«, sagte Bassompierre lächelnd, indem er mich aber mit einer Miene ansah, die sein Lächeln Lügen strafte.
     »Es gibt Dinge«, fuhr er fort, »die ich weiß, und Dinge, die Ihr wißt, also wäre es, denke ich, nicht verkehrt, sie auf einen
     Haufen zu werfen und zu sortieren. Zum Beispiel sehe ich Euch besorgt. Darf ich fragen warum?«
    »Mich bekümmert die Gesundheit des Königs, und ich fürchte, daß uns Condé diesen Feldzug durch seine Torheiten verdirbt.«
    »Um die Gesundheit des Königs, mein Freund, sorge ich mich auch, aber keiner so wie er selbst. Wißt Ihr, was er mir gestern
     sagte? ›Ich war krank in Toulouse, ich war krank in Castelnaudary und werde es hier wohl auch sein. Wenn es in Paris wäre,
     würde ich an Sterben nicht denken, aber mir scheint, wenn ein Mensch hier krank wird, ist er verloren.«
    »Mein Gott!« rief ich, »das ist kein sehr entmutigendes Wort!«
    »Das man
cum grano salis
1 nehmen muß. Will sagen, gewiß sind Hitze, Fliegen und Mücken unerträglich, trotzdem geht es Ludwig heute schon besser.«
    »Was nicht viel heißen will: heute gut, morgen schlecht, und immer dieser verdammte Husten und dieses Fieber.«
    »Immerhin«, sagte Bassompierre, »er ist noch so jung und ziemlich robust. Und was Condé betrifft, könnt Ihr beruhigt sein:
    

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