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Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
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Tyrannenhasser naturgemäß eine Demokratie sein, ist es aber nicht — , so gerate ich in Schwierigkeiten. Kennen Sie die Geschichte mit dem ungarischen Gesandten in den USA nach dem Ersten Weltkrieg? Man brachte ein Hoch auf die Republik Ungarn aus; darauf der Gesandte: »Ungarn ist keine Republik.«
    »Ah — sondern?«
    »Königreich.«
    »Oh — wie heißt Ihr König?«
    »Wir haben keinen König.«
    »Ah — einen Thronprätendenten.«
    »Wir haben auch keinen Thronprätendenten.«
    »Ach! Sie haben also nur einen Staatspräsidenten?«
    »Wir haben keinen Staatspräsidenten. Exzellenz von Horthy ist Reichsverweser.«
    »Aha. Wohl ein General?«
    »Nein, ein Admiral.«
    »Ein Admiral? Sie sind also eine Seemacht?«
    »Nein, wir besitzen keine Flotte.«
    »Aber Sie liegen natürlich am Meer?«
    »Nein, wir sind ein Binnenland und haben nirgends eine Küste.«
    »Ja, aber... wie... wie nennt man so was?«
    »Ungarisch.«
    Natürlich lagen in Sparta die Verhältnisse klarer; jedenfalls schien es den Spartanern so. Sparta war, es wird Sie etwas überraschen, Königtum. So klar lagen die Verhältnisse aber wiederum nicht, daß Sparta nun einen König oder, wie Ungarn, keinen König gehabt hätte: es hatte zwei. Stets zwei gleichzeitig; nicht etwa Gegenkönige, sondern gemeinsam regierende. Das heißt, regieren taten sie eigentlich nicht. Sie waren die Vertreter des Volkes gegenüber den Göttern, die obersten Priester, die höchsten Würdenträger und im Kriege gegebenenfalls die Heerführer. Regieren durften sie erstaunlicherweise nicht. Dazu waren fünf »Ephoren« ausersehen, Männer, die vor den Königen »nicht aufzustehen brauchten«, obwohl sie nicht aus den beiden alten königlichen Familien, sondern aus dem Volk stammten. Ihre Macht war fast absolut. Sie konnten beispielsweise, ohne Rechenschaft ablegen zu müssen, von einer Minute auf die andere über Leben und Tod der Heloten entscheiden — Sie müssen jetzt nur noch wissen, wer die Heloten sind.
    Das sind die sogenannten Staatssklaven. Das sagt Ihnen natürlich auch nichts. Sie denken an eine Schar von Straßenfegern und Bürodienern, aber das waren sie nicht. Heloten waren ganze Völker in Bausch und Bogen; zum Beispiel die benachbarten Messenier; aber auch ein großer Teil der Lakonier rings um Sparta; etwa 50 000, über die die fünf Ephoren Gewalt hatten. Xenophon, Plato und Aristoteles haben sie geradezu »Tyrannen« genannt. Sie waren es auch. Jedoch liegt der Fall auch hier etwas ungewöhnlich: Die fünf Ephoren wurden alljährlich neu gewählt. Das ist ein schöner demokratischer Zug. Das heißt, sehr demokratisch war er nun eigentlich auch wieder nicht, denn von den hunderttausend Menschen, die in dem Staatswesen Spartas lebten, besaßen nur die sogenannten Spartiaten Wahlrecht, und das waren kaum mehr als achttausend Männer.
    Nicht, daß diese Achttausend ihr Recht von der Tatsache abgeleitet hätten, sie seien die einzigen Nachkommen der dorischen Eroberer. Nein, reine Dorer gab es fünfmal soviel; man nannte sie Periöken — »Umwohner«. Sie stammten aus ebenso alten Familien, sie hatten einst ebenso Mykene und Amyklai gestürmt, sie besaßen oft große Güter, sie waren mitunter sehr reich, sie genossen alle Freiheiten, nur hatten sie von Anfang an einen grundlegenden Fehler begangen, der sie in den Augen der Spartiaten und wohl auch in ihren eigenen Augen etwas unwürdig machte: Sie arbeiteten.
    So erklärt sich sicher auch die ganz seltsame Überlieferung, daß ein Spartiat, der seinen Pflichtbeitrag für den Unterhalt der »Staatsjugend« und der Krieger-Speisung nicht mehr zahlen konnte, zum Periöken deklassiert wurde. Wer nicht liquid war, bei dem stand offensichtlich die Arbeit drohend vor der Tür, und er sollte sich nun auch offen zum Periökenstand bekennen. Das alles hinderte die Spartaner nicht, sich Όμοιοι zu nennen, ein Wort, das berühmt geworden ist; es heißt »die Gleichen«. Diese Gleichheit sollte sich, vorsichtigerweise, freilich nur auf die Spartiaten beziehen. Aber auch hier entdeckt man erstaunliche Methoden: Die Abgabe für die Speisung und den Unterhalt der Kadetten war für jeden gleich hoch angesetzt, ob er nun ein alleinstehender Millionär war oder ein mäßig begüterter Familienvater von zehn Kindern.
    Was nun die Speisung anlangt, so ging über die damals in aller Welt bekannte spartanische »Schwarze Suppe« in Athen der Witz um: »Wer sie einmal gegessen hat, versteht, warum die Spartaner so gern

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