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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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auf die Not meiner Leute gründen, im Gegenteil, ich will sie erleichtern,
     indem ich der besser bearbeiteten Erde mehr abringe – meiner Erde, aber auch ihrer.
    Doch so kurz ich auch fort war, so freudig sah ich mein schönes Paris und das Schloß meines Königs wieder. Und weil ich soeben
     die »besternährten Damen des Reiches« ein wenig geschraubt habe, will ich ihnen auch sagen, daß mir der Gedanke fernliegt,
     ihnen ihre guten Mahlzeiten und unaufhörlichen kleinen Näschereien vorzuwerfen, schließlich ergötzt es mich, sobald ich den
     Fuß in den Louvre setze, nur zu sehr, wie ihre schönen Busen nach der derzeitigen Mode halb aus den Miedern quellen. Und ich
     gestehe, daß ich den Blick nur soweit abwende, wie es der Anstand erfordert, und daß mein scheinheiliger Blick diese Reize
     nur flieht, um verstohlen dahin zurückzukehren und im stillen den Herrgott, der sie so geschaffen, und die Sünde der Völlerei,
     die sie so hübsch gerundet hat, mit dem unkeuschesten Lobgesang der Welt zu preisen.
    Selbst im Winter hätte das Land um Orbieu einige Anziehung gehabt, wäre es dort nicht so kalt gewesen, und so kroch ich nun
     mit der größten Wonne in mein vertrautes Bett im Champ Fleuri, wo ich allerdings gleich am ersten Abend ein dringendes häusliches
     Problem zu klären hatte.
    Tausendfach durchgerüttelt von meiner Kutschenreise, zog ich mich nach dem Abendessen in meine Kammer zurück, und wen, glauben
     Sie, fand ich dort, wenn nicht Louison, die ein großes Feuer gemacht und mein Bett angewärmt hatte, wobei ihr anscheinend
     so heiß geworden war, daß sie rein um des besseren Befindens willen ihr Mieder abgeworfen hatte?
    »Holla, Louison!« sagte ich, indem ich die Tür hinter mir schloß, »holla, meine Beste! Du hier, und in dieser Aufmachung und
     zu dieser Stunde? Was hast du in meinem Zimmer zu suchen?«
    »Das Feuer zu unterhalten, Euer Bett anzuwärmen …«
    |90| »Nun, das ist geschehen! Das Feuer brennt, das Bett glüht. Allerbesten Dank, Louison, und nun gute Nacht.«
    »Nein, nein, Herr Graf, ich bin noch nicht fertig. Ich muß Euch noch auskleiden.«
    »Das kann ich allein.«
    »Und wer weckt Euch morgen früh?« fuhr sie einschmeichelnd fort. »Hat der Herr Graf vergessen, wie ich das mache?«
    »Vor allem habe ich nicht vergessen, daß wir nicht mehr in Orbieu sind, wo der Schwur, den ich meiner Gräfin geleistet habe,
     nach deiner Auslegung nicht galt.«
    »Du liebe Güte! Und was bringt uns das, Euch und mir?«
    »Das eine jedenfalls: In Paris, und dort sind wir, gilt der Schwur. Also, bitte, Louison, geh. Ich wünsche dir eine gute Nacht.«
    Damit faßte ich sie bei den Schultern und schob sie sanft zur Tür, und klaglos ging sie, aber mit Tränen, die wie dicke Erbsen
     über ihre runden Wangen kullerten, was mir denn doch ein wenig ins Herz schnitt. Ich schloß die Tür hinter ihr, vergaß aber
     – o mein Gewissen, war es wirklich ein Vergessen? –, den Riegel vorzulegen, und als ich bei Tagesanbruch die Augen aufschlug,
     fand ich Louison in meinen Armen.
    Und dort blieb sie: Ich hatte nicht das Herz, sie zu vertreiben. Allerdings bereitete mir dies doch einiges Kopfzerbrechen:
     Wenn schon eine kleine Kammerzofe mit zwei Sous Verstand bei ihrem Herrn im Handumdrehen zum Ziel kam, was konnte, sofern
     es sie danach gelüstete, eine vor Geist und Schönheit strahlende hohe Dame wie Madame de Luynes erst mit mir machen? Würde
     ich bei der Frau des Favoriten nicht mindestens so leicht dem Fleisch nachgeben? Oh, diese Sirene, dachte ich, sie ist weit
     mehr zu fürchten als meine naive Louison! Und, bei allen Göttern, ahmen wir den schlauen Odysseus nach: Wagen wir uns ja nicht
     in jene Gewässer! So also machte ich mich durch meine Schwäche für Louison stark gegen die verführerische de Luynes. Ein Augenblicksentschluß,
     an den ich mich aber hielt, und das war weise, wie sich sehr bald zeigen sollte.
    Jedenfalls verweilte ich mich an jenem Morgen bei meiner Soubrette nicht länger als nötig, denn ich wollte Ludwig im Louvre
     aufsuchen, bevor der Kronrat zusammentrat, und ein |91| glücklicher Zufall fügte es, daß ich ihn beim Frühstück fand, das keine festgesetzte Stunde hatte, weil er es einmal um sieben
     Uhr einnahm, ein andermal um halb zehn.
    »Ah, Sioac!« sagte er, als ich vor ihm niederkniete. »Seid Ihr von Orbieu zurück? Nun, was meint Ihr dazu?«
    »Es ist ein sehr schönes Gut, Sire, und ich werde Eurer Majestät dafür dankbar sein bis ans

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