Rosengift - Die Arena-Thriller
hatte, machte die kleine Enttäuschung über seinen plötzlichen Aufbruch wieder wett. Konnte es wirklich sein, dass sich dieser Wahnsinnstyp für sie interessierte? Auf einmal war sie aufgekratzt. Sie hatte das Gefühl, keine Minute länger still sitzen zu können. Sie würde jetzt zahlen und dann den Rest des Nachmittags shoppen gehen. Sie brauchte dringend neue Klamotten. Und Schuhe! Diese flachen Kleinmädchenballerinas waren ja schon fast peinlich. Wenn man einen älteren Freund hatte, dann konnte man so nicht mehr herumlaufen. Sie musste bei dem Gedanken lächeln. Matilda und Christopher – das klang gut.
Die Bedienung kam, Matilda beglich die Rechnung. Sie stand auf und stand für einen Moment vor dem Café, noch unschlüssig, in welche Richtung sie gehen sollte. Plötzlich sah sie Patrick. Da, hinter einer Familie, die durch die Fußgängerzone schlenderte, hatte sie einen Blick auf ihn erhaschen können. Er hatte sich in derselben Sekunde, in der sie ihn entdeckt hatte, umgedreht, hastig, wie es schien. Nun ging er mit raschen Schritten davon. Matilda folgte ihm. Ja, das war er, sie erkannte seine Frisur und seinen Gang. Das konnte doch kein Zufall sein! Sie drängelte sich durch die Menschen, die letzten Meter rannte sie hinter ihm her, dann, als sie ihn erreicht hatte, stieß sie ihn unsanft an der Schulter an und rief: »Jetzt reicht’s mir! Warum spionierst du mir… Entschuldigung. Das… das war eine Verwechslung. Tut mir leid.«
Der Angerempelte hatte sich erschrocken umgedreht.
Himmel, war das peinlich! Matilda wäre am liebsten im Boden versunken.
Der junge Mann schüttelte den Kopf, murmelte etwas, das sich wie »total durchgeknallt« anhörte, und ging rasch weiter.
Matilda sah ihm nach. Wie hatte sie diesen Mann für Patrick halten können? Er war bestimmt schon Mitte zwanzig und ein gutes Stück größer als Patrick. Okay, seine lockigen blonden Haare sahen von hinten wie die von Patrick aus und auch sein Gang war ähnlich, aber das war dann auch schon alles. Von einem Doppelgänger konnte man bei näherem Hinsehen beim besten Willen nicht sprechen. Sie musste sich wirklich mehr zusammenreißen, der Mann hatte völlig recht, sie benahm sich ja tatsächlich wie eine Irre!
Die Lust auf einen Einkaufsbummel war ihr vergangen, Matilda beschloss, nach Hause zu fahren. Auf dem Weg zur nächsten Straßenbahnhaltestelle kam sie an einem Kiosk vorbei und erstand eines dieser Girlie-Magazine, dessen Umschlag versprach: Schminken wie die Models – die Tricks der Profis.
20
Als sie etwas später die Gartenpforte aufdrückte, kam ihr Angela entgegen und erklärte ihr wortreich, dass in der Küche noch Pasta stünde. Allerdings sei sie inzwischen kalt, schließlich hätte sie sie schon viel früher zu Hause erwartet.
»Ich hatte länger Schule.« Matilda hatte keine Lust, sich von Angela ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen.
»Morgen kommt Enzo und macht den Vorgarten«, informierte sie die Haushälterin.
»Okay, danke«, sagte Matilda. »Auch für die Pasta.«
Sie ging in die Küche, aber als sie den Kühlschrank öffnete, merkte sie, dass sie keinen Hunger hatte. Sie war viel zu aufgekratzt, um zu essen. Den peinlichen Vorfall mit dem fremden Mann hatte sie schon wieder fast vergessen. Jetzt dachte sie an Christopher. Ob ihm wirklich etwas an ihr lag? Ob er daran dachte, ihr seine Nummer zu schicken? Sie schlug die Zeitschrift mit den Schminktipps auf, musste aber feststellen, dass sie so wie die abgebildeten Mädchen nicht aussehen wollte. Und einiges, was da empfohlen wurde, kannte sie gar nicht. Was, zum Teufel, war ein Concealer?
Das Handy klingelte. Christopher? Es war Anna.
»Wo bist du?«
»Zu Hause.«
»Ich komm rüber. Ich muss alles wissen!« Schon hatte sie wieder aufgelegt. Matilda lächelte. Sie freute sich darauf, mit ihrer Freundin über Christopher zu reden. Und Anna konnte ihr dann auch gleich mit den Schminktipps helfen.
Miguel kam hereingeschlendert. »Wo warst du denn? Angela hat köstliche Nudeln gekocht, du hast was verpasst.«
»In der Stadt«, entgegnete Matilda und konnte nicht widerstehen zu sagen: »Mit Christopher, Eis essen.«
»Oh«, sagte Miguel nur. Auf dem Weg zur Kaffeemaschine warf er einen Blick über Matildas Schulter und feixte.
»Was gibt es zu grinsen?«
»Seit wann liest du solche beknackten Zeitschriften?«
»Schon länger«, log Matilda.
»Soso.«
»Hör sofort auf, so dämlich zu grinsen!«, rief Matilda, merkte aber, dass auch sie
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