Rosen des Lebens
zu schließen. Auch wenn seine Gesandtenwürde
vielleicht versöhnt war, nahm er es doch übel, daß er diese Redensart nicht verstanden hatte, rühmte er sich doch nicht zu
Unrecht, unsere Sprache gut zu kennen.
»Trotzdem«, sagte er, indem er sich erhob, »mein Entschluß ist gefaßt. Ich bitte um Erlaubnis, mich entfernen zu dürfen. Noch
heute ersuche ich meinen Königlichen Herrn um meine Abberufung.«
»Exzellenz!« rief Monsieur de Bonneuil, »oh bitte, Exzellenz, beliebt doch noch einmal Platz zu nehmen und gnädigst zu warten,
bis ich Monsieur de Luynes holen lasse. Er als Vertrauter und Favorit des Königs wird Euch besser als ich erläutern können,
warum Seine Majestät diese Maßnahme getroffen hat und was wir uns davon Glückliches für unser beider Kronen erwarten.«
Don Fernando, der majestätisch und verschlossenen Gesichtes stand, erwiderte kein Wort. Aber seine scheinbar undurchdringliche
Miene verriet denn doch, daß der Wunsch, mehr über die Intentionen des französischen Königs zu erfahren, was schließlich das
A und O seiner Mission war, den Sieg über seine Entrüstung davontrug. Und wirklich, nach einer Weile, die er vermutlich dehnte,
um seine Mißbilligung zu betonen, setzte er sich wieder.
»Page«, sagte Monsieur de Bonneuil, »lauf und hole Monsieur de Luynes!«
Der kleine Page enteilte leicht wie ein Vogel durch den Büchersaal, zurückblieben die beiden Diplomaten, die einander |164| gegenüber saßen und sich anschauten wie Fayencehunde. Teufel, dachte ich, wüßte Don Fernando von diesem Vergleich, wie würde
er sich dann erst aufregen. Nach der Mücke auch noch ein Hund!
Endlich erschien, sehr schön und sehr elegant in einem perlgrauen Wams, Monsieur de Luynes, und sogleich ergoß er in seinem
provenzalischen Akzent, der seiner Rede soviel Saft und Würze gab, eine Flut von Höflichkeiten über Don Fernando, daß der
Gesandte staunte, bei einem so mächtigen Mann soviel Liebenswürdigkeit zu begegnen, und dafür nicht unempfänglich blieb. Nachdem
Monsieur de Bonneuil den Favoriten mit wenigen Worten über das Problem ins Bild gesetzt hatte, bemühte sich Monsieur de Luynes,
den Zorn des Gesandten zu besänftigen.
»Gewiß ist es wahr, Exzellenz, daß die von Seiner Majestät verfügte Maßnahme gegen einen Artikel des Ehekontrakts verstößt
und daß es in der Tat bedauerlich ist, daß Philipp III. vor ihrer Verfügung nicht konsultiert wurde. Doch bedenkt auch, Exzellenz,
daß besagter Kontrakt bereits, zumindest einmal, verletzt worden ist. Ihr werdet Euch erinnern, Exzellenz, daß laut diesem
Kontrakt jede der beiden Königinnen, Anna von Österreich wie Elisabeth von Frankreich, ein Gefolge von dreißig Damen ihres
Landes erhalten sollte. Der Artikel wurde unsererseits pünktlich eingehalten, jedoch nicht Eurerseits, denn der spanischen
Damen waren ihrer hundert, was dem Hof von Frankreich in jenem Augenblick und auch später eine Reihe Ärgerlichkeiten bereitete.
Doch vergangen ist vergessen. Laßt uns darauf nicht zurückkommen! Was nun also die Entscheidung hinsichtlich der Gesandten
angeht, so ist diese ein Teil der vom König getroffenen Maßnahmen, um sich der Königin zu nähern. Eine so löbliche, ich würde
sogar sagen, eine so heilige Absicht, daß jegliches Mittel dazu von niemandem für schlecht gehalten werden kann. Wie Ihr wißt,
Exzellenz, eignet dem König (und hier wurde Don Fernando doppelt aufmerksam) ein sehr unnachgiebiger Charakter. Und es ist
ja kein Geheimnis, daß die Umgebung der Königin ihn bisher von ihr fernhielt, um es vorsichtig auszudrücken – ein Fernhalten,
unter dem die Königin litt. Deshalb hat der König nun gefordert, die spanischen Damen ebenso zurückzurufen wie auch Euren
Vorgänger, und deshalb hat er auch das Besuchsrecht des spanischen |165| Gesandten beschnitten. Exzellenz, es tut mir um Euretwillen herzlich leid, der Ihr dieses Recht sicherlich mit größerem Takt
wahrgenommen hättet. Wenigstens dürft Ihr ganz überzeugt sein, daß Ihr in dieser Maßnahme nichts Kränkendes sehen müßt, weil
sie nicht persönlich gemeint ist. Und um Euch alles zu sagen, erwarte ich mir von diesen drei Maßnahmen die Befriedigung der
Wünsche, die Frankreich und Spanien mit aller Glut hegen, damit die Vernachlässigung der Königin ende und mein Königlicher
Herr, seiner Ärgernisse enthoben, sich geneigt zeige, Frankreich einen Dauphin und Eurem Königlichen Herrn einen
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