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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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mir kam, empfahl ich ihm ernsten Gesichts, ohne
     den Ton zu heben, er solle über dieses Geschehnis auf immer Schweigen wahren, so wie auch ich es für mich behielte, nicht
     weil es sündhaft sei, dabeigewesen zu sein, sondern weil es dazu werden könnte, wenn jemand anderer als ein Königlicher Kammerherr
     davon erführe. Wenn er weiter so offen darüber spräche, fügte ich hinzu, würde er Schaden an seiner Ehre nehmen und sogar
     seine Stelle gefährden. Diese im Grund strenge, in der Form sanfte Ermahnung ernüchterte ihn vollends, und mit bebender Stimme
     schwor er mir, hierüber künftig stumm zu sein wie ein Grab. Und ich glaube, er hielt seinen Schwur. Wenn trotzdem jemand von
     dieser Szene erfuhr, die in den Annalen der Monarchie einmalig ist, so nicht durch ihn, dessen bin ich mir sicher.
    ***
    Am nächsten Tag begegnete ich Luynes auf der großen Treppe im Louvre. Nachdem er mich mit seinen Umarmungen fast erstickt
     hatte, denn war er auch geiziger als keiner anderen guten Mutter Sohn in Frankreich, geizte er bekanntlich nicht mit Komplimenten
     und Küssen rechts und links, nach liebreichster Begrüßung also flüsterte er mir ins Ohr, was sich im Bett des Herzogs d’Elbeuf
     ereignet hatte, während ich tat, als wüßte ich nichts davon.
    »Und?« fragte ich ebenso leise, »hat Ludwig nun größeren Mut gefaßt?«
    »Überhaupt nicht. Der Ärmste ist in Schreckensängsten. Er, dessen Unerschrockenheit von der ganzen Welt bewundert |175| wird, zittert davor, im Bett zu versagen. Wahrhaftig, als erhöbe sich die Frau vor ihm wie eine undurchdringliche Mauer! Er
     hat versprochen, heute abend seine Ehe zu vollziehen, aber ich zweifle sehr, ob er es tut. Und dabei eilt es doch.«
    »Es eilt, Exzellenz?«
    »Und wie! In zwölf Tagen ist die Hochzeit von Chrétienne mit dem Herzog von Savoyen, und wie der Nuntius so treffend sagte,
     wäre es eine große Blamage, wenn sie einen Sohn bekäme, bevor der König dem Reich einen Dauphin geschenkt hat.«
    »Exzellenz«, sagte ich, »Ihr stürzt mich in Sorge! Habt Ihr denn alle Hoffnung aufgegeben?«
    »Nein, nein«, sagte er, die Zähne zusammengebissen. »Ich werfe die Flinte nicht ins Korn. Niemals! Und wenn ich ihn zwingen
     muß! Es geht um die Zukunft des Throns.«
    Es ging auch um seine, dachte ich. Denn ein König ohne Erben reizt zu Mord und Usurpation, wie man es bei unserem armen Heinrich
     III. gesehen hatte. Und was wird dann aus einem Günstling?
    »Und wenn ich ihn zwingen muß!« wiederholte Luynes. Damit verließ er mich und eilte die Treppe hinan, die ich tief beunruhigt
     hinunterging: Was hieß hier Zwang, und was sollte Zwang in dieser heiklen Sache nützen?
    Leider täuschte Luynes sich nicht. Der Abend brach an, und trotz seiner Versprechen, seiner Entschlüsse und der vortrefflichen
     Lektion des Herzogs d’Elbeuf widersetzte sich Ludwig allen Bemühungen Luynes’, ihn zum Besuch der Königin zu bewegen.
    Es kam der fünfundzwanzigste Januar 1619, und ich habe einigen Grund, dieses Tages zu gedenken. Wegen der großen Kälte und
     weil meine Wohnung im Louvre sehr schlecht geheizt war, hatte ich mich in unser behagliches Haus im Champ Fleuri geflüchtet,
     denn mein Vater hielt stets auf ein gutes Feuer, im Gegensatz zu so manchen Adligen, die einen Wald verkauften, um sich mit
     Seide und Perlen zu behängen, aber kein Scheit davon zurückbehielten, um für ihr Wohlergehen im Winter zu sorgen.
    Gegen vier Uhr nachmittags mußte ich mich dem warmen Nest jedoch entreißen, um im Louvre zum Kronrat zu erscheinen. Meine
     Fuchsstute ließ ich im väterlichen Stall und fuhr in |176| meiner Karosse, denn zu Pferde schnitt einem die Kälte ins Gesicht. Im Kronrat ging es um die deutschen Probleme, die sich
     nicht lösen wollten. Die protestantischen und die katholischen Staaten erbitterten sich seit dem Prager Fenstersturz immer
     mehr gegeneinander. Doch man diskutierte die Dinge, ohne einen klaren Standpunkt zu fassen und ohne etwas zu beschließen.
     Nach meinem Eindruck interessierte Monsieur de Puisieux sich wenig für etwas, was kein Geld in seine Kasse brachte.
    Als Seine Majestät mich nach der Ratssitzung fragte, warum er mich morgens nicht gesehen habe, erfand ich eine triftige Entschuldigung
     und beschloß, bis zum Coucher bei ihm zu bleiben, um ihn nicht weiter zu verärgern. Bei seinem Abendessen saß Ludwig aber
     so stumm und in sich gekehrt, daß ich mir erlaubte, mich rasch in meine Wohnung zurückzuziehen, um

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