Rosen lieben Sonne
Sonnendeck servieren«, sagte er. »Braver Kerl. Bist n braver Kerl. Ich könnte noch ne Buddel vertragen.«
Schließlich überredete ich den Drachen hinter der Bar dazu, ein Taxi zu rufen, indem ich lautstark darüber lamentierte, wie schlecht es für das Image dieser Kneipe sei, Betrunkene einfach in den Rinnstein zu werfen. Das könnte sogar die Wirtschaftsprüfer abschrecken. Ich leierte Lew seine Adresse aus dem Kreuz, stopfte ihn in das Taxi und drückte, da er keinen Penny mehr hatte, dem Taxifahrer fünfzig meiner schwerverdienten Dollar in die Hand. Obwohl ich klug genug war, Lew eine meiner Visitenkarten in die Jackentasche zu stecken, buchte ich das Geld als gute Tat ab. Aber manchmal geschehen noch Wunder: Am nächsten Tag rief mich Rose Lewellen an, um mir zu danken, und ein paar Tage darauf hatte ich einen Scheck von ihr in der Post, 100 Dollar. Ich schickte ihr daraufhin ein Dankesschreiben und schlug vor, das nächste Mal, wenn ihr Gatte auf die Rolle ginge, solle sie einen Aufpasser mitschicken, möglichst einen großen und starken wie mich. So wurde ich zum Babysitter. Alle paar Monate rief sie mich an und sagte, sie hätte das Gefühl, ihr Kater würde wieder unruhig und streunig.
Eines der kleineren Probleme bei diesem Job war die Kleidungsfrage. Ich mußte anstandslos in die Polo Lounge und das Brown Derby gehen können, aber auch in die Poolhallen an der East Side, die Freßschuppen Downtown, Cowboyläden in Glendale — einmal waren wir sogar bei einem Go-Cart-Rennen in Encino. Ich entschied mich für einen braunen Cordanzug, den ich zu einem leichten, rostfarbenen Stehkragenhemd trug. Meine Arbeitgeberin bestätigte die Verabredung, also checkte ich, ob ich genügend Geld und Plastik bei mir hatte; nicht zu vergessen einen handgenähten Totschläger, den mir mal ein Mädchen zum Valentinstag geschenkt hatte — ein weicher Lederschlauch, der mit Stahlkugeln gefüllt und an beiden Enden zugenäht war. Sie sagte, das I-Ging habe ihr zu diesem Geschenk geraten. Ich frage mich manchmal, was sie mir zu Weihnachten geschenkt hätte, wenn wir da noch zusammen gewesen wären.
Die Lewellens wohnten — natürlich — in Beverly Hills, direkt neben dem Haus, in dem einst Jack Benny residierte. Ihr Haus war im Vergleich mit den Nachbarn nicht besonders protzig, bloß ein olympischer Swimmingpool, eine kleine Vierergarage und ein Heimkino, in das höchstens zwanzig Leute hineinpaßten.
Eine hübsche Mexikanerin öffnete mir, nachdem ich mich über die Gegensprechanlage am Eingangstor vorgestellt hatte. Lew hockte in seinem Zimmer und stimmte sich mit einem Pitcher Bloody Mary auf den Abend ein, erklärte mir Mrs. Lewellen. Sie war eine ruhige, freundliche Frau in den Vierzigern; ich hatte sie mit den Jahren etwas besser kennengelernt und konnte sie gut leiden, weil sie absolut offen war und sich von dem Gekasper ihres Mannes nicht verrückt machen ließ. Sie hatte mir mal erzählt, daß sie ihn bei Warner kennengelernt hatte; sie arbeitete als Dokumentarin, er war einer von viel zu vielen stellvertretenden Produzenten einer witzlosen Nachmittagsshow. Sie hatte mir erzählt, daß das erste, was er ihr sagte, etwas war wie: »Sie besitzen jene unglaubliche Schönheit, die jegliche Unschuld dahinschmelzen läßt und Tote wieder zum Leben erweckt.« Sie hatte geantwortet: »Laß gut sein, Mann.« Seit 23 Jahren waren sie glücklich verheiratet und hatten ein Kind, einen fünfzehnjährigen Jungen, der nicht nur zu Besuchern sehr höflich war, sondern sogar seinen eigenen Eltern gegenüber. Ich weiß nicht so recht... was ist bloß los in Beverly Hills?
Mrs. Lewellen geleitete mich durch das Wohnzimmer und einen langen Flur entlang zu Lews Arbeitszimmer, wo sie mich mit den Worten verließ: »Er gehört Ihnen, und er freut sich auf Sie. Versuchen Sie den Scherbenhaufen gering zu halten.«
Ich ging hinein. Lew trug seine Hornbrille und blätterte in einem Drehbuch. »Nur noch einen Moment, mein Freund«, sagte er. »Gieß uns noch einen ein, ja?«
Ich goß die Drinks ein, große Drinks. Auf einem Tablett lagen Stangensellerie, die man zum Umrühren benutzen konnte, aber als ich einen davon in Lews Glas stecken wollte, rief er aufgebracht: »Wie oft muß ich dir, Martha, bloß noch sagen: Wenn ich Sellerie haben will, bestell ich mir n Waldorfsalat!«
Ich grinste; er starrte mich in gespielter Wut an, dann widmete er sich wieder dem Skript.
»Schrott!« sagte er nach einer Minute. »Schrott, Schrott,
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