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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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ihre Abreise?«
    »Ja, Madame, denn ich ahnte, daß es schwerfallen würde, ihre Güter in so wirrer Zeit zu verkaufen und daß ich sie wohl lange
     nicht wiedersehen würde.«
    »Mich würden Sie darüber trösten, wenn Sie mir mehr von Ludwig erzählten.«
    »Ach, Madame, der Gang der Geschichte ist nicht meine Erfindung! Ich folge Monat für Monat ihrem Auf und Ab. Und wenn ich
     Ihnen im Augenblick nichts von Ludwig erzähle, so, weil es abwarten heißt, bis das Hähnchen zum Hahn wird und eine schwierige
     Sache erlernt: das Königsein. Er hört zu, zaudert, tastet, und manchmal irrt er leider.«
    »Er irrt?«
    »Zum Beispiel unterstützt er die deutschen Protestanten nicht.«
    »Warum sollte er, der fromme Katholik, ihnen beistehen?«
    »Weil es um das Interesse seines Reiches geht. Sein Vater hätte das an seiner Stelle getan. Und wäre Richelieu damals schon
     sein Minister gewesen, hätte er ihm dazu geraten.«
    »Wie? Ein Bischof und den Protestanten helfen?«
    »Aber ja, solange es sich um deutsche Protestanten handelte. Waren nicht alle, die der Habsburger Macht unterlagen, unsere
     natürlichen Verbündeten?«
    »Sieh an, unsere Machiavellisten! Schauen weit, weit über die Grenzen, während unsere arme kleine Königin immer noch Jungfrau
     ist und Frankreich ohne Dauphin.«
    »Da berühren Sie einen unsäglich heiklen Punkt, Madame! Ein Weib kann man zwingen, aber wie zwingt man einen Mann, seinen
     Zapfen zu gebrauchen, wenn eine Klemme im Gehirn ihm den Antrieb verknotet?«
    »Trotzdem, Monsieur, die Folgenschwere eines solchen Versagens für die Dynastie …«
    »… entgeht niemandem. Bei jedem anderen Edelmann von Frankreich und Navarra wäre das Scheitern auf diesem Gebiet |117| eine Schande, ja eine Ehrlosigkeit und hätte ein häusliches Drama zur Folge. Beim König von Frankreich ist es eine Staatsaffäre.
     Und, glauben Sie mir, es gibt mehr als einen Edelmann in und außerhalb Frankreichs, den das grämt und um den Schlaf bringt.«
    ***
    Entschuldigen Sie, Leser, wenn ich zur Darstellung des schwierigen, ja dramatischen Verhältnisses zwischen Anna von Österreich
     und Ludwig hier gewisse Dinge aufnehme, die ich in meinem vorangegangenen Memoirenband bereits geschildert habe. Wohl oder
     übel sehe ich mich dazu gezwungen, um Ihnen die ganze große Problematik dieses Verhältnisses vor Augen zu führen. Das Spiel
     lohnt die Mühe, denn vier lange Jahre hing von dem, was zwischen Ludwig und der kleinen Königin geschah oder eben nicht geschah,
     das Schicksal Frankreichs ab.
    In unserer stillen Bibliothek, den Ohren unserer Mariette entzogen, erörterten mein Vater, La Surie und ich eingehend das
     Desaster dieser Hochzeitsnacht vom fünfundzwanzigsten November 1615, desgleichen die nahe- oder fernliegenden Gründe, die
     es wahrscheinlich verursacht hatten.
    La Surie, bei dem der erzwungene Übertritt zum Katholizismus die tiefsitzende hugenottische Ablehnung der Ohrenbeichte nicht
     ausgeräumt hatte, blieb dabei, alle Schuld falle auf den Pater Cotton, der sein Beichtkind entmannt hatte, indem er ihm von
     früh bis spät eintrichterte, das Fleisch sei der Satan, und das Fleisch heiße Weib.
    Tatsächlich fiel diese Saat in einen unbedingten, gewissenhaften Charakter und entfaltete eine Sittenstrenge, von der Ludwig
     sein Leben lang Beweise ablegte. Jedenfalls flößte sie ihm besonders eine unbesiegliche Abscheu vor dem Ehebruch ein, ob er
     von anderen betrieben wurde oder ob er ihn für sich selbst als Versuchung fürchtete.
    Viele Jahre später erzählte mir der erste Herzog von Saint-Simon, wie er, ein junger Knappe damals, als Ludwig in Mademoiselle
     d’Hautefort verliebt war und Seine Majestät dennoch nichts unternahm, um die Gunst der Schönen zu erringen, sich erbot, zwischen
     dem König und ihr zu vermitteln. Ludwig war von dem Anerbieten überaus verletzt und verbot dem Toren |118| den Mund, indem er mit strenger Miene sagte: »Es ist wahr, ich bin in Mademoiselle d’Hautefort verliebt, ich spreche gerne
     von ihr, und noch mehr denke ich an sie, und es ist auch wahr, daß all dies ungewollt von mir geschieht, weil ich ein Mann
     bin und diese Schwäche habe. Aber je leichter es mir als König fiele, Befriedigung zu finden, desto mehr muß ich vor dieser
     Sünde und diesem Skandal auf der Hut sein. Für diesmal verzeihe ich Eurer Jugend. Aber laßt es Euch nie wieder einfallen,
     solchermaßen zu mir zu sprechen, wenn Ihr wollt, daß ich Euch weiterhin liebe.« 1
    Wie

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