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Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken

Titel: Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Ellis
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hätte verletzen können. Es kostet unglaublich viel Energie und Geduld, in der Hütte wieder für Ruhe zu sorgen. Wenn Kinder einmal wegen irgendwas verstört sind, fallen ihnen plötzlich noch tausend andere Sachen ein, die sie beunruhigen, und es gibt Tränen, Wutanfälle und haufenweise Chaos.
    Casey und ich werden von den anderen Betreuern schon ganz schief angesehen.
    Â»Wenn ihr eure Gruppe nicht im Griff habt, solltet ihr euch lieber einen Ferienjob in ’ner Frittenbude suchen«, lästern sie. Ich hasse sie alle. Einmal schleiche ich mich ins Büro der Campleiterin, während sie Mittagspause hat, und rufe Stephanies Tante selber an. Aber es meldet sich nur der Anrufbeantworter. Ich spreche ihr aufs Band, dass sie ihre Nichte abholen soll. Aber ich erwarte nichts davon.
    Wir überlegen, ob wir die Freiluftübernachtung abblasen sollen, und sagen sie dann tatsächlich ab. Schließlich ist es schon in der Hütte schwer genug, Stephanie in Schach zu halten. In der nächtlichen Natur außerhalb des eigentlichen Camps hätten wir nicht die leiseste Chance.
    Doch dann, als die letzten Tage im Camp anbrechen, wird sie zusehends ruhiger. Sie verschwindet zwar immer noch manchmal, aber nie besonders lange. Geklaut hat sie auch schon alles, was sie haben wollte. Wir sind total geschafft und sehnen nur noch das Ende des Camps herbei. Da fängt sie an, sich fast normal zu benehmen.
    Und wir beschließen, doch mit der Gruppe im Freien zu übernachten.

Kapitel 11
    Nach Stephanies Beerdigung fingen die Mühlen der Justiz richtig an zu mahlen, so als ob es bis dahin ungebührlich gewesen wäre.
    An einem Tag wollten gleich zwei Anwälte mit mir sprechen.
    Der erste war Jack Tesler. Er tauchte auf, kurz nachdem ich aus der Schule zurück war. Mom öffnete die Tür. Seit meine dämliche Bemerkung gegenüber Mrs Glass in den Nachrichten gekommen war, hatte sie kein Wort mehr mit mir gesprochen. Ich hörte, wie sich der Anwalt auswies, und als Nächstes hörte ich, wie sie ihm die Tür vor der Nase zuknallte. Sie verriegelte sie und schlug noch einmal mit der flachen Hand dagegen, wie um ihrem Standpunkt Nachdruck zu verleihen. Ich erwog für einen Moment, mich über die Hintertür zum Eingang zu schleichen und in der Einfahrt mit ihm zu sprechen, nur weil mir Moms Benehmen so peinlich war, doch ich rührte mich nicht von der Stelle. Schließlich schuldete ich ihm keine Erklärung. Ich schuldete ihm überhaupt nichts.
    Nach dem Abendbrot hatte ich einen kurzen Babysitterjob, und als ich wiederkam, saß Caseys Anwältin bei uns im Wohnzimmer. Sie trank Tee aus einer der guten Porzellantassen und Mom hatte Kuchen auf den Tisch gestellt.
    Â»Sie ist ein ganz wunderbares Mädchen«, sagte Mom gerade, als ich ins Zimmer kam. Ich dachte, sie spricht über mich, doch dann sagte sie: »Aber natürlich würde ich gern für sie als Leumundszeugin auftreten. Hey, da kommt ja meine Jude.«
    Â»Ich heiße Jess«, sagte ich und schüttelte Mela Cross die Hand.
    Â»Casey hat mir schon alles über dich erzählt«, sagte Mela.
    Â»Sie sind seit frühesten Kindertagen eng befreundet«, erklärte Mom. »Jude wird Ihnen helfen, so gut sie kann.«
    Mela brachte das Kunststück fertig, ihr ein höfliches Lächeln zu schenken und mich gleichzeitig mit kritischem Blick anzusehen. »Mrs Harris, dürfte ich Jude auf einen Spaziergang einladen?«
    Â»Nennen Sie mich doch Vivian«, antwortete Mom und schob mich regelrecht zur Tür hinaus.
    Wenigstens war die Sonne schon untergegangen. Inzwischen fühlte ich mich im Dunkeln wesentlich wohler. Mela schien das zu wissen. Wir plauderten ein bisschen im Gehen, hauptsächlich über das Camp und darüber, wie die anderen in der Schule auf Caseys Verhaftung so reagierten.
    Â»Wir könnten einen Kaffee trinken«, schlug sie vor.
    Â»Ich trinke gar keinen Kaffee«, log ich.
    Â»Dann eben heiße Schokolade. Ich lade dich ein.« Sie lotste mich in einen der zahlreichen Donut-Läden von Galloway, und wir redeten weiter, bis wir einen Platz in einer Ecke gefunden hatten. Ich saß ihr gegenüber. Das Licht war sehr grell.
    Ich sah mich um. Zweifelsohne wussten die Leute, wer wir waren. Sobald ich jemanden direkt ansah, wandte die betreffende Person den Blick ab und starrte auf ihre Walnusskrapfen oder rührte zum x-ten Mal in der

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