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Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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lose, ein
Stapel Faltprospekte vom Haus, ein Schälchen mit Pralinen, ein Tütchen
Fruchtgummi sowie ein Foto des Patrons mit Autogramm, umstreut mit getrockneten
Blümchen. Laut Getränkekarte kostete Ottakrings Weißbier ein Viertel seines
Gehalts. Eva M. hätte für ihren Espresso ein ganzes Monatssalär hinzulegen
gehabt.
    »Es ist wie eine Plage«, setzte Eva M. Ottakring ins Bild. Sie
beschrieb, wie die Automobilindustrie in Ingolstadt deutschrussische Arbeiter
angelockt und die vorhandenen türkischen weggelobt hatte.
    »Sie waren halt der Meinung gewesen, die Russen seien fleißiger,
hätten ein besseres technisches Verständnis und seien weniger krank.« Das Ende
vom Lied sei gewesen, dass die Türken mit dem Messer auf die Russen losgegangen
seien. Die Russen hingegen hätten, versaut vom Balkankrieg, sofort zur
Feuerwaffe gegriffen. Inzwischen seien die Türken ruhiger geworden. Nun hätten
die Russen der Invasion von Ukrainern und Armeniern den Kampf angesagt. Und
Tschetschenen. »Die schlagen mit einer Brutalität zu, das ist unglaublich. Die
Kriminalitätsrate steigt wie eine Ölaktie kurz nach der Bohrung. Drogenhandel
und Prostitution breiten sich aus …«
    »Alles klar«, sagte Ottakring. Während die Bedienung dezent einen
zweiten Espresso servierte, schilderte Ottakring detailliert die Vorkommnisse
in seiner Nachbarschaft. Die Kratzspur am Porsche, die tote Katze im Garten,
schließlich das Grauen mit Herrn Huber. Das Resultat der bisherigen
Ermittlungen.
    Eva M. wiegte nachdenklich den Kopf. »Weiter«, sagte sie, ohne
belehrend zu wirken. »Erzählen Sie mir von den Mordfällen. Ich kenne sie bisher
nur aus der Presse.«
    Alois Engel stranguliert. Die schwarze Rose in einer Fleischtasche
unter der Achsel. Die Erschießung Kemals bei Ottakrings Hochzeit und der
versuchte Mord an Chili. Nebenbei die Bombe in seinem Auto. Die Wirtin
stranguliert und enthauptet. Auch in ihrem Leichenteil die Rose. Schließlich
der geköpfte Fuchs.
    Er bestellte sich, selbst auf die Gefahr hin, dass er einen Monat
lang mit Wasser und Brot auskommen musste, noch ein Weißbier.
    »Können Sie da einen markanteren Faden erkennen als ich?«, fragte er
die junge Kommissarin. »Machen Sie Zusammenhänge aus, die uns bisher verborgen
geblieben sind?«
    Eva M. schien sich nur für den kleinen Kaffeelöffel zu
interessieren, den sie auf der Ahorntischplatte hin und her schob. Zehn
Sekunden, zwanzig Sekunden, dreißig. Dann schnellte ihr Kopf nach oben.
    »Das ist genau ihr Muster«, rief sie so laut, dass die Bedienung am
Kuchenbüfett fast einen Teller mit Schwarzwälder Kirsch fallen ließ. Dann
dämpfte sie ihre Stimme. »Bei der Hochzeit, da bin ich mir nicht so sicher.
Aber bei den anderen – Russen! Mit Russen, Herr Ottakring, da meine ich
pauschal alle Völker, die einmal unter dem Dach der Sowjetunion zusammengehalten
worden waren. Nicht nur die Menschen aus dem heutigen Russland.«
    Sie schilderte, wie in der Ingolstädter Slawenszene innerhalb kurzer
Zeit fünf Menschen – drei Armenier, ein Ukrainer, ein Türke – von
hinten erdrosselt worden waren. In einem Fall hatte die Tatwaffe sogar neben
dem Körper gelegen – eine Garrotte, handgedreht. Auch diesen Leichen war
post mortem eine Verzierung eingekerbt worden.
    »Die Rose, die man bei dem Bürgermeister und bei der Wirtin gefunden
hat …« Eva M. verschränkte die Arme auf dem Tischchen zwischen ihnen
und beugte sich vor. »… war die aus dünnem Schwarzblech, gehämmert und
schwarz lackiert?«
    Eva M. hielt inne und ergötzte sich an der Sprachlosigkeit
ihres Gegenübers.
    »Die Rose, Herr Ottakring, ist so etwas wie das zentrale Symbol der
russischen Mafia. Bei der Weihe zum Mitglied einer Gruppe wird eine Rose auf
die Brust tätowiert. Es ist also praktisch schon das Einsteigersymbol. Die Rose
hat eine hohe symbolische Bedeutung.«
    Ottakring nahm zwei tiefe Schlucke.
    »Ist Ihnen eigentlich klar, Herr Ottakring, wie viele Russen sich in
Aschbach aufhalten? Ich hab das mal recherchiert. Sieben Prozent der Einwohner
sind Russen. Oder eben Bürger aus dem ehemaligen Sowjetreich.«
    »Was ja nichts Verwerfliches ist«, erklärte Ottakring. »Die sprechen
Deutsch, haben meist einen deutschen Pass und Arbeit.«
    Eva M. lächelte schief. »Ihre Ethik in allen Ehren, Herr
Kriminalrat. Doch ich hab’s ausschließlich mit organisierter Kriminalität zu
tun. Da meint man immer, Mafia, das wär die italienische Cosa Nostra, die
Camorra oder die

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