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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Hoffnung verloren zu haben, Frankreich
     einen Dauphin zu geben, und Anna jede Hoffnung, ihn zurückzugewinnen.

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    |371| FÜNFZEHNTES KAPITEL
    Bald nachdem über die Königin jene Abschließung verhängt worden war, besuchte mich im Louvre zur Vesperstunde – man ahnt es
     schon, er war eben ein Abendvogel – der Pater Joseph. Seit meinem Bekenntnis am Ufer der Rhône sprach er offen zu mir. Wahrscheinlich
     traute er mir mehr Einfluß auf den König zu, als ich tatsächlich hatte.
    Nun speiste an diesem Abend aber Monsieur de La Surie bei mir, mein Vater war wegen einer Unpäßlichkeit Margots daheim geblieben.
     Bei La Suries Anblick zog sich der Pater zunächst in sein Gehäuse zurück. Als ich ihm jedoch erklärte, wer unser Miroul war,
     redete er unverblümt und erging sich in scharfen Worten gegen die Brûlarts – womit er Brûlart de Sillery und seinen Sohn Puisieux
     meinte.
    »Sie tun nichts«, sagte er, »und sie wollen auch nichts tun. Und wißt Ihr warum? Weil sie alt sind.«
    »Puisieux ist noch nicht alt«, sagte ich.
    »Aber sein Vater ist es für zwei. Wißt Ihr, warum sie von jeher gegen Ludwigs Feldzüge waren, sei es gegen seine Mutter, sei
     es gegen die Hugenotten? Weil die Minister dem König ins Feldlager zu folgen haben und sie die Unbequemlichkeiten der Reise
     scheuten.«
    »Bei Puisieux ist es noch anders: Er will nicht weg von Paris, um ungestört seine Affären zu betreiben.«
    »Gut gesprochen, Herr Graf. Denkt nur an seine Haltung, als die Dinge sich für die Pfalz zum Bösen wendeten. ›Lassen wir die
     Finger davon!‹ sagte Puisieux. Anstatt in die Dinge einzugreifen, verpaßte er ihnen ein Trostpflaster. Unsere Gesandtschaft
     in Ulm bewirkte lediglich, daß die Pfalz preisgegeben wurde, während man so tat, als ob man sie unterstützte. Und das Veltlin?
     Was passiert mit dem Veltlin?«
    »Wieso, zum Teufel, ist dieses Veltlin, das jetzt in aller Munde ist, denn so wichtig?« fragte La Surie.
    »Weil es ein Durchgangsland durch die Alpen nach Italien |372| ist, mein Freund. Wenn Ihr vom Comer See an der Adda nordwärts zieht, kommt Ihr in ein schönes Tal, das Veltlin genannt. Und
     durch dieses Tal gelangt Ihr zu einem nicht sehr hohen und folglich das ganze Jahr offenen Paß: Es ist also ein Gebiet von
     großer strategischer Bedeutung.«
    »Warum?«
    »Weil die spanischen Habsburger, die im Mailändischen sitzen, auf diesem Weg Truppen und Waffen zu den österreichischen Habsburgern
     schaffen können. Und das ist ein immenser Vorteil, vor allem im Augenblick, da Kaiser Ferdinand sich anschickt, Deutschland
     zu rekatholisieren, indem er die lutherischen deutschen Staaten zerstückelt.«
    »Diese Unternehmung«, sagte La Surie lächelnd, »müßte Euch doch sehr gefallen, Pater. Und erst recht Eurem Herrn, dem Kardinal.«
    »Nein, nein, nein! Die Religion dient hier nur als Maske. Das wahre Ziel der Habsburger ist, in Europa eine universelle Monarchie
     zu errichten, die Frankreich früher oder später unterjocht. Schaut auf eine Karte, und Ihr seht die Habsburger überall vor
     unseren Toren: In Spanien, in Italien, in den Niederlanden, sogar in Holland versuchen sie Fuß zu fassen. Was für eine mörderische
     Klammer!«
    »Wenn ich Euren Gedanken recht verstehe, Pater«, sagte La Surie neckend, »ist Euch also ein hugenottischer Franzose immer
     noch lieber als ein katholischer Spanier?«
    »Aber tausendmal!« rief Pater Joseph. »Um so mehr, als ich stets hoffen kann, einen hugenottischen Franzosen eines Tages zu
     bekehren, einen Spanier entspanisieren zu wollen ist dagegen hoffnungslos.«
    »Auch wenn diese Debatte«, sagte ich, »mir vieles erklären kann, möchte ich auf das Veltlin zurückkommen.«
    »Richtig«, sagte La Surie. »Wem gehört es eigentlich?«
    »Das ist ja die Frage!« sagte Pater Joseph. »Es ist nicht österreichisch und nicht spanisch. Es gehört den Graubündner Schweizern.
     Aber auch das ist nicht so einfach. Die Graubündner sind Kalvinisten. Aber ihre Vasallen, das Volk im Veltlin – das aus Italien
     stammt –, ist katholischer als der Papst. Unter diesem Vorwand hat der Mailänder Spanier das Veltlin 1621 besetzt. Er befreite
     die armen, unterdrückten Veltliner Katholiken vom Joch seiner bösen kalvinistischen Landesherren.«
    |373| »Und Frankreich?« fragte La Surie.
    »Der Kronrat entsandte Bassompierre nach Madrid, der entschlossener handelte als die Minister, die ihn sandten. Spanien, das
     soeben Philipp III. verloren

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