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Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Gubkin
war einer dieser neureichen Russen, von denen man in der Presse las. Wie
stellte er sich den Herrn vor? Eine finster dreinblickende Gestalt, ein
Kraftprotz in Jeans und Muscleshirt, pfundweise Gel im Haar, neureiches
Lächeln, neureiches Gehabe. Geschmack Fehlanzeige, Kleingeld in Hülle und
Fülle.
    Zuerst empfing ihn eine vertrocknete, mürrische Alte an der Tür. Ihr
zeigte er seinen Dienstausweis. Es hätte auch sein Lottoschein vom letzten
Samstag sein können. Sie rief ihre Herrin.
    Als die Gubkinowa ihn am Eingangsportal empfing, hätte er beinahe
einen Pfiff der Bewunderung ausgestoßen. Er hatte eine korpulente Blondine mit
hochgestecktem Haar erwartet, grell geschminkt, an der Grenze zum Ordinären.
Diese Frau aber war sportlich und modisch gekleidet, hatte aristokratische Züge
und strahlte ihn mit einem umwerfenden Lächeln an . Ihm verschlug es den Atem, als sie ihn aus halb geschlossenen Augen musterte . Ihn belustigt musterte, so kam es ihm vor.
    »Kommen Sie, Herr Kommissar«, sprach sie fast akzentfrei. »Sie
wollen sicher meinen Mann sprechen. Er ist oben.«
    Der Anblick ihres Mannes traf ihn nun wie ein weiterer
Schlag, und ein Großteil seiner Selbstsicherheit war wie weggeblasen. Dieser
Mensch sollte Gubkin sein? Vor ihm stand ein Mann, der ihn an den Dirigenten
Riccardo Muti erinnerte. Mittelgroß und schlank, wache blaue Augen, feine
Gesichtszüge, umrahmt von schulterlangem Haar. Gubkin setzte sich an einen
Konzertflügel in einem Raum, in dem sich nicht viel mehr befand als das
Instrument. Der Deckel des Flügels war geöffnet.
    »Na los, fragen Sie schon«, forderte er den Kriminalrat mit sanfter
Stimme auf. »Nehmen Sie Platz.«
    Ottakring musste sich von seinem ersten Eindruck losreißen. Sich
zwingen, die Fragen zu stellen, die er sich bei der Herfahrt überlegt hatte.
    »Ich glaub, ich geh dann mal besser«, sagte Wildschitz. »Ich werd im
Büro erwartet.« Mit einem knappen Händedruck verabschiedete er sich.
    Ein übler Gedanke zuckte durch Ottakrings Gehirn. Hatte er je von
Korruption in der bayerischen Administration gehört? Er wollte sich sachkundig
machen.
    »Haben Sie den Mann gekannt, der in dem hellblauen Lada saß?« Das
war Ottakrings erste Frage.
    Gubkin hatte sich erhoben. Er verschränkte die Arme vor der Brust.
Die Antwort ließ keine Sekunde auf sich warten.
    »Herr Kommissar, der Tote war mein Leutnant, ein Smotrjaschtschij,
wie wir in meiner Heimat sagen. Mein Fahrer, mein Hausmeister, mein Mädchen für
alles.«
    »Wenn er Ihnen so nahestand, weshalb haben Sie sich dann nicht
gemeldet, als Sie ihn vermissten?«
    »Kosmos war ein freier Mann. Er musste keine Rechenschaft über seine
Zeit ablegen. Es war nichts Ungewöhnliches, dass er mal wegblieb.«
    Jetzt stellte Ottakring die Frage, die ihm die ganze Zeit schon auf
der Zunge lag. Und er beobachtete Gubkin dabei sehr genau.
    »Haben Sie Kosmos getötet?«
    Gubkins Lächeln verschwand. Daneben zuckte er mit keiner Wimper.
    »Nein«, sagte er bestimmt. »Natürlich nicht. Ich habe mit einer
solchen Frage gerechnet. Nein.«
    »Wie konnten Sie die Frage erwarten?«
    Gubkin schritt mit am Rücken verschränkten Händen zum Fenster und
blickte eine halbe Minute auf den Wald hinaus. Dann wandte er sich wieder dem
Kriminalrat zu.
    »Ich habe Ihnen berichtet, was Kosmos mir bedeutet hat. Wir haben
eng zusammengearbeitet, er war mir eine wichtige Stütze. Trotzdem – es
gibt nicht allzu viele Russen hier, und es bedarf keiner großen Findigkeit, die
Spur zu mir aufzunehmen, wenn einer von ihnen gewaltsam getötet wird. Ich war
mir sicher, dass Sie früher oder später bei mir vorbeikommen würden.«
    Geschickt, der Mann, dachte Ottakring.
    »Seien Sie ehrlich, Herr Kommissar. Überlegen Sie: Warum hätte ich
Kosmos umbringen sollen?«
    Ottakring blickte etwas betreten drein. Er fragte sich, was für ein
Mensch dieser Mann war. Noch wusste er so gut wie nichts über ihn, ließ sich
wahrscheinlich von seinem angenehmen Äußeren blenden. Er mochte so sein, wie er
wirkte, gehörte vielleicht zu dieser guten Handvoll erfolgreicher
Jungunternehmer, die der Nachsowjetzeit entschlüpft waren. Ein Musik liebender
Genussmensch, der sich nichts Besseres wünschte, als Rosen zu züchten. Vielleicht
steckte hinter dieser Fassade aber auch ein machthungriger Verbrecher, ein
Sadist, ein kaltblütiger Mörder. Als Erstes würde er sein Alibi überprüfen
lassen.
    »Sie werden sicher mein Alibi für Samstag am frühen

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