Rosendorn
ständig auf die Finger schauen wird«, warnte ich sie.
Sie grinste vielsagend. »Wäre das denn so
schlimm?
«, witzelte sie. »Ich habe ihn mir genauer angesehen, bevor er mich reingelassen hat – und er ist wirklich lecker!«
»Das vergisst man aber schnell, wenn er den finsteren Secret-Service-Mann gibt«, erwiderte ich.
Kimber lächelte unbeirrt weiter. »Umso besser. Er kann unser kleines Geheimnis sein.«
Eine Last fiel mir von den Schultern, als ich ihr Grinsen erwiderte.
Mein Vater kam erst nach sieben nach Hause. Zu dem Zeitpunkt war das Mittagessen schon längst Geschichte. Mit anderen Worten: Ich kam um vor Hunger. Ich hatte angenommen, dass er mich zum Abendessen ausführen würde, doch ich war alles andere als enttäuscht, als ich nach unten kam und feststellte, dass er etwas vom Chinesen mitgebracht hatte. Juhu! Ich würde also noch früher etwas zu essen bekommen.
In Dads Haus gab es kein Esszimmer, aber er hatte einen kleinen runden Tisch mit zwei Stühlen in einer Ecke untergebracht, und dort aßen wir. Finn war gegangen, sobald Dad nach Hause gekommen war, also waren wir beide allein. Ich fand es irgendwie gemütlich, fast heimelig. Allerdings nur so lange, bis Dad anfing zu reden.
»Finn hat mir erzählt, dass du heute Nachmittag zufällig Ethan begegnet bist«, sagte er, und das Essen in meinem Mund schien sich in Asche zu verwandeln.
Ich schluckte und gab mir dann mental einen Tritt in den Hintern. Ich hätte wissen müssen, dass Finn meinem Dad einen vollständigen Bericht liefern würde; vor allem, nachdem Ethan einen so großen Wirbel darum veranstaltet hatte, mir etwas Wichtiges mitteilen zu müssen. Ich hätte heute Nachmittag ein bisschen Zeit damit verbringen sollen, mir zu überlegen, was ich meinem Dad sagen wollte – ich fürchtete, dass eine Todesdrohung mich noch mehr zu einer Gefangenen machen würde, als ich es ohnehin schon war –, doch natürlich hatte ich keinen Gedanken daran verschwenden wollen.
»Ja«, erwiderte ich und bemühte mich, lässig zu klingen, während ich mir noch einen Bissen von meinem Hühnchen süß-sauer in den Mund schob. Es schmeckte noch immer nach Asche, aber solange ich kaute, wurde wenigstens nicht von mir erwartet, etwas zu sagen.
Dad lehnte sich zurück, und ich konnte seinen Blick auf mir spüren, auch wenn ich stur auf meinen Teller starrte.
»Und?«, ermunterte er mich. »Möchtest du mir erzählen, was passiert ist? Ich habe gehört, er hätte dir etwas Dringendes zu sagen gehabt.«
Ich war nicht begierig darauf, Dad zu erzählen, was passiert war. Doch ich wollte auch nicht umgebracht werden, also war es wahrscheinlich keine gute Idee, meinem Vater die Sache zu verschweigen. Ich nahm einen Schluck Wasser, um das Hühnchen herunterzuspülen, und sammelte mich ein wenig.
»In der Nacht, als Ethan und Kimber mich aus Tante Graces Fängen befreit haben, sind wir von Spriggans angegriffen worden.« Distanziertheit der Feen hin oder her, Dad rang leise nach Luft. »Kimber dachte, sie wären hinter Ethan her, weil er so mächtig ist. Aber Ethan meinte, dass sie es auf
mich
abgesehen hätten.«
Ich hatte so viel ausgelassen, dass ein Lkw durch die Löcher in meiner Geschichte hätte fahren können. Fragt mich nicht, warum ich nicht erzählte, welche Rolle Ethan bei der Attacke gespielt hatte. Eigentlich war ich verletzt genug, um es ihm heimzahlen zu wollen, doch mein Instinkt hielt mich davon ab.
An Dads Miene konnte ich ablesen, dass er wusste, dass ich ihm nicht alles erzählte. Angespannt erwartete ich das unvermeidliche Verhör, aber zu meiner Überraschung ging er nicht näher darauf ein.
Er seufzte schwer und schob seinen Teller von sich. »Ich nehme an, ich habe es lange genug vor mir hergeschoben«, sagte er. »Es ist Zeit, über deine Situation als Faeriewalker zu sprechen.«
»Du sagst das, als
wüsstest
du, dass ich ein Faeriewalker bin.« Ich hatte ihm gegenüber noch kein Wort darüber verloren und mir überlegt, das ganze Thema erst einmal zu meiden, bis er von selbst die Sprache darauf brachte.
Er lächelte schief. »Es war ziemlich offensichtlich, als ich mit dir nach Hause gekommen bin. Du hast bisher noch keinen Blick aus dem Fenster geworfen. Die meisten Leute machen sofort eine Bemerkung über die tolle Aussicht, und heute war ein besonders schöner, sonniger Tag.«
»Vielleicht habe ich ja Höhenangst.«
Er verengte leicht die Augen. »Jetzt zier dich nicht.« Er blaffte mich nicht direkt an, doch ich
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