Rosen für Apoll
sich verzweifelt, doch die Schlacht war entschieden.
Die Perser fluteten zu den Schiffen zurück. Die todmüden Griechen hatten nicht mehr die Kraft, sie zu verfolgen. Die Siegesbotschaft aber brachte ein Läufer nach Athen. Er lief über das Brilessosgebirge, durch die Palleneebene, am Fuße des Hymettos entlang, 42 Kilometer weit. Er hat dem Marathonlauf der modernen Olympischen Spiele den Namen gegeben. Die heutigen Sieger durchlaufen die Strecke in zweieinhalb Stunden. Vielleicht hat das der unbekannte Grieche damals auch gekonnt. Er brach nach dem Lauf tot zusammen.
Indessen rückte ihm das Heer, so gut es ging, im Eilmarsch nach. Die Überlegung war richtig: Die persische Flotte befand sich ebenfalls auf dem Wege nach Athen.
Als Datis landen wollte, stand das athenische Heer schon wieder da.
Er glaubte, Gespenster zu sehen, machte kehrt und gab Befehl zur Heimkehr nach Kleinasien.
Die Schlacht war aus, das unwahrscheinliche Ereignis: Athen hatte die Perser besiegt!
Genau einen Tag, nachdem alles vorüber war, trafen die Spartaner ein. Dieser eine Tag Verspätung hat sie für alle Zeiten den Ruhm gekostet, allein das Schwert Griechenlands zu sein. Athen war neben sie getreten.
Aber nichts trübte die allgemeine Freude. Der Jubel in ganz Griechenland war unbeschreiblich.
Was für ein Gefühl, als am Morgen nach dem Sieg die Sonne aufging! Trauer in nur wenigen Häusern, Stolz in allen.
Zeus, Athene und Apoll (herrlich, wie er Datis mit seinem Weihopfer betrogen hatte!) wurden auf der Akropolis mit Blüten, Wohlgerüchen und Farben zugedeckt, die letzten Septemberblumen waren die Teppiche, auf denen die Krieger zur Ehrung schritten. Die Mädchenaugen blitzten, die Münder der Paides lächelten, und die Helden hielten reiche Ernte. Die »Skolien«, die Symposienlieder, blühten und die Phantasie ebenfalls. Da wurden die »600 000 Perser« geboren und auch die Flüsterfama, daß die Alkmaioniden den Persern in der Schlacht geheime Zeichen gegeben hätten. Weinselige Nächte und endlose Gespräche! Ihr Leben lang sind den Griechen Meinungen lieber gewesen als Fakten. Es fiel ihnen spielend leicht, zu ignorieren, daß 600 000 Perser in der Marathon-Ebene gar nicht Platz gehabt hätten und daß ihr vergötterter Miltiades von Beruf Tyrann war. Und damit sind wir bei dem strahlenden Sieger von Marathon.
Nachdem er sich ein halbes Jahr lang in der Sonne des Volkes gebräunt, ein großes Haus, einen faszinierenden Lebensstil und viel Korrespondenz geführt hatte, gebar der bewunderte Mann im Frühjahr 489 eine unglaubliche Tragikomödie; und da sie verwirklicht wurde, müssen wir annehmen, daß sie den Athenern immerhin besser gefiel als nichts.
Archon war zu dieser Zeit Aristides, Freund des Miltiades und Erster Stratege bei Marathon. Vergessen Sie seinen Namen ja nicht, obwohl er bald von der Bildfläche verschwinden wird; er kommt unter dramatischen Umständen in einem sehr schönen Augenblick wieder.
Aristides wurde schon von seinen Zeitgenossen »der Gerechte« genannt. Das ist bemerkenswert, erstens, weil man annehmen sollte, daß Archonten sowieso gerecht sind, und zweitens, weil das entwaffnende Eingeständnis des Gegenteils seine Unbestechlichkeit in ein um so helleres Licht setzt. Er muß wirklich sehr integer gewesen sein.
Da er aber ein echter Grieche und daher etwas unwahrscheinlich war, kam auch ihm der Plan, den Miltiades geboren hatte, durchaus diskutabel vor, und er stimmte ihm in seiner Eigenschaft als Archon zu. Der Plan war, kurz gesagt, der: Athen sollte dem Miltiades privat Heer und Flotte »leihen«, da er sich nach eigener Herrschaft umsehen wollte. Er dachte an eine der Inseln des Ägäischen Meeres und entschied sich für Paros. Paros hatte sich unvorsichtigerweise etwas perserfreundlich gezeigt.
Gesagt, getan. Die Sache wurde in Szene gesetzt. Nicht wichtig nahm man dabei, daß in Paros nicht mehr Wilde wohnten, sondern Griechen, die eine zufriedenstellende Regierung bereits besaßen.
Die Parer waren überrascht, aber nur geistig. Die andere Seite der Überraschung gelang nicht. Sie schlossen die Tore und riefen die Nachbarinseln zu heiligem Zorn auf.
Es kam zu schweren Kämpfen, in deren Verlauf Miltiades selbst eine gefährliche Wunde empfing. Er mußte die Expechtion abbrechen und nach Athen zurückkehren.
Miltiades geschlagen!
Tote und Verwundete!
Die Fahrt, die Unsummen verschlungen hatte, gescheitert! Athen empfing den Mann, der vor wenigen Monaten in der Schlacht bei
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