Rosen des Lebens
von Medici an der
ihren.
Was Philipp III. nach Erhalt der Briefe Monteleones nun seinem Gesandten schrieb oder befahl, ist nicht bekannt, aber man
darf es nach dem durchaus nicht immer diskreten Eifer, den der spanische Grande entfaltete, wohl vermuten. Er suchte den Nuntius
auf, und im Beisein des Paters Arnoux, des königlichen Beichtvaters, beratschlagte das Trio.
»Ihr Herren«, sagte der Herzog hoheitvoll, »mein königlicher Gebieter kann einen so schweren, eine solche Mißachtung bezeugenden
Affront der ältesten Infantin nicht länger dulden.«
»Monseigneur«, versetzte Pater Arnoux, »Gott sei Dank handelt es sich nicht um Mißachtung, sondern um eine so tiefe Schamhaftigkeit,
daß Ludwig die Sporen des Fleisches nicht zu spüren vermag.«
»Es könnte auch sein«, sagte der Nuntius Bentivoglio, dessen Sittenreinheit in Italien für außergewöhnlich galt, »daß Ludwig,
weil er nie die geringste Liebschaft hatte, die notwendige Erfahrung fehlt, daß er einfach nicht weiß, was zu tun ist und
wie.«
»Wieso?« fragte Monteleone barsch, »hat er in seinem Gestüt noch keinen Hengst bei seinem Geschäft gesehen?«
»Monseigneur«, entgegnete Pater Arnoux mit feinem Lächeln, »dem Hengst wird geholfen, zunächst durch den Beschäler und dann
durch des Reitknechts Hand.«
Laut Fogacer trennte sich das Trio ohne Ergebnis, und der Herzog von Monteleone ging höchst unzufrieden mit dem Pater wie
mit dem Nuntius von dannen. Und wahrscheinlich keimte in seinem dienstbeflissenen Geist nun die Idee, beim König direkt vorzusprechen.
Schöne Leserin, bevor ich fortfahre, möchte ich nicht, daß Sie den Herzog von Monteleone nach dem Mißgriff beurteilen, |123| den ich Ihnen erzählen will und der berühmt ist in den Annalen der Diplomatie. Denn eigentlich war er ein sehr ehrenwerter,
tugendhafter, ja sittenstrenger Mann. Schon sein Äußeres bezeugte es. Er sah mehr wie ein Asket aus denn wie ein Herzog, groß,
mit so wenig Fleisch auf den Knochen, wie es menschenmöglich ist. Sein Pferdegesicht wurde von einer langen, leicht eingebogenen
Nase beherrscht, die über die dünnen Lippen zu fallen schien, seine hohlen Wangen waren von tiefen Furchen durchzogen, und
die zugleich strengen und traurigen Augen schienen anzuzeigen, daß der Herzog sich nur widerwillig durch unser Tal der Tränen
schleppte in ungeduldiger Erwartung der ewigen Glückseligkeit.
Monteleone suchte Monsieur de Bonneuil auf und verlangte von ihm eine Audienz bei Seiner Majestät, und das in einem so tragischen
Tonfall, daß Bonneuil sich fragte, ob die erbetene Begegnung nicht neue Spannungen mit Spanien verheiße. Und anstatt den üblichen
Weg über den Staatssekretär für äußere Angelegenheiten zu beschreiten, trug Monsieur de Bonneuil die Bitte des Gesandten unverzüglich
und in so bewegtem Ton dem König vor, daß Ludwig ihr sofort stattgab. Für das rechte Verständnis dessen, was folgt, schöne
Leserin, erlauben Sie mir klarzustellen, daß kraft des mit Madrid geschlossenen Ehevertrags der spanische Gesandte
ipso facto
Majordomus des Hauses der französischen Königin war und folglich freien Zutritt zu ihren Gemächern hatte: ein außergewöhnliches
Privileg und ein fast unglaublicher Mißbrauch, doch die Regentin hatte die Dummheit gehabt, dies gegen den Rat ihrer Minister
zu akzeptieren. Es war ihr nicht einmal in den Sinn gekommen, daß der Gesandte eines Landes, das unserer Politik zumeist feindlich
gesinnt war, dadurch den gefährlichsten Einfluß auf die Gemahlin des Königs von Frankreich ausüben konnte.
Um auf unsere Geschichte zurückzukommen, sagte ich bereits, daß Ludwig die Gesandten für gewöhnlich mit gewissenhafter Höflichkeit
empfing. Er stand auf, schritt dem Herrn entgegen und verneigte sich mehrmals vor ihm, indem er seinen Hut zog. Mit dem Herzog
von Monteleone jedoch hatte er, wie ich bereits im ersten Kapitel dieses Buches erzählte, noch ein Hühnchen zu rupfen, weil
der ihm bei einer früheren Audienz sehr ruppig begegnet war.
Als Ludwig nun Monteleone diesmal empfing, bezeigte er |124| ihm weniger Kälte als vielmehr seinen üblichen Gleichmut, sosehr die dringende Bitte um Audienz ihn auch überrascht haben
mochte, ohne daß deren Gegenstand näher bezeichnet worden war. Seine Überraschung stieg, als der Gesandte, dem es sonst nicht
an Sicherheit gebrach, für sein Anliegen nach Worten suchte und die protokollarischen Komplimente vervielfachte,
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