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Rosen für die Kaiserin

Rosen für die Kaiserin

Titel: Rosen für die Kaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Krieger
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Hand.
    »Du wirst dich daran gewöhnen«, tröstete er sie.
    »Gewiss«, erwiderte sie mit heiserer Stimme.
    Einmal hörte sie im Fieberschlaf, wie man in ihrer Gegenwart über sie sprach. Offenbar war ihre Schwiegermutter Adelheid zugegen, die sich mit einem Arzt unterhielt.
    »Wie soll das bloß weitergehen, wenn sie schon jetzt ständig kränkelt?«, fragte Adelheid besorgt. »Wie soll sie Kinder auf die Welt bringen? Es wird sie umbringen. Ohnehin ist sie von zierlicher Gestalt.«
    »Macht Euch keine Sorgen! Ich bin eine Löwin!«, flüsterte Theophanu.
    »Was hat sie gesagt?«
    »Sie spricht im Fieber«, antwortete der Arzt.
    Nachdem sie wieder zu Kräften gekommen war, zog man weiter. Es sei nötig, das Alpengebirge noch vor dem Wintereinbruch zu überqueren, erklärte ihr der Schwiegervater, der nie einen Hehl daraus machte, wie sehr er sie in sein Herz geschlossen hatte. Und bald bahnte sich ein mächtiger Wurm aus Wagen und Reitern den Weg über die engen Bergpässe. Mitte August erreichten sie Sankt Gallen und hielten Einkehr im dortigen Kloster.
    Sankt Gallen war ein wahrer Hort des Geistes und der Gelehrtheit, wie Theophanu erfreut feststellte. Die Mönche pflegten die griechische Sprache, und Theophanu fühlte sich vom ersten Moment an sehr wohl. Immer wieder erlebte sie, dass sie eine einnehmende Wirkung auf die Menschen zu haben schien. In Konstantinopel war sie nur die unmündige Verwandte des Basileus gewesen; hier empfing man sie als die Kaiserin aus einem fremden alten Reich, das für die hiesigen Menschen so geheimnisvoll und magisch war. Der Abt, ein kluger und hochbelesener Mann von angenehmem Wesen, suchte manchmal verstohlen ihre Nähe, um mit ihr gelehrte Gespräche in griechischer Sprache zu führen.
    Theophanu genoss die Hochachtung, ja die Bewunderung, die man ihr entgegenbrachte. Aber es entging ihr nicht, wie Adelheid dies mit Missfallen zur Kenntnis nahm. Deshalb beschloss sie, sich vorläufig in Zurückhaltung und Bescheidenheit zu üben, um Adelheid keine Angriffsfläche zu bieten. Gleichwohl würde sie es nicht zu ihrer Lebensaufgabe machen, ihrer Schwiegermutter gefällig zu sein, sagte sie sich, schließlich war sie nun selbst Kaiserin.
    Eine weitere Erfahrung, die sie während des Aufenthaltes in Sankt Gallen machte, war der erstaunliche Wissensdurst ihres Gemahls. Es war ihr auch vorher nicht entgangen, dass er ein selbst für byzantinische Maßstäbe hohes Maß an Bildung besaß. Doch dass er sich stundenlang in die Klosterbibliothek zurückzog, um dort in den Handschriften zu lesen, war eine Überraschung. Manchmal leistete Theophanu ihm Gesellschaft und betrachtete den Lesenden heimlich.
    Seit vier Monaten waren sie Mann und Frau, und Theophanu mochte es, in seiner Nähe zu sein. Otto war stets liebevoll und zuvorkommend. Im Ehebett war er stets darauf bedacht, ihr nicht wehzutun – was konnte sie mehr von ihrem Gemahl erwarten? Gewiss, er wirkte oft grüblerisch und in sich versunken, doch manchmal zeigte er sich auch vergnügt und fröhlich und verstand es, sie zum Lachen zu bringen. Einmal – sie hatten in Ravenna Quartier bezogen – war er mit seinem Vater und einigen Rittern für ein paar Tage fortgeritten. Bei seiner Rückkehr war sie ihm mit ungestümer Freude in die Arme gefallen, sodass selbst Eunice sich gewundert hatte.
    Auch den Tag vor der Abreise aus Sankt Gallen verbrachte der junge Otto in der Bibliothek – war es doch die letzte Gelegenheit, in dem umfangreichen Bücherschatz der Mönche zu stöbern. Theophanu fand ihn über die Schriften des Augustinus gebeugt und setzte sich zu ihm.
    »Es muss äußerst faszinierend sein, was du da liest.«
    »Den Bösen ist es ein Glück, Völker zu unterwerfen«, sagte er langsam, ohne den Blick von den Seiten des ledergebundenen Buches abzuwenden. »Für die Guten jedoch ist es ein Zwang. Denn schlimmer wäre es, wenn die Ungerechten über die Gerechten herrschen als umgekehrt.«
    »Der gerechte Krieg!«
    »Glaubst du, dass Gott einen Krieg gutheißen kann?«
    »Eine seltsame Frage aus dem Mund eines Mannes, der sich täglich im Schwertkampf übt.«
    »Von einem Kaiser wird erwartet, dass er heldenhaft zu kämpfen versteht. Aber du hast nicht auf meine Frage geantwortet, Theophanu.«
    »Augustinus hat recht. Manchmal müssen Kriege geführt werden, um größeres Leid zu verhindern. Deshalb glaube ich, dass Gott einen Krieg gutheißen kann. Denk an deinen Vater! Hätte er die mordenden Ungarn gewähren lassen sollen?

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