Rosen für die Kaiserin
nicht durch eine Stellungnahme in einem Gelehrtendisput. Meinen Mut, Gerbert von Aurillac, will ich anwenden, wenn ich es für angebracht und wichtig halte. Was freilich nicht bedeuten soll, dass ich Eure Thesen und die Eures Kollegen für unerheblich halte, ganz im Gegenteil.«
Gerbert und Ohtrich neigten ergeben die Köpfe. Theophanu hielt nun den Zeitpunkt für gekommen, an dem die beiden Gelehrten sich vor ihr erheben durften und gab ihnen dies mit einer sanften Geste zu verstehen. Gerbert ließ nicht locker.
»Wenigstens könntet Ihr uns den Grund für Euer Schweigen verraten, meine Kaiserin«, sagte er listig.
»Den Grund? Ich möchte, dass sowohl Ihr als auch Ohtrich mir weiterhin gewogen bleibt.«
Bischof Dietrich von Metz begann laut zu lachen, der Kaiser fiel bald ein, dann alle noch verbliebenen Zuhörer und zuletzt auch die beiden Gelehrten.
»Um sie sollte man mich beneiden; nicht um die schwere Last der Kaiserkrone!«, rief Otto wie im Triumph.
Im Februar 981 zogen Kaiser Otto II. und Kaiserin Theophanu mit ihrem Gefolge in Rom ein. Seit Jahren herrschte in der Tiberstadt Streit um das Amt des Papstes. Der vom Kaiser eingesetzte Benedikt VII. war zwischenzeitlich durch den römischen Stadtadel gestürzt worden. Zwar war es Ottos Statthalter Graf Sikko gelungen, den neuen Papst, Bonifaz, aus der Stadt zu jagen, doch der Vertriebene glaubte, mit der Rückendeckung der Byzantiner, die er überdies mit geraubtem Kirchengold für sich einzunehmen suchte, seinen Anspruch weiter aufrechterhalten zu können. Otto führte nur wenige Einheiten gepanzerter Reiter mit sich, doch das reichte aus, um die Anhänger des Bonifaz in der Ewigen Stadt einzuschüchtern. Der kaisertreue Benedikt VII. nahm wieder Platz auf dem Stuhl Petri.
Otto befand sich auf der Höhe seiner Macht. Ohne Schwertstreich hatte er den römischen Zwist beendet und die Römer hielten ehrfürchtig still. Er sonnte sich in seinem Erfolg. Mächtige aus dem ganzen Abendland suchten ihn auf, um sich seiner Gunst zu versichern. Gemeinsam mit dem Papst saß er nach Ostern einer Synode vor. Wer sollte ihn noch daran hindern, die Welt zum Guten zu verändern?
Adelheid hatte den Sohn nach Rom begleitet. Mit dem Einzug in die Stadt war es für sie gewiss, dass die Prophezeiung des Majolus von Cluny sich unweigerlich erfüllen würde. Sie wurde zunehmend schweigsamer. Nur wenn die Ammen ihr den Enkel brachten, hellten ihre Gesichtszüge sich auf.
Einmal noch hatte Theophanu mit ihr über des Kaisers vorhergesagtes Schicksal reden wollen. Aber Adelheid hatte abgewinkt: Dafür sei es zu spät, nun werde alles so geschehen, wie Gott es wünsche. Otto selbst hatte nie wieder ein Wort darüber verloren.
Neun Jahre waren vergangen, seit das Kaiserpaar in der Peterskirche vom Papst getraut worden war. Trotz der Ruinen, trotz allen Schutts und trotz der Schafherden auf den verwahrlosten Foren umgab die Stadt der Cäsaren ein beispielloser Nimbus, dem sich niemand entziehen konnte, auch Theophanu nicht, die im Glanz von Konstantinopel groß geworden war. Sie dachte wieder häufig zurück an jene Tage, als alles noch neu gewesen war. In Rom hatte sich nicht viel verändert, doch die Welt befand sich im Wandel.
Theophanus Onkel, Johannes Tsimiskes, war vor fünf Jahren gestorben, sein Nachfolger Basileius II., der sich in dem folgenden Bürgerkrieg durchgesetzt hatte, entfernte Theophanus Verwandtschaft aus der Politik. Nun gab es nichts mehr, was die beiden Kaiserhäuser miteinander verband; es war völlig ungewiss, wie die Beziehungen zwischen den Herrschern sich künftig entwickeln würden.
Bis zum Sommer – es war der heißeste und trockenste seit Menschengedenken – blieb Otto in Rom. Dann fasste er einen Entschluss, der selbst Theophanu überraschte.
Pandulf, Ottos Statthalter in den süditalischen Teilen des Reiches, war im vergangenen Frühjahr gestorben. Mit ihm verlor der Kaiser eine zuverlässige Stütze, denn Pandulf hatte sowohl Byzanz, das immer noch kleine Provinzen in Unteritalien besaß, als auch die benachbarten Sarazenen in Schach gehalten. Nach seinem Tod unternahmen Griechen und Muslime – untereinander verfeindet, aber nunmehr im ungewohnten Einvernehmen – Raubzüge ins Reichsgebiet. Benevent, Salerno und Spoleto sahen sich plötzlich fremden, Beute machenden Heerscharen gegenüber.
»Ich werde gegen sie zu Felde ziehen«, sagte Otto eines Abends zu Theophanu.
Theophanu war schockiert. »Das willst du wagen? Obwohl dich nur
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