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Rosen für eine Leiche (German Edition)

Rosen für eine Leiche (German Edition)

Titel: Rosen für eine Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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wollen.
    »Ich hab mit Harry etwas Ähnliches erlebt«, sagte ich. »Es war schon
fast dunkel gewesen. Da hat er sich wenige Meter vor mir aufgepflanzt und mich
angeschaut, als wolle er mich gleich umbringen.« Ich nutzte die Gelegenheit und
richtete eine weitere Frage an Karl. »Sag mal, kennst du zufällig einen Georg
Liebermann? Dienstlich, meine ich.«
    »Na klar«, sagte er auf Anhieb, »Liebermann. Der war Steiners bester
Freund, der Liebermann, wenn auch ganz anders als er. Er hat sich dadurch
ausgezeichnet, dass er nie etwas in Eile tat. Seine Trägheit war ebenso groß
wie seine Habgier.«
    Interessanter Abend, heute Abend. Eine Zeit lang spielten wir
schweigend.
    Wieder hatte Uwe Schweißperlen auf der Stirn. Diesmal jedoch nicht
von der Konzentration aufs Spiel. »Ich hab mir einen Film ausgeliehen«, sagte
er.
    Wir wussten alle, dass Uwe begeisterter Videogucker war. Und ahnten,
um welche Art von Film es sich handelte, doch keiner sprach es aus, schon mit
Rücksicht auf den Pfarrer. Doch nun outete er sich selbst.
    »Einen Porno«, sagte Uwe. »Unter rein künstlerischen Aspekten
betrachtet.«
    »Jessas«, entfuhr es Rudi.
    Das Gewitter hatte aufgehört.
    Herrn Hubers Blick hing an der Schale mit den Erdnüssen.
    Rudi hatte hastig seinen Weißwein hinuntergekippt und sich dabei
verschluckt. Er glühte wie eine Figur aus einem expressionistischen Werk der
Beweinung Christi.
    Uwe trank sein Bier aus. Er legte den Kartenfächer mit den Bildern
nach unten auf den Tisch und schaute zu mir her.
    »Joe«, sagte er. »In jedem Film gibt’s eine Hauptrolle«, sagte er
und schlug die Augen nieder. »Auch beim Porno. Die Hauptrolle in diesem Film
sieht dem Bild der Toten aus der Zeitung täuschend ähnlich. Sie spielt ihre
Rolle im Übrigen sehr ideenreich. Aber – die war doch Malerin, oder hab
ich da was verwechselt?«
    Ich bedankte mich. »Gut aufgepasst«, sagte ich. »Das war ein sehr
wichtiger Hinweis.«
    Er wäre es gewesen, wenn ich nicht schon von Helen Esterdings
Pornokarriere gewusst hätte.
    »Wirklich interessanter Abend, heute Abend«, wiederholte ich. Und
damit beendete ich ihn.
    Als sie gegangen waren, bekam Herr Huber die übrig
gebliebenen Trauben und Nüsse. Danach machte ich mit ihm seinen täglichen
Nachtspaziergang. Diesmal zum Schloss hinauf. Das Gewitter hatte sich verzogen,
der Himmel war klar.
    Uwe hatte die getötete Helen als Pornodarstellerin entlarvt. Und er
war klug genug gewesen, mich darauf hinzuweisen. Ohne Paulis vorherigen Tipp
wäre das eine Sensation gewesen. Auf halbem Weg zwischen Schloss und Wohnung
ertappte ich mich beim Sprechen. Ich sah mich um, ob mich auch niemand gehört
hatte. Doch da war niemand. Ich sprach zwar öfters mit dem Hund, aber über ein
»Komm!«, »Bleib stehen«, »Brav!« oder »Belohnung« ging unsere Unterhaltung nie
hinaus. War so ein Selbstgespräch eine dieser vielfältigen Begleiterscheinungen
des Alterns? Mein letzter Satz klang noch nach in meinem Ohr. »Wer ist
eigentlich Harrys Vater?« Von einem Mann an Frau Steiners Seite hatte ich noch
nie gehört.
    »Rudi«, rief ich zu Hause den Pfarrer an, »könntest du bitte
herausfinden, ob in den Taufbüchern zwischen hier und dem Chiemsee der Taufname
Harry Steiner irgendwann auftaucht? Oder Harald Steiner?«
    Herr Huber zog sich in sein Bett im Entree zurück und ich
mir einen warmen Schlafanzug an. Ich schenkte mir ein letztes Weißbier ein und
versuchte zu entspannen. Dass ich dabei nicht einschlief, hatte ich Torsten
Toledo zu verdanken. Denn jäh schrillte das Telefon, und er war dran.
    »Hallo, Joe, bist du noch wach? Ich lieg hier rum und kann nicht
schlafen.« Er lachte ein diabolisches Lachen, das in einem abgrundtiefen
Hustenanfall endete. »Stör ich dich?«
    Du bist gut, dachte ich. Was wäre, wenn ich jetzt ja sagte?
    »Du hast mich doch vor ein paar Tagen gefragt, was ich von diesem
Bellini-Fall halte, in den du dich nicht einmischen sollst«, sagte Torsten. Er
hüstelte.
    Meine Müdigkeit war wie weggewischt. Die kleinen Rädchen in meinem
Gehirn liefen auf Hochtouren.
    »Ich sag dir, das klingt alles nach professionellem Sex«, sagte er.
»Wir von der Flensburger Hafenpolizei müssen uns jeden Tag damit beschäftigen.«
    Kurze Pause. Ich bekam mit, wie Torsten aus zugehaltenem Mund dumpf
hustete.
    »Dieser Bellini hatte selbst beruflich mit Prostitution zu tun.
Darauf verwette ich meine Dienstmütze.«
    Ich hörte ein leises Knacken.
    »Grüßt du bitte Chili von mir, wenn du sie

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