Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rosen für Apoll

Rosen für Apoll

Titel: Rosen für Apoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fernau
Vom Netzwerk:
Aristogeiton, ein in Athen bekanntes Liebespaar, waren nicht, wie man so hartnäckig lehrt und wie damals in Athen die nach dem Umsturz heimgekehrten Emigranten fleißig verkünden ließen, die Exponenten einer Volkserhebung. Das sind Lügen, wie man sie in der Weltgeschichte auf Schritt und Tritt findet. Herodot, Thukydides und Aristoteles sagen nichts davon. Sie berichten etwas ganz anderes: Harmodios und Aristogeiton vollführten den Mord an Hipparch (und nur er war gemeint) aus privaten, persönlichen Motiven, und als Motiv wird übereinstimmend eine unangenehme Einmischung Hipparchs in das paiderastische Verhältnis der beiden Männer angegeben. Andererseits sagen die gleichen Quellen, Aristogeiton habe auf der Folter eine Verbindung zu anderen Verschwörern zugegeben. Also doch Verschwörer?
    Jeder Kriminalassistent im ersten Dienstjahr wird angesichts dieses »Widerspruchs« sofort zu der Lösung kommen, die der Schullehre bis heute offenbar tief verborgen geblieben ist: Harmodios und Aristogeiton, in eine private Rache gegen Hipparch verstrickt, wurden von Agenten der Emigranten als die idealen Werkzeuge ihrer Ziele betrachtet. »Die Tyrannen waren für jedermann leicht zugänglich« — was nützte das, wenn das Volk keinen Grund zum Haß hatte? Für Harmodios und Aristogeiton aber gab es einen Grund! Als »man« davon hörte, setzte »man« sich mit den beiden in Verbindung. Sie wurden Handlanger. Wessen?
    _
    Fahren wir in der Liste der Ereignisse fort; sie beantwortet die Frage.
    Nach dem Attentat fielen die Alkmaioniden mit einer Söldnerstreitmacht von Böotien aus in Attika ein. Hippias schlug sie.
    511 griff Sparta an! Es hatte lange gezögert, aber jedesmal, wenn es der Sitte gemäß das Heilige Orakel von Delphi befragte, erhielt es die Antwort, Apoll erwarte die Befreiung Athens. Diese heilige Ansicht ist erstaunlich, nicht wahr? Aber vielleicht finden Sie sie nicht mehr so erstaunlich, wenn ich Ihnen sage, daß Delphi das Hauptquartier der Alkmaioniden war und daß die Alkmaioniden den Priestern soeben einen prächtigen neuen Apollon-Tempel gestiftet hatten. Sparta kam zur See. Hippias warf die Invasion ins Meer zurück.
    510 kamen — Delphi und die Alkmaioniden ließen nicht locker — die Spartaner mit dem gesamten Heer unter Führung ihres Königs Kleomenes. Hippias wurde geschlagen und verschanzte sich auf der Akropolis, an der alle Angriffe scheiterten. Aber da seine Kinder in Gefangenschaft geraten waren, kapitulierte er gegen freien Abzug. Er ging nach Kleinasien.
    Das Volk jubelte (nun tatsächlich mit Recht), weil das Ende der Schreckensherrschaft von Hippias gekommen war — na, und überhaupt, weil alles mal wieder so herrlich im Fluß war. Auf diesem Fluß kamen in alter Frische auch die Alkmaioniden angeschwommen; die Befreier.
    Und nun, nachdem die Athener sich die Hände in Unschuld und wir sie uns nach solcherlei Geschichten in Seife gewaschen haben, wollen wir uns nach Sparta, dem großen Gegenspieler, begeben. Denn es ist Zeit.



... sind wir also in Sparta. Obwohl es viel Ähnlichkeit mit dem Potsdam des Soldatenkönigs hat, ist der Besuch, selbst für Leser mit Gardemaß, bedeutend ungefährlicher; man sieht uns lieber gehen als kommen. Sparta war schon für die Griechen eine geheimnisvolle Stadt: ohne Mauern, ohne Luxus, ohne Villen, ohne Ausgelassenheit, ohne Liebenswürdigkeit, ohne Privatleben. Aber: von höchster Musikalität, höchstem Formgefühl, höchster Arbeitsscheu, höchster Geldverachtung und höchster Freizügigkeit der Mädchen.

    Sparta — Sie erinnern sich: Dorer überrennen Mykene, Tiryns, Amyklai, die ganze homerische Welt — Sparta lag, wie es das heute noch tut, im Süden der Peloponnes-Halbinsel, in dem breiten, trockenen Eurotastal, auf den letzten Ausläufern der Taygetosberge; damals eine Stadt von etwa 30 000 Einwohnern. Unbefestigt, das war das aufreizend Arrogante!
    Wenn Sie sich Sparta im Geiste vorstellen wollen, so müssen Sie an ein als Stadt getarntes Heerlager denken oder an eine riesige soziologische Versuchsanstalt oder an einen stark an normale Menschen erinnernden »vernunftbegabten Bienenstock« — wie Plutarch es schon nannte. Aber eine recht hübsche Stadt, etwas dürftig vielleicht, hell wie ein Labor, sauber wie Potsdam, und nicht unmusisch. Auch in Sparta legte man Apoll Rosen zu Füßen, aber natürlich ordentlich ausgerichtet.
    Wenn ich Ihnen nun sagen sollte, was Sparta eigentlich war — es müßte als »grundsätzlicher«

Weitere Kostenlose Bücher