Rosenmörder (German Edition)
weibliche
Gegenstück zu einem Womanizer, fragte sich Ottakring. Manizer vielleicht?
Männerheldin statt Weiberheld?
»Soll ich dir eine Rose schenken?« Kirchbichler meinte tatsächlich
Ottakring. Der jungen Frau warf er eine Kusshand zu.
Absolut. Jetzt reicht’s aber! Ottakring hielt es nicht länger mit
diesem Kotzbrocken aus. Abrupt wandte er sich um.
Ein unangenehmes Schweigen hatte in den letzten Sekunden zwischen
ihnen geherrscht. Kirchbichler setzte sich wieder an das Instrument, und Ottakring
verließ mit forschem Schritt den Raum. Nach diesem Auftritt musste er etwas
trinken.
Auf dem Weg zur Bar traf Ottakring auf die trauernde Familie. Sie
hatten es sich in einer der zahlreichen Lounge-Ecken gemütlich gemacht, umgeben
von schmatzenden, lachenden Menschen. Frau Scholl erzählte gerade einen Witz,
Klein-Ferdinand klimperte auf einer Gitarre. Nur der silberhaarige ältere Herr
hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt, hielt die Hände gefaltet und wirkte
angespannt.
Ein Maskenball, dachte Ottakring, kein Leichenschmaus. Die sind
aufgeräumter als das ganze Hotel. Er nickte der Gruppe kurz zu und ging weiter.
Zurückgekehrte Skifahrer mit viel Durst, ein paar belesene
Hotelbewohner und Trauergäste, die ein wenig Zerstreuung suchten, hielten die
Bar besetzt. Mittendrin drehte die quirlige Rosenverkäuferin ihre Runde.
Ziemlich gschaftlhuawerisch, wie Ottakring fand. Als er sein Pils halb geleert
hatte, kam er darauf, was er vermisste: den Herr Huber.
Eine knappe Millisekunde später stand er an der Hundebar. Der
Wassernapf war da, der Futternapf war da – nur der Huber nicht. Er spürte,
wie ihm das Blut ins Gesicht stieg. Langsam drehte er sich um.
»Wo ist mein Hund?«, fragte er den Rezeptionisten mit einem
gefährlichen Unterton in der Stimme.
Der tat harmlos. »Ihr Hund? Der Herr Huber?«
»Ja, verdammt! Mein Huber – wo ist er? Sie wollten doch auf ihn
aufpassen!« Der Kerl hatte eine hübsche Gurgel. Ob sie beim Umdrehen wohl
knackte?
»Oh! Der Herr Kirchbichler wollt mit ihm Gassi gehen. Er hat gsagt,
Sie hätten ihm das ogschafft. Gibt’s ein Problem?«
Vorhin noch nicht. Aber jetzt. Das konnte ja heiter werden. »Wo ist
Herr Kirchbichler jetzt? Ist er im Haus?«
Fingerspitzen ratterten über das Schlüsselbrett. Bei 302 blieben sie
hängen. »Sein Schlüssel ist nicht da. Aber das will nichts heißen. Er steckt
ihn manchmal einfach ein.«
Ottakring hetzte nach oben. Suite 302 war verschlossen. Dann schoss er wieder nach
unten. Er erkundigte sich. Kirchbichler fuhr einen dunkelgrünen Jaguar mit
Kufsteiner Nummer. Nur – da war kein Jaguar auf dem Parkplatz weit und
breit.
Draußen war’s stockfinster, und es begann zu schneien. Ottakring sah
das Bild seines Hundes vor sich, der blind hinter einem Fremden herlief. Was
zum Teufel hatte Kirchbichler mit ihm vor? Da hörte er ein leises Jaulen, ein
Wimmern, das innerhalb von Sekunden zu einem wütenden Kläffen anschwoll.
»Huberlein«, rief Ottakring halblaut und besorgt. Er sah sich um.
Das Bellen hatte aufgehört. Herr Huber hatte die Stimme seines Herrn erkannt
und lag auf der Lauer. Umso empörter legte er wieder los, als sich nicht
augenblicklich etwas tat.
Der orangefarbene Müllcontainer war drei Meter breit, eineinhalb
Meter hoch und seine metallene Außenhaut ringsum bedeckt mit Schrammen. Der
Deckel lag fest auf dem Metallkörper. Als Ottakring ihn vorsichtig lupfte, wäre
ihm sein Hund fast um den Hals gefallen. Herr Huber sah erlöst aus und stank
unsäglich. Sein Herr dagegen trug Rache- und Mordgedanken im Herzen. Er barst
vor Wut und Ohnmacht. Das sollte Kirchbichler büßen!
Lust auf mehr?
Diesen und viele weitere Krimis finden Sie auf unserer Homepage unter
www.emons-verlag.de
Weitere Kostenlose Bücher