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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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verklagten, er vernachlässige seine
     Gemahlin, und einige sogar riefen:
»El hombre che no toca a su mujer no vale nada.«
1 Der König war außer sich. Er vermochte seinen Zorn diesmal nicht zu unterdrücken, sondern erging sich in wütenden Worten und machte kehrt,
     ohne die Königin zu besuchen, fest entschlossen, Philipp III. um die Rückführung dieser »Huren« nach Madrid zu ersuchen. Dies
     war das einzige Mal, daß ich ihn ein solches Wort aussprechen hörte, bezweifle aber nicht, daß er die Damen im stillen schon
     mehr als einmal so bezeichnet hatte.
    ***
    Pater Arnoux, der hundert Augen hatte wie Argus und noch mehr Ohren, quittierte den Mißgriff des Herzogs von Monteleone mit
     einem mitleidigen Lächeln und den wütenden Angriff des spanischen Frauenhauses auf den König mit einem Achselzucken. Obwohl
     als Jesuit ein ›Soldat Christi‹, war er gewaltsamen Lösungen gänzlich abgeneigt und bevorzugte sanfte, einschmeichelnde Mittel,
     die behutsam vorbereitet waren.
    Er hatte eine bedeutsame Stellung inne zwischen Seiner Majestät und Luynes: Seit dem Staatsstreich vom vierundzwanzigsten
     April vernahm er beide zur Beichte. Vorher hatte Pater Cotton das Gewissen des Königs regiert. Aber seit dem Sturz der Königinmutter
     fand der gute Pater seine Position sehr geschmälert und trat lieber den Rückzug an, ehe er eine Ungnade riskierte. Wie Sie
     sich vorstellen können, schöne Leserin, überließ die Gesellschaft Jesu das Gewissen des Königs nun nicht sich selbst, ich
     meine, ohne Beichtiger aus ihren Reihen. Da traf es sich glücklich, daß ein anderer Jesuit, der Pater Arnoux, |127| Monsieur de Luynes betreute und das zu seiner vollen Zufriedenheit, weil Luynes die Gesellschaft Jesu bewunderte, verehrte,
     fürchtete und wohl auch glühend für sie eingetreten war, als es im Kronrat um die Wiedereröffnung des Pariser Jesuitenkollegs
     ging. Und nachdem Pater Cotton den Hof in musterhafter Bescheidenheit verlassen hatte, was konnte Luynes Besseres tun, als
     den Einflüsterungen seines Beichtvaters artig zu lauschen und Ludwig den Pater Arnoux als Nachfolger für Pater Cotton vorzuschlagen?
    Eine Vorstellung davon, was Pater Arnoux bei Luynes und dem König bewirkte, erhielt ich durch Fogacer, der mehr als einmal
     in diesen Memoiren wie auch in denen meines Vaters auftaucht mit seiner langen Spinnengestalt, dem hoch erhobenen Haupt und
     diesen nach den Schläfen aufstrebenden Brauen, die ihm etwas fabelhaft Diabolisches verliehen. Trotzdem, in jungen Jahren
     war Fogacer ein armer Hund gewesen und durch seine Sitten und seinen Atheismus mehr als einmal in die Nähe des Scheiterhaufens
     geraten. Doch war er mit den Jahren weiser geworden, hatte den gelockten Knaben entsagt und war heimgekehrt in den Schoß der
     Kirche. Mit seinen vorzüglichen Talenten hatte er Kardinal Du Perron lange als Arzt und Sekretär gedient. Im Jahr 1618 aber
     – und in diesem befinden wir uns – starb der Kardinal, und Fogacer hätte ohne Protektion dagestanden, wären dem apostolischen
     Nuntius nicht seine Finesse und Umgänglichkeit aufgefallen. Er machte ihn zum Mittler zwischen sich und dem Pater Arnoux,
     denn der Nuntius hätte diesen nicht allzu oft treffen können, ohne ihn in den Augen seines königlichen Beichtkindes bloßzustellen.
    In seinen Gesprächen mit mir drückte sich Fogacer aber so vorsichtig und vage aus, daß ich mich nicht dafür hätte verbürgen
     können, was er mir bei dieser Gelegenheit zu verstehen geben wollte.
    »Ist es nicht verwunderlich«, sagte ich, »daß Luynes sich seit dem Staatsstreich nicht mehr bemüht hat, Ludwig seiner kleinen
     Königin näherzubringen? Immerhin hatte er beide im Jahr 1616 auf sein Schloß Amboise eingeladen, ein denkwürdiges Ereignis,
     denn Ludwig und Anna, die schon ein Jahr verheiratet waren, speisten dort zum ersten Mal miteinander.«
    »Die Umstände ändern sich«, sagte Fogacer seufzend, »und mit ihnen die Pläne der Menschen. Im Jahr 1616 hätte eine |128| Annäherung zwischen Ludwig und der kleinen Königin in Luynes’Augen ein Gegengewicht zu der unerhörten Macht der Regentin gebildet.
     Aber mit der Verbannung der Regentin 1617 mag die Nützlichkeit eines solchen Gegenwichts für Luynes geschwunden sein, denn
     inzwischen hat er den Zenith seiner Gunst erreicht.«
    »Ist er heute anderer Meinung?«
    Fogacer lächelte sacht und gewunden.
    »Es könnte sein. Natürlich wird Pater Arnoux ihn in Richtung des Ehevollzugs drängen,

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