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Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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begegnet.
    »Evita!«
    Eva M. fuhr herum.
    Die Ordensschwester kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zugerannt.
»Leipzig! Psycho!«, rief sie.
    Natürlich. Nur eine Person auf der Erde hatte sie je Evita genannt.
Penelope. Sie hatten sich auf einem Psychologieseminar im Leipziger
Servicecenter kennengelernt und angefreundet. Penelope war etwas älter als sie,
extravertiert und immer fröhlich. Eine Frau, mit der man Pferde stehlen konnte.
Sie hatte irgendwo im Osten gelebt. Und nun traf sie diese Penelope wieder in
Schwesterntracht. Wäre sie hier auf der Fraueninsel frei laufenden Giraffen
begegnet, hätte sie dies auch nicht mehr verwundert.
    Die beiden Frauen fielen sich in die Arme.
    »Ja, so eine Überraschung!«, rief Penelope mit gerötetem Gesicht
aus.
    »Überraschung? Ein Erdbeben oder ein Tsunami käme für mich nicht
überraschender. Seit wann bist du im Kloster? Und warum?«
    Penelope wurde ernst. Sie nahm ihre Sonnenbrille ab und gab der
Mitschwester einen kurzen Hinweis.
    »Das ist eine lange Geschichte. Lädst du mich auf einen Kaffee in
den Klosterwirt ein? Zum Draußensitzen ist’s schon zu kühl.«
    Sie setzten sich ans Fenster.
    Eva M. sah die Ordensschwester neugierig an. »Erzähl«, sagte
sie verwirrt. »Was ist passiert? Fast wäre ich an dir vorbeigelaufen.«
    Drüben leuchtete der See in kaltem Aquamarin, vereinzelt
durchbrochen vom Weiß einzelner Segelboote. Penelope in ihrer Ordenstracht
strahlte eine Würde aus, die sie in weltlicher Kleidung nicht gehabt hätte. Die
schwarze Haube verdeckte die Frisur. Der weiße Schleier umrahmte ein ebenmäßiges
Gesicht, in dem sich seit Leipzig ein paar Fältchen um die Mund- und
Augenwinkel gebildet hatten.
    Penelope wartete mit der Antwort, bis sie beide einen Cappuccino
bestellt hatten. Ihre schmalen Hände lagen brav gefaltet auf dem Tisch.
    »Tja. Wo fang ich an.« Sie leistete sich ein schüchternes Lächeln.
»Ich hab dir damals schon erzählt, dass meine Ehe wackelt. Details waren damals
und sind auch heute noch tabu. Seit eineinhalb Jahren bin ich geschieden. Und
da ich jede Lust und Freude am weltlichen Leben und vor allem an der Männerwelt
verloren hatte, habe ich überlegt, mich einem Orden anzuschließen. Ich hab mich
längere Zeit mit dem Thema beschäftigt und mich schließlich für die
Benediktiner entschieden. Erst mal musste ich eine Aufnahmeprüfung machen, in
einer Art Assessment-Center. Ich wurde für würdig befunden. Das nahm ich als
Gottesurteil hin und bin dem Orden beigetreten. Mein Ordensname ist Caroline,
und weltlich habe ich meinen Mädchennamen Modrow eh nie abgelegt. Was gibt es
Schöneres, als hier in der uralten Abtei Frauenwörth auf dieser einzigartigen
Insel zu leben und Gott zu dienen.«
    Eva M. erinnerte sich genau. Penelope war mit einem
steinreichen Russen verheiratet gewesen. Sie fuhr ein als Zweisitzer
verkleidetes rotes Torpedo. Es hatte ihr in der Freizeit des Seminars weder an
Unternehmungsgeist noch an den Mitteln, ihre Vorhaben zu finanzieren, gefehlt.
Scheidung ist eine Allerweltssache. Wie kam eine attraktive junge Frau auf die
Idee, sich deswegen hinter Klostermauern zu begeben? Eva M. beschloss, mit
Fragen noch zu warten.
    »Und du?«, fragte Penelope und nippte am Kaffee.
    »Ich bin hier, um meine Mutter zu besuchen. Sie hat heute Todestag.«
    »Ach, sie ist auf unserem schönen Friedhof begraben?« Penelope
leerte ihre Tasse. »Komm, ich begleite dich, wenn du magst.«
    Draußen am Weg zur Kirche stießen sie wieder auf die Schwester, mit
der Penelope vorhin Eva M. entgegengekommen war.
    »Das ist meine liebe Schwester Matilda«, stellte Penelope sie vor.
»Sie kümmert sich um unseren Klostergarten.«
    Matilda lächelte und hielt Eva M. einen Strauß Kräuter hin.
»Ich komm grade von dort. Riechen Sie mal«, sagte sie. »Rosmarin.«
    Eva M. steckte höflichkeitshalber die Nase in den Busch. Das
Kraut war ihr nicht unbekannt. Ihr fiel auf, wie ähnlich sich die beiden
Schwestern waren. Kam das durch die gleiche Tracht?
    Penelope legte Eva M. die Hand auf den Arm.
    »Und dies ist eine gute Bekannte, Eva M.«, sagte sie zu
Matilda. Dann wandte sie sich wieder Eva M. zu und sah sie fragend an.
»Arbeitest du immer noch bei der Polizei?«
    »Einmal Polizei, immer Polizei. Raten Sie mal, was das M in meinem
Namen bedeutet«, ergänzte Eva M., nur um freundlich zu Matilda zu sein.
    »Doch nicht etwa Matilda?«
    »Aber fast. Mathilde.«
    »Hihihi. Ich …«
    Eva M. verabschiedete sich

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