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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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vielleicht
herauskriegen, ob diese Person Gast unseres Kasinos war. Und wann.«
    »Helen Esterding!«, kam es pfeilschnell aus mir heraus.
    Der Direktor musterte mich kurz. Sein Blick huschte über den
Bildschirm.
    »Treffer«, sagte er. »Mehrfach. Zuletzt am 1. Mai.«
    Dann schaute er mich erwartungsvoll an. Einen Schuss hatte ich
anscheinend noch frei.
    »Ava Sorolla?«, fragte ich ins Blaue hinein.
    Er grinste leicht und nickte kaum merklich mit dem Kopf. »Auch am 1. Mai. Rien
ne va plus. Nichts geht mehr.«
    Mir war, als sei ich auf vermintes Gelände geraten.
    »Wir haben den Priegel zwar gefasst, und die Zeugen
erkennen ihn wieder«, sagte Chili. »Aber uns fehlen sein Geständnis und vor
allem die Tatwaffe. Scholl geht davon aus, dass er die Waffe nicht lang bei
sich behalten, sondern frühzeitig entsorgt hat. Alles haben wir durchsucht,
alle Fahrgeschäfte neben dem Tatort und auf dem Fluchtweg. Den Tatzlwurm, den
Prosecco-Stadl, Papierkörbe, geparkte Autos, wirklich die ganze Palette. Sogar
der Miss Herbstfest haben wir unter den Rock geschaut …«
    Ich blickte auf.
    Chili kicherte albern. »… Verzeihung. Vernommen haben wir sie.
Es ist, als habe Priegel die Pistole verschluckt.« Mit einem verlegenen Lächeln
setzte sie hinzu: »Ehrlich, wir haben ihn sogar durchleuchtet.«
    Wir saßen uns an einem Ecktisch im »Santa« gegenüber, Chilis
Lieblingswirtshaus in Rosenheim. Es war nicht viel los nachmittags um halb
vier, nur ein paar streng gezopfte Frauen, Bäuerinnen vielleicht, feierten
geräuschvoll einen Geburtstag im Nebenzimmer.
    Chili kaute auf einer getrockneten Schote herum.
    »Bäume«, sagte ich, »untersucht alle Bäume in der Nähe.«
    Chili hob die Schultern. »Haben wir schon.«
    »Du?«, fragte ich. »Du selbst?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Dann such du selber. Und wenn du mit einer Leiter von Baum zu Baum
gehst und selbst hinaufkletterst. Alle Astgabeln, jedes Blatt. Bis in die
oberste Krone. Jeden Baum. Traue niemandem als dir selbst, wenn’s um was
Entscheidendes geht.«
    »Na gut«, sagte sie und hob wieder die Schultern, »mach ich.«
    Als ich schon bezahlt hatte und die schöne Wirtin uns
hinausbegleitete, richtete ich Chili die Grüße ihres Vaters aus. Torsten Toledo
hatte mich in der Nacht angerufen.
    Chili strahlte.
    Am nächsten Spätnachmittag rief mich Scholl an und
bedankte sich.
    »Ich wollt’s Ihnen selber sagen, Ottakring. Chili hat die
mutmaßliche Tatwaffe gefunden. Eine Neun-Millimeter-Walther.«
    Also keine SIG Sauer. Ich schwieg. Kommen lassen,
den Scholl, sagte ich mir.
    »Ich hab ja schon gedacht, wir finden vielleicht wieder eine SIG Sauer. Rein intuitiv, wissen Sie, Ottakring. Aber
ich hab mich geirrt. Chili hat sich einen jungen Kollegen gegriffen. Sie haben
jeden Baum in der Nähe des Tatorts untersucht, bis sie – na ja, die
Walther gefunden haben. In die Astgabel einer Buche an der Kaiserstraße
eingeklemmt. Das Magazin war leer, keine Fingerabdrücke.«
    Dann druckste er herum. »Sagen Sie, wie kamen Sie darauf, in Bäumen
zu suchen?«
    Ich unterdrückte ein Grinsen. »Betriebsgeheimnis«, sagte ich.
    Offensichtlich konnte ich Priegel nach all den Jahren noch immer
richtig einschätzen. Er hatte exakt vorhergesehen, an welchen Stellen die
Polizei nach der Waffe suchen würde. In Herbstfestbuden, in Papierkörben und so
weiter. Deshalb deponierte er sie genau dort, wo er sich sicher sein konnte,
dass sie nicht im Entferntesten vermutet wurde.
    »Na gut«, meinte Scholl.
    Er hatte wohl seinen großzügigen Tag.
    »Ach übrigens. Der Anruf von der Frau Christnacht bei Ihnen. Ich hab
mich selbst mit ihr befasst. Sie ist recht gesprächig, die Frau. Trotzdem hab
ich das Gefühl, dass sie mit etwas hinterm Berg hält. Aber nichts Genaues
wissen wir noch nicht.«
    »Aha«, sagte ich. Das »Wir« fand ich bemerkenswert.
    Er war noch nicht fertig.
    »Wollen Sie, ich meine, haben Sie noch Lust, könnten wir nicht doch
demnächst, wenn Sie Zeit haben …«
    Schüchternheit ist eine Art Furcht vor sich selbst, hatte ich
irgendwo gelesen. Ich hielt es nicht länger aus und fuhr dazwischen.
    »Einen heben gehen, meinen Sie?«, fragte ich. »Zum ›Santa‹? Mein
Angebot von neulich? Na klar, wann immer Sie Zeit haben. Aber Sie zahlen das
Bier, Scholl.«
    Ich wartete auf Scholl. Es war zehn nach sieben. »Auf d’
Nacht«, wie sie hier sagen. Wir waren um sieben im »Santa« verabredet. Die
Geschäfte wurden gerade geschlossen. Der

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