Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
Vom Netzwerk:
Glaubensfreiheit garantiert oder
     wiederhergestellt. Nur verloren die Protestanten achtzig Festungen. Herr von Rohan wurde Gouverneur der Städte Nîmes, Castres
     und Uzès, aber deren Befestigungen wurden zu zwei Dritteln geschleift. Zusätzlich erhielt er eine Pension von sechzigtausend
     Ecus.
    Wäre ich Hugenotte in Montpellier gewesen, hätte ich mich wohl gefragt, ob es der Mühe wert war, sich so tapfer zu schlagen
     und so viele Verwundete und Tote hinzunehmen, nur damit sich am Ende ein so hübscher Goldregen in die Kasse des Herrn Herzogs
     von Rohan ergoß.
    Am zwölften Oktober 1622 trat in Arles der Kronrat zusammen, und der König wartete mit einer Reihe von Beschlüssen auf, an
     die ich mich mit gutem Grund erinnere. Zuerst gab er sich wie ein abgebrühter Spieler, indem er Bassompierre die ungnädigste
     Miene zeigte, dann sagte er lächelnd: »Ich habe Bassompierre versprochen, wenn er seine Geschäfte verrichtet hat, ihn zum
     Marschall von Frankreich zu machen, und ich tue es.«
    Dies erschien mir nun als ein etwas derber Scherz bei solcher Gelegenheit, ohne daß er mich aber sonderlich erstaunte. Auf
     diesem Gebiet war Ludwig ähnlich wie die Priester: Seine Schamhaftigkeit betraf nur das Geschlechtliche, nicht aber die angrenzenden
     Bereiche. Trotzdem belachten unsere würdigen Räte den Scherz, und Bassompierres Ernennung wurde bestens aufgenommen.
    »Meine Herren«, fuhr der König ernsthafter fort, »mir scheint, daß Graf von Orbieu, den Ihr auf unseren Sitzungen stets bemüht
     saht, Monsieur de Puisieux mit seinen Kenntnissen beizustehen, zu Größerem befähigt ist, und ich ernenne ihn mit diesem Tag
     zum Rat für besondere Angelegenheiten, mit Beratungs- und Stimmrecht wie die anderen Räte.«
    Diese bezeigten auch mir gute Miene wie vorher Bassompierre. Mein Gesicht war ihnen bekannt, und weil ich auf Grund meiner
     früheren Aufgabe nie jemandem hatte widersprechen können, wollte mir an diesem Tag niemand übel.
    |364| »Meine Herren«, sagte Ludwig schließlich, diesmal völlig ernst, »wir hatten in diesem Monat zu Lunel den Tod unseres sehr
     geliebten und sehr vermißten Kardinals von Retz zu beklagen, den Gott zu sich gerufen hat. Mein sehr geliebter Cousin, der
     Kardinal von Retz, war Mitglied dieses Rates. Es obliegt mir also, ihn zu ersetzen. Ich ernenne mit heutigem Tage für diesen
     vakant gewordenen Sitz den Kardinal de La Rochefoucauld.«
    Diese Ernennung wurde ebensogut aufgenommen wie die vorherigen, aber man lächelte, wechselte Blicke und stieß sich mit dem
     Ellbogen an. Interessant an dieser Beförderung war eben nicht der zu diesem hohen Amt Ernannte, sondern derjenige, der nicht
     ernannt worden war.
    Zugegeben, Richelieu war erst kürzlich vom Papst zum Kardinal erhoben worden, Ludwig hatte ihm die Insignien noch nicht überreicht
     und dafür seinen Treueid empfangen, eine Zeremonie, durch die der Neuernannte sich an die Person des Königs und an den Thron
     band. Trotzdem, wenn Ludwig Richelieu wirklich in seinem Kronrat hätte haben wollen, hätte er entweder die Zeremonie beschleunigen
     oder die Nachfolge des Kardinals von Retz im Kronrat hinauszögern können.
    Nachdem Bassompierre und ich dem König den Treueschwur geleistet hatten, er als Marschall von Frankreich und ich als Mitglied
     des Kronrats, erbaten wir vom König unseren Urlaub und gingen nach gegenseitigen Gratulationen davon. Doch strebte ich nicht
     schnurstracks dem Haus meiner munteren Witwe zu, sondern wandelte am Ufer der Rhône entlang, ein sehr einsamer Spaziergang
     um diese Vesperstunde und in dem Nebel, der vom Fluß aufstieg. Ich wollte allein sein, wollte in Muße über meine Beförderung
     nachdenken, die nun wahrlich etwas anderes war als mein Kammerherrenamt oder mein Kreuz vom Heilig-Geist-Orden, das gewiß
     eine hohe Ehre war, aber nichts, um mich nützlich zu machen.
    Ich blieb nicht lange allein. Vor mir sah ich eine Gestalt aus dem Nebel auftauchen und sich allmählich zu einem Mönch verdeutlichen,
     dessen Haupt und Antlitz unter der Kapuze verborgen waren. Er kam direkt auf mich zu, und ich griff mit der Linken nach meiner
     Börse, um ihm ein paar Sous zu geben, falls es ein Bettelmönch war, und mit der Rechten nach meinem Degen, sollte es sich
     um einen Wolf im Schafspelz handeln. |365| Als er aber einen Klafter vor mir innehielt, sprach er mit sanfter, wohlbekannter Stimme: »Herr Graf, ich bin kein Fremdling
     für Euch, denn ich habe Euch in Euer Wohnung im

Weitere Kostenlose Bücher