Rosenfolter
der Bäckerei Fuchs zu Katinka stieß.
Die lehnte ganz
hinten in der Bäckerei an der Wand und hielt sich an ihrem Becher fest. Ihr war
noch immer nicht ganz klar, was da gerade passiert war.
Jenna gesellte
sich mit Kaffee und Mohnschnecke zu Katinka an den Bistrotisch. »Damit ist der Auftrag
gelaufen, wie?«
»Ja.«
»So was kommt manchmal
vor.« Jenna nahm es locker.
Katinka hatte bislang
dreimal mit ihr im Personenschutz zusammengearbeitet. Sie mochte die Frau mit den
kinnlangen Locken und der breiten Narbe auf der Stirn.
»Eigentlich ist
es nicht unsere Aufgabe, jetzt nachzubohren, oder?«, fragte Katinka. »Özlem hat
sich entschieden. Punktum.«
»Der Mensch ist
frei geboren und überall liegt er in Ketten. Sagte Voltaire.«
»Womit er den Nagel
auf den Kopf getroffen hat.« Heißer Zorn auf Özlem stieg in ihr hoch. Sie kochte
fast. »Verfluchter Mist!«
»Gib dir nicht
die Schuld, Katinka!«, beruhigte Jenna. »Özlem hat gelogen. Sie hat damit unser
Vorgehen beeinflusst. Wir haben einen familiären Hintergrund angenommen. Vielleicht
geht es um was ganz anderes. Eine Rachegeschichte aus dem organisierten Verbrechen.
Findet auch in Bamberg statt, selbst wenn man es nicht glauben will.«
Ein Kunde, der
drei Seelenspitzen und einen Bauernlaib orderte, sah neugierig zu den beiden herüber.
»Oder unser Kollege
hat richtig getippt und sie ist schizophren«, murmelte Katinka.
»Das lass mal außen
vor. Solche Leute engagieren keinen Personenschützer. Die denken, irgendwelche Außerirdische
hocken in ihrer Heizung und belauschen ihre Gedanken. Da helfen keine Privatdetektive.«
»Ich frage mich,
ob die Idee, sich mit ihrem Freund irgendwo im Ausland abzusetzen, auch erfunden
war.«
»Sei’s drum.« Jenna
trank achselzuckend ihren Kaffee aus.
»Also, was machen
wir jetzt?«
»Wir haben unsere
Anzahlung und rechnen ab. Das war’s.«
»Özlem hat Angst, Jenna. Ich will wissen, wovor!«
»Das geht uns nichts mehr an. Sie ist getürmt und hat damit ihrem Auftrag
die Vertrauensbasis entzogen. Hat sie eigentlich schon, indem sie falsche Angaben
gemacht hat.«
Katinka nagte an ihrem Pappbecher. »Ich frage mich, wovor sie Angst hat.
Wovor? Wovor?«
Jenna wedelte mit
der Hand vor Katinkas Gesicht herum. »Hallo? Ich meine, du kannst natürlich forschen,
was du willst, aber für mich ist die Sache hiermit beendet. Ist nicht böse gemeint.
Mach’s gut.« Jenna berührte kurz Katinkas Arm und ging.
Katinka sah auf die Uhr. Halb vier. Sie hatte den Frühlingsnachmittag für
sich. Einfach rausgehen. Spazieren gehen, Sonne tanken, den Frust abgleiten lassen.
Aber der Klammerreflex funktionierte zu gut. Mit absoluter Zuverlässigkeit sorgte
er dafür, dass sie gar nicht mehr loslassen konnte. Weil zu viele Fragen da waren.
Katinka lief durch die Stadt. Über die Obere Rathausbrücke, durch die Sandstraße,
weiter den Leinritt stadtauswärts. Bis sie sich am Ortseingang von Gaustadt gleich
hinter der Friedensbrücke wiederfand. Die Sonne brannte fast. Ein eigentümlicher
Wetterwechsel, der manche Leute wie bekifft wirken ließ, während Katinka mit einem
Mal gegen heftige Kopfschmerzen kämpfte. Sie überquerte die Gaustadter Hauptstraße
und betrat die nächstbeste Apotheke.
»Aspirin? Geht’s
Ihnen nicht gut?«, fragte die Apothekerin. »Da sind Sie heute nicht die Erste. Das
Wetter …« Sie schob eine Packung Tabletten über den Ladentisch.
Katinka gab ihr
zehn Euro und steckte das Wechselgeld ein. »Sie haben keine schlechte Position hier,
wenn die Landesgartenschau erst eröffnet hat!«
»Kann sein. Hoffen wir, dass die Besucher nicht alle krank sind.« Die Apothekerin
senkte die Stimme. »Wobei es mir in dieser Nachbarschaft allmählich nicht mehr geheuer
ist. Erst die abgetrennten Gliedmaßen. Und dann der Mord!«
»Der Mord ist ganz
sicher nicht auf dem Gelände passiert.«
»Das stand in der
Zeitung, aber … unheimlich ist es allemal.«
Katinka nickte
zum Abschied und ging. Draußen riss sie die Packung auf und kaute die erste Tablette.
Himmel, sie war nicht der Typ für Kopfschmerzen, war es überhaupt nicht gewöhnt,
dass ihr irgendwas wehtat. Der Verkehr rauschte an ihr vorbei. Wie merkwürdig dieses
Gaustadt war! Eine schnurgerade Hauptstraße, zerschnitten vom Verkehr, und dann
dieser langgezogene Hang, wo sich Wohnhäuser erstreckten, weit hinauf, eine Ecke,
die Katinka sich noch nie näher angesehen hatte. Gleich am gegenüberliegenden Regnitzufer
waren neue Häuser gebaut worden.
Weitere Kostenlose Bücher