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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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kopfsteingepflasterte
Max-Josefs-Platz, die kolorierten Inn-Stadt-Fassaden mit ihren Flach-Erkern und
Laubengängen wirkten nicht nur halb verlassen, sie waren es auch. Die kleine
Uhr über dem Mittertor bewegte sich langsam, eine Kirchenglocke sandte dürftige
Töne über den Platz.
    Ich wartete immer noch auf Scholl. Es war halb acht.
    Ich stand mit meinem Weißbier in der Tür zum Innenhof des »Santa«,
die schöne Wirtin neben mir. Sie hatte nichts zu tun, die Gäste fehlten. Ich
überlegte, ob ich mich verabschieden sollte.
    »Warten Sie auf Ihre Begleitung?«, fragte sie.
    Sicher meinte sie Chili damit.
    »Nein, auf den warte ich«, sagte ich und deutete auf Scholl, der
endlich über den Platz gefegt kam, als wäre der Innenminister persönlich hinter
ihm her.
    »’tschuldigung, ‘tschuldigung«, rief er schon von Weitem und ließ
den Mantel von den Schultern gleiten. »Da gab’s Neues im Bellini-Fall. Und
Neues über Christnacht. Musste ich noch klären.«
    Nachfragen wollte ich nicht.
    Die schöne Wirtin platzierte uns an einen Ecktisch.
    Scholl räusperte sich. »Horst Christnacht, fünfzig Jahre alt,
Gerichtsvollzieher. Verheiratet, lebte getrennt, er in Feldkirchen, sie am
Chiemsee. Der zwölfjährige Sohn Max stammt aus dieser Ehe. Christnacht wurde
vor vier Jahren von der holländischen Grenze nach München versetzt und ist nach
Feldkirchen gezogen. Katholisch, Vegetarier, Ordnungsfetischist, Westernfan.«
    Scholl schaute mich bedeutungsvoll an.
    »Keine Vorstrafen.«
    »Brav, Scholl«, sagte ich. »Das wird Ihnen gewaltig weiterhelfen.«
    »Wir bleiben dran«, sagte er.
    Ich atmete tief durch. »Glauben Sie eigentlich immer noch an
Selbstmord im Bellini-Fall?«, fragte ich.
    Wir schwiegen eine halbe Minute. Dann bestellte er ein Bier, sah
mich lange und mit gerunzelter Stirn an, ging aber nicht auf meine Frage ein.
    »Der Priegel-Fall macht uns zu schaffen«, sagte er. »Ich will offen
zu Ihnen sein. Wir haben die Waffe, aber keine Fingerabdrücke. Wir haben das
Projektil, mit dem Christnacht erschossen worden ist, und können es der
Tatwaffe zuordnen. Aber solange wir nicht in der Lage sind, dem Priegel
nachzuweisen, dass es seine Pistole ist und dass er sie benutzt hat, haben wir
natürlich keine Chance. Klar, wir haben die Zeugenaussagen, und die
Gegenüberstellung war positiv, aber das hilft uns alles nicht richtig weiter.
Die Indizien reichen einfach nicht aus, und sein Anwalt hat schon Antrag auf
Haftprüfung gestellt. Wir brauchen sein Geständnis, wir brauchen es. Wir können
es nicht schleifen lassen. Die Staatsanwältin steht mir auf den Zehen.«
    Ich schnappte zu. »Es wäre doch …«
    »… spannend zu wissen«, unterbrach Scholl, »ob es Parallelen
zum ersten Priegel-Fall gibt. Die Mordsache, die Sie damals aufgeklärt haben.
Und jetzt wieder zwei Tötungsdelikte mit einem Schuss in die Stirn. Es wäre
schon sehr unwahrscheinlich, wenn es da keinen Zusammenhang gäbe.« Er
verschränkte die Hände und legte sie auf den Tisch. Beide Zeigefinger zuckten.
»Jedenfalls jetzt, wo wir wissen, dass der Priegel haftentlassen ist.«
    Ich begann zu ahnen, worauf er hinauswollte.
    »Und da hab ich gedacht, Sie haben sich ja mit dem Priegel sehr
intensiv beschäftigt, haben ihn gefasst und überführt damals. Prost.«
    Er trank allein. Mein Glas war leer.
    »Und Sie waren doch in Ihrer Zeit so ein Ass in Vernehmungstechnik.
Und da hab ich mir eben eingebildet, ob Sie nicht für uns …?«
    »Wer zahlt das Bier?«, fragte ich.
    »Ich«, sagte er.
    Ich konnte.
    Vorher fuhr ich nach Feldkirchen. Ich stellte den Porsche
auf dem Parkplatz eines belebten Baumarkts ab und marschierte auf Umwegen zu
Christnachts Wohnung. Sie lag in einer spärlich bebauten Hügelgegend und war
über eine hölzerne Außentreppe zu erreichen. Das erleichterte die Arbeit. Nicht
erst von Pauli hatte ich gelernt, eine Wohnungstür ohne Schlüssel zu öffnen.
    »Ordnungsfetischist«, hatte Scholl gesagt. Genau so sah’s in seiner
Wohnung aus. Die Rollläden waren heruntergelassen, doch vom Flur fiel Licht
herein, und das genügte, um das kleine Wohnzimmer so weit zu erhellen, dass ich
ohne Taschenlampe auskam. Eine weiße Couch, davor ein rollbarer Glastisch mit
einer leeren Rosenvase darauf, zwei weiße Sessel, ein Schrank mit Glastür,
hinter der Fachliteratur prangte, neben dem Fenster ein Rollschrank, an dem der
Schlüssel steckte, kein einziges Bild an der Wand: eine Wohnung ohne besondere
Merkmale.
    Der Schrank gab

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