Rosenmörder (German Edition)
warum auf diese Weise?
Und nun der Mord an der Wirtin. Dieser Annemirl. Forscht nach, wer diese Frau
ist. Wir müssen herausfinden, ob ein Zusammenhang besteht oder ob die Opfer
doch zufällig ausgewählt wurden.«
Ottakring fiel auf, dass Dr. Adamina Tordarroch die meiste Zeit
still dagesessen hatte. Und dass Bruni sie mit den Augen verschlang. Ob sie es
nicht registrierte? Oder ließ sie ihn einfach gewähren? Nun hob sie die Hand.
»Die Art, wie der Täter die Opfer zu Tode stranguliert hat, zeugt
von hoher professionalism . Entweder er hat schon
hundert Menschen auf diese Weise umgebracht, oder …?«
»… oder?«, hakte Ottakring mit emporgezogenen Augenbrauen nach.
»Was ich meine: Wenn er wirklich hundert Menschen mit einer Garrotte
gekillt hätte, regardless of where on earth , wüssten
wir es. Könnte es nicht sein, dass er es trainiert hat? Dass er darin so viel experience hat wie ein Boxer, der hundert-, nein tausendmal
den linken Jab übt? Das muss ja nicht unbedingt am lebenden Objekt
stattfinden.«
Was wusste diese Frau über den Boxsport? Schuster würde seine Freude
an ihr haben.
»Und? Wer übt so etwas?« Unverhohlen sah sie Bruni in die Augen.
Der war entzückt und sofort bereit. »Kampfschwimmer. Ranger.
Mitglieder von Sondereinheiten. GSG 9 …«
»Also im Wesentlichen Soldaten mit Spezialeinsätzen, right ?« Sie schob die Ärmel zurück. Eine funkelnde
Armbanduhr kam zum Vorschein. »Oh, excuse me, gentlemen ,
ich muss kurz runter zu Sir Francis. He needs to go for a pee . Er muss mal.« Sie warf
Ottakring einen Blick zu, der ein Murmeltier aus seinem Loch getrieben hätte. » See you later , Joe.«
Bruni zuckte zusammen. Trotzdem öffnete er mit einer erlesenen
Verbeugung die Tür.
Oh Mann! Wie recht die Lady hatte! Wieso war er nicht selbst darauf
gestoßen? Sofort flogen Ottakrings Gedanken zu Andi Wildschitz. Der war
Berufssoldat gewesen. Und er hatte ein Motiv. Chili hatte ihn schon einmal
unter die Lupe genommen.
»Das muss unbedingt noch einmal vertieft werden«, ordnete er an.
Bruni trug eine sorgenvolle Miene zur Schau.
»Na, Bruni? Traurig, dass Ihnen die Lady entwischt ist?«
Langsam schüttelte der Erkennungsdienstler den Kopf. Er sprach leise
und nachdenklich. »Nein. Gewisse Gedanken sind natürlich so unangenehm, dass
sich alles in einem dagegen sträubt, sie an sich herankommen zu lassen.« Seine
knallblauen Augen schossen Blitze in Ottakrings Richtung.
Der Kriminalrat wusste plötzlich nichts mehr zu sagen.
Bruni fuhr fort. »Wir sitzen hier zusammen und gehen die Morde an
Engel und der Wirtin durch. Nicht ein einziges Mal haben wir die brutale
Ermordung unseres Kollegen erwähnt. Den Mord an Kemal. Und Chili ist ja auch
noch lang nicht über den Berg. Klar, der Polizeidirektor hat sich persönlich in
die Aufklärung eingeschaltet. Aber wir stehen doch an der Front, Herr
Ottakring. Kemal und Chili sind schließlich unsere Kollegen.
Nicht seine.«
In Ottakrings Kopf hallte das Echo von Brunis Worten wider. Er
merkte, dass ihm schlecht wurde. Vielleicht brauchte er auch nur Lolas
Zuwendung oder einen Schnaps.
Eine gequälte Stimmung lag plötzlich im Raum. Die zwei anderen
Beamten rutschten unruhig hin und her.
»Bruni, Sie haben ja recht«, sagte er. »Wissen Sie, was mir die
ganze Zeit im Kopf herumvagabundiert? Die Frage nach dem Warum. Warum Hastemir?
Warum Toledo? Warum ich? Mein Hund, der Anschlag auf der Hochzeit, die Bombe in
meinem Auto. Wo ist der Grund zu suchen, Bruni?« Je häufiger er diese Frage
formulierte, desto intensiver wurde das Gefühl, etwas übersehen zu haben. »Will
man uns damit etwas sagen? Ein Zeichen setzen? Oder handelt es sich um einen
Irrtum? Ein Versehen?«
Alles war möglich. Solange sie auf der Stelle traten, war alles
möglich.
»Und noch etwas. Wenn ich jemanden umbringen will, schon gleich in
aller Öffentlichkeit, ziehe ich mir dann einen Trachtenanzug an? Damit ich
leuchte wie eine bunte Kuh? Chili hat ganz klar einen Mann in Tracht erkannt,
ein Zeuge hat einen Mann in Tracht auf dem Weg zu den Toiletten bestätigt.
Natürlich ist nicht auszuschließen, dass diese Person ein Mitglied des
Gebirgsschützenzugs gewesen ist. Auch von denen waren welche auf der Toilette
gewesen. Wir müssen das im Auge behalten.«
Die beiden Beamten hatten bisher geschwiegen. Jetzt meldete sich der
eine. Er war hager und trug einen grauen Tweed-Anzug mit passender Schirmmütze.
»Die Umstände erwecken eindeutig den Anschein, als
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