Rosen des Lebens
endlich mit zornbebender Stimme, »habe ich recht verstanden, daß Seine Majestät Ludwig XIII. künftig
den freien Zutritt des französischen Gesandten zu den Gemächern der Prinzessin von Asturien beschränken will, ein Recht, das
ihm jedoch nach dem Ehevertrag zusteht, den mein Herr Philipp III. und die Königinmutter unterzeichnet haben?«
»Ihr habt mich recht verstanden, Exzellenz«, erwiderte Monsieur de Bonneuil in seinem liebenswürdigsten Ton.
»Soll das heißen, Exzellenz«, fuhr Don Fernando fort mit einer Stimme, die vor verhaltener Erregung zitterte, »daß der Gesandte
Philipps III. zu Paris – das heißt ich – sich künftig denselben Formalitäten beugen muß, wenn er die Königin von Frankreich
in ihren Gemächern aufsuchen möchte?«
»Mir scheint, Exzellenz«, sagte Monsieur de Bonneuil, »dies wäre in der Tat logisch und gerecht.«
»Aber, Exzellenz«, sagte Fernando, »das ist eine flagrante Verletzung des Ehekontrakts!«
»Es ist höchstenfalls eine unbedeutende Abänderung, Exzellenz«, meinte Monsieur de Bonneuil.
»Unbedeutend!« rief Don Fernando, der diesmal das »Ex zellenz « für Monsieur de Bonneuil vergaß. »Um Vergebung, es ist ganz und gar nicht unbedeutend, denn es besagt, ich bin nicht mehr
Majordomus des Hauses der Königin und muß mich an Euch wenden, wenn ich Ihre Gnädigste Majestät besuchen will. Ich habe nicht
mehr wie mein Vorgänger, der Herzog von Monteleone, das Recht auf freien Zutritt zu ihr.«
|162| Und nun konnte ich beobachten, daß Don Fernando viel besser Französisch sprach, als er zuerst gezeigt hatte, denn in seiner
Entrüstung kam er plötzlich ohne meine Übersetzung aus.
»Exzellenz«, sagte Monsieur de Bonneuil in völlig unschuldigem Ton, »es ist äußerst unwahrscheinlich, daß Euch die Erlaubnis
jemals verwehrt werden wird.«
»Aber sie gebührt mir nicht selbstverständlich, wie der Ehekontrakt sie dem spanischen Gesandten zuerkennt. Ich wiederhole:
Dies ist ein flagranter Bruch besagten Kontrakts.«
»Exzellenz«, sagte Monsieur de Bonneuil mit unveränderter Sanftmut, »beliebt doch zu bedenken, daß mein Königlicher Herr noch
ein Knabe war, als seine Mutter diesen Kontrakt unterzeichnete, ohne daß er im mindesten dazu gefragt wurde. Aber seit er
ihrem Gängelbande entronnen ist und seine volle und ganze Souveränität genießt, erachtet er, daß dieses vertraglich zugestandene
Recht der beiden Gesandten, des spanischen wie des französischen, freien Zutritt bei den Fürstinnen ihres Landes zu haben,
unzulässig ist und an einen Mißbrauch grenzt. Er hat folglich den Rückruf dieses Artikels beschlossen.«
»Aber vor diesem Beschluß«, rief Don Fernando, »hätte er sich mit meinem Königlichen Herrn verständigen müssen.«
Hierin, fand ich, hatte Don Fernando nicht ganz unrecht, und mir schien, Monsieur de Bonneuil teilte seine Ansicht, denn auf
diese Entgegnung hin kam er ins Zwinkern. Gleichwohl hielt er pflichtgemäß dagegen und sagte mit größter Festigkeit: »Mein
Königlicher Herr, Exzellenz, ist in seinen Beschlüssen souverän, besonders in einem, der seine eigene Gemahlin betrifft.«
Hier zog Don Fernando eine Miene, die wohl besagen wollte: Seine eigene Gemahlin, die noch nicht einmal sein Weib ist. Weil
er aber trotz seines Hochmuts ein beherrschter Mann war, mehr als Monteleone, erklärte er lediglich: »Exzel lenz , ich stelle fest, daß mir sozusagen in den ersten Tagen meiner Gesandtschaft in Frankreich ein durch den Ehekontrakt verbrieftes
Recht entzogen wird und daß dies ein Vertragsbruch ist. Ich meine, daß dieses unzulässige Vorgehen den Interessen meines Herrn
schweren Schaden zufügt und meine Ehre verletzt. Ich werde dem König noch heute schreiben und um meine Abberufung nach Madrid
bitten.«
|163| »Oh, Exzellenz«, sagte Monsieur de Bonneuil, »Seine Majestät wäre untröstlich, wenn Eure Exzellenz diese Mücke so auffaßte.«
»Was soll das heißen?« rief Don Fernando und erglühte purpurn. »Was für eine Mücke? Soll ich dulden, daß man mich obendrein
persönlich beleidigt?«
»Aber, das ist keine Beleidigung!« rief Monsieur de Bonneuil, indem er die Arme gen Himmel hob. »Graf, bitte, helft doch!«
»Exzellenz«, sagte ich auf spanisch, »es handelt sich um eine völlig harmlose Redensart und bedeutet lediglich, daß Ihr Euch
nicht gekränkt fühlen mögt.«
Doch meine Erklärung half der Sache nicht viel, nach Don Fernandos erzürntem Gesicht
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