Rosenmörder (German Edition)
ihn lag nichts vor. Doch schien dieser
Kosmos sein Leibwächter gewesen zu sein. Eva M. hatte ihn und den Lada vor
dem Schlösschen gesehen. Grund genug, Gubkin einen Besuch abzustatten.
Ottakring drückte die Kurzwahl des Fuhrparks. Als er aufgelegt hatte, klingelte
das Telefon auf seinem Schreibtisch.
»Herr Ottakring, Habedehre, der Huawa hier. Da steht eine Frau bei
mir an der Pforte und will jemand sprechen wegen dem Zeitungsartikel von heut.
Was mach ich mit der?«
Aha, dachte Ottakring. Die Leute melden sich. Oberbayern ist ein gutes
Land – oberflächlich gesehen.
»Lass mich mal mit ihr sprechen«, sagte er.
Am Telefon hörte er sich kurz an, was die Frau zu sagen hatte.
»Huawa, bring sie hoch zu mir.«
Sie mochte Mitte zwanzig sein, zierlich, trug wie zur Dekoration
einen winzigen Rucksack aus schwarzem Leder und ein Piercing in der Nase. Sie
kniff die Augen zusammen, als er sie in den Konferenzraum bat.
»Ich hab die Zeichnung von dem Mann gesehen und das Bild von dem
Auto. Der Mann hat mich in diesem Auto gevögelt.«
Ottakring spürte, wie ihm wieder einmal die Röte vom Hemdkragen
hochstieg. Trotzdem schätzte er diese Art von Offenheit. Und ihren reizenden
bayerischen Akzent. So nette Madln haben wir hier.
»Wann?«, fragte er. »Und wo war das gewesen?«
»Letzten Donnerstag, so ummerer hoiba sieme auf d’ Nacht, schätz
ich. Auf dem Waldparkplatz, dem ersten, wenn man die Autobahnausfahrt Frasdorf
nimmt, Richtung Aschbach.«
Ottakring kannte den Parkplatz. Er ließ das Mikro an. Sie
berichtete, wie sie das blaue Auto angehalten hatte, er sie auf der Ladefläche
vernascht habe – »Nein, das war ganz freiwillig. Ich hab zur Zeit keinen
Freund und war halt scharf wie Nachbars Lumpi« – und wie er wieder
zurückkam, um mit ihr ein Glücksspiel zu machen.
»Ich hab ja erst jetzt mitgekriegt, mit wem ich’s da zu tun gehabt
hab. Der hätt mich ja glatt umbringen können.«
»Allerdings«, gab Ottakring ohne Ironie zurück. »Was war das für ein
Glücksspiel?«
»Na ja, er hat mich raten lassen, in welcher Hand er diese Rose
hat.«
»Wie bitte? Welche Rose?«
»Na ja, da war so eine schwarze Rose. Aus Holz, wie man sie im
Dekoladen kaufen kann.«
»Oder aus Metall?«
»Kunnt aa sei.«
»Und er hat Sie raten lassen, in welcher Hand er sie versteckt hat?«
»Genau! Ich hab auf seine rechte Hand getippt. Die war leer. Die
Rose war in der anderen.«
Ottakring fasste in die linke Jackentasche, umklammerte ein
Streichholzheftchen, ballte die Hände zur Faust und kreuzte sie.
»So etwa?«
Sie tippte auf die rechte Hand. Er öffnete sie. Sie war leer.
»Genau so. Ja, so war’s.«
Er klappte die linke auf.
»Und hier drin war diese Rose?«
Die Rose aus Schwarzblech, rund gehämmert und schwarz lackiert. Wie
bei Engel. Wie bei der Annemirl.
»Ja. Klar.«
»Du hast verdammtes Glück gehabt«, sagte er. Unwillkürlich duzte er
sie. Sie hätte seine Tochter sein können.
»Das hat er auch gesagt«, sagte sie. »›Du hast Glück.‹ Dann hat er
ausgespuckt und ist abgerauscht. Mitgenommen hat er mich wieder nicht.«
Er musste herausfinden, was das bedeutete. Ein Mörder, der seinem
Opfer den eigenen Tod auslosen ließ. Was ließ sich daraus folgern?
»Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen?«
Es schien, dass sie auf die Frage gewartet hatte, so rasch kam die
Antwort.
»Scho. Der Mann hatte eine Gebirgsschützenmontur an. Ich glaub, die
Aschbacher. Ich kenn mich da ein bisserl aus. Mein Exfreund war auch bei die
Gebirgsschützen. Deswegen wollt ich den Typ ja gleich vögeln.«
Ottakring schüttelte ungläubig den Kopf. Schon wieder diese
Maskerade. Da läuft einer mitten unter uns als falscher Gebirgsschütz herum,
und wir kriegen das nicht mit. Unglaublich!
»Und? Noch was?«
»Scho. Für einen Gebirgsschützen hat der eine echt coole Aussprach
ghabt. Des is nie und nimmer a Gebirgsschütz, hab i glei denkt. Der redt wia a
Russ. Dabei ham mir gar net so vui gredt.«
Er hatte es sich anders überlegt. Er steckte die
Porscheschlüssel ein. Unter der Tür stieß er auf Eva M.
»Bei mir war eine Russennutte«, sagte sie.
»Wie bitte?«
»Halt eine von den Bewohnerinnen des Puffs in der Kufsteiner Straße.
Mon Chérie. Sie hat den Artikel im OVB mitgekriegt. Kosmos war einer ihrer Kunden.«
»Hat sie ›Kosmos‹ gesagt?«
»Nein, hat sie nicht. Nur dass er sie vier Stunden hergenommen hat,
hat sie gesagt. Sie heißt Galina, ist sehr blass und hat schlechte Zähne.
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