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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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an meine Kleidung und mein Auftreten. Louison
     mußte mir die Haare waschen und sie mit dem Brenneisen in große Wellen legen, so daß die beiden untersten sich jeweils auf
     meinen Schultern nach innen lockten. Hierauf schärfte Franz mit dem Rasiermesser die Konturen meines Schnurrbarts und meines
     Kinnbartes. Er war hervorragend in diesem Dienst, weil er einen Sinn für Symmetrie hatte, wie ich ihn so fein noch bei keinem
     anderen Barbier beobachten konnte. Wäre es nach Louison gegangen, hätte sie mich mit Duftwasser überschwemmt, ich befahl ihr
     jedoch, es sparsam zu verwenden, schließlich wollte ich nicht, daß mein Parfüm das meiner Patin aussteche, sie hätte es mir
     sicher verübelt.
    Inzwischen mußten Pissebœuf und Poussevent meine Karosse seifen, bürsten und trocknen, denn sie war von der ländlichen Reise
     noch mit Schlamm verkrustet. Danach nahm sich der gute Faujanet des vergoldeten Zierats meiner Kutsche mit Pinseln und Polierlappen
     an und La Barge und Robin striegelten meine schönen Füchse, bis das ganze Gespann in der hellen Februarsonne glänzte.
    Madame de Guise zu Ehren tat ich ein übriges: Ich schickte meinen Laufburschen aus, zwei Schweizer zu mieten, wobei ich empfahl,
     er solle große, muskulöse wählen, und sogar die Maße angab, damit ihnen meine Livreen paßten. In meinen Augen eine sinnlose
     Ausgabe, denn sie hatten nichts weiter zu tun, als auf der kurzen Fahrt von unserem Haus zum Hôtel de Guise still und steif
     hinter meiner Kutsche zu stehen, und dort mußte der eine den Tritt ausklappen und der andere mir den Wagenschlag öffnen. Hierauf
     hatten sie die ganze Zeit meines Besuchs über stramm, hoheitsvoll und unnütz am Kopf meiner Pferde auszuharren, während der
     Kutscher Lachaise pflichtgemäß auf dem Bock sitzenblieb. Wenigstens verstand er es als gebürtiger auvergnatischer Schlauberger,
     mit dem Hut in der |94| Stirn würdig und gerade dazusitzen und mit gefalteten Händen zu schlafen. Sie sehen, schöne Leserin, unser ganzes Hofleben
     ist nichts wie Rangwahren, Pomp und Aufwand, gehorsam den tyrannischen kleinen Regeln, deren Mißachtung uns sofort Verachtung
     eintrüge.
    Von den Fenstern unserer Bibliothek schauten der Marquis de Siorac und der Chevalier de la Surie all diesen Vorbereitungen
     mit gerührter Belustigung zu.
    »Graf!« rief La Surie, »Ihr kommt mir vor wie ein Hauptmann, der sich zur Inspektion seines Feldmarschalls begibt.«
    »Das ist es ja auch!« sagte mein Vater lachend. »Und ich wette, Madame de Guise findet trotz all dieser Mühen wie ein Feldmarschall
     immer noch etwas zu mäkeln, sei es an der Equipage, sei es am Hauptmann.«
    »Ah, Herr Vater«, rief ich, indem ich mich umwandte, den Fuß schon auf dem Tritt, »bitte, hört auf: Ihr versetzt mich in Schrecken!«
    »I was, nur Mut, mein Sohn, nur Mut!« erwiderte mein Vater und wollte sich ausschütten vor Lachen.
    Er täuschte sich nicht.
    »Die Karosse ist nicht übel, gewiß«, sagte Madame de Guise, die mich vom Fenster der Beletage in ihren Hof hatte einfahren
     sehen, »aber Ihr bräuchtet zu den Schweizern noch drei Kavaliere, einen, der vor Eurer Kutsche herreitet, und zwei, die ihr
     folgen.«
    »Und was hätten die zu tun, Madame?« fragte ich, indem ich ihre Hand küßte und ihr geschwind ein kleines Kompliment über ihre
     himmelblauen Augen machte.
    »Ja, Ehre würden sie Euch machen! Ist das nichts? Wann lernt Ihr endlich, Euren Rang zu wahren? Natürlich müßten es Kavaliere
     aus gutem Hause sein, jetzt gibt es in Paris doch genug adlige Nachgeborene, die man für so gut wie nichts haben kann: nur
     Unterkunft, Essen und Kleidung.«
    Teufel! dachte ich, ist es etwa nichts, drei alberne Herrchen das ganze Jahr durchzufüttern, zu kleiden und zu logieren, nur
     damit sie vor und hinter mir traben und die übrige Zeit spielen, fluchen, sich duellieren, überall Streit anzetteln und die
     Kammerzofen schwängern?
    »Madame«, sagte ich, »sobald Orbieu mir etwas einbringt, anstatt mich nur zu kosten, befolge ich Euren vorzüglichen Rat.«
    |95| Und das ist ja nicht morgen, dachte ich. Aber meine liebe Patin hörte nicht mehr zu, sie war schon bei Tisch und machte sich
     heißhungrig über ihren Teller her und trank ihren Wein in vollen Zügen.
    »Ach, ich bin übel dran«, sagte sie melancholisch.
    »Gott sei Dank«, sagte ich, »hat es Euch nicht den Appetit verschlagen.«
    »Es ist nicht der Körper«, sagte sie mit einem Seufzer, »es ist das Herz. Ich

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