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Rosenmörder (German Edition)

Rosenmörder (German Edition)

Titel: Rosenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Nachmittag
überprüfen wollen. Voilà. Ich war hier und habe telefoniert. Ich habe bestimmt
eine Stunde lang mit Russland telefoniert, sogar über Festnetz. Das lässt sich
doch leicht nachprüfen, oder?«
    »Darauf können Sie wetten.« Eine tiefe Falte bildete sich auf
Ottakrings Stirn. »Erzählen Sie mir über den Charakter Ihres Leutnants, wie Sie
ihn nennen. Sie haben sein Umfeld beobachtet. Wie war er denn so?«
    »Absolut loyal«, sagte Gubkin freundlich. »Nicht devot, kein Softie,
beileibe nicht. Kein gutmütiger Mensch, aber doch mit sensiblen Seiten ausgestattet.
Er hatte natürlich auch seine Freiheiten. Und ganz kann man einen Menschen nie
kennenlernen, ein Stück von ihm wird uns immer verborgen bleiben, meinen Sie
nicht, Herr Kommissar?«
    Auf die Blutspur, die dieser sensible Mensch hinterlassen hatte,
wollte Ottakring vorerst nicht zu sprechen kommen, auch wenn es ihm schwerfiel.
Erst wollte er noch mehr über das Netz wissen, in dem diese Spinne sich bewegt
hatte.
    Ein seltsames Gefühl überkam Ottakring. Er schaute sich kurz im
Salon um. Alles schien in perfekter Harmonie. Doch etwas stimmte nicht, und er
würde noch herausfinden, was.
    »Wie war sein richtiger Name?«, fragte er.
    Gubkin ließ ein sattes Lachen hören. »Kosmos. Er hieß tatsächlich
Kosmos. Seine Eltern haben ihn nach der ersten sowjetischen Weltraumrakete
benannt.« Er hielt kurz inne und wurde wieder ernst. »Das hat er mir erzählt,
Herr Kommissar. Ob es wirklich so war, kann ich nicht sagen. Ich habe es nicht
nachgeprüft. Er hatte hier im Haus ein kleines Büro. Sie werden bestimmt seinen
Computer untersuchen wollen. Wo er privat gewohnt hat, ist mir nicht geläufig.
Wir hatten ständigen Kontakt über Mobiltelefon. Wenn ich ihn brauchte, war er
da. Meist hat er ohnehin gespürt, wann er anzutreten hatte. Sein Gehalt hat er
cash auf die Hand bekommen. Alles andere hat mich nie interessiert. Und ihn
wahrscheinlich auch nicht.«
    Gubkin verfiel wieder stärker in seinen harten osteuropäischen
Akzent, für Ottakring ein Zeichen, dass er entweder sehr entspannt oder sehr
erregt war.
    »Das ist wie so vieles in unserem großen Russland. Alles, was in die
Zeit der alten Sowjetunion fällt, ist wie grauer Nebel. Da können Sie lange
stochern.«
    Ob er damit etwas andeuten wollte?
    »Eine letzte Frage, Herr Gubkin. Warum musste Kosmos sterben? Haben
Sie einen Verdacht, wer es getan haben könnte?«
    »Zur zweiten Frage. Nein. Zur ersten: Irgendjemand war der Ansicht,
er wüsste mehr, als gut für ihn oder diesen Jemand war.«
    »Was hätte er denn wissen können?«
    »Vielleicht hat das mit dem Nebel zu tun, von dem ich vorhin
sprach.«
    Verdammt. Dieser Kosmos war der engste Vertraute dieses Herrn
gewesen. Er war vorsätzlich in ein Idyll eingedrungen und hatte kurz
hintereinander drei Menschen auf grausame Art getötet und Ottakrings Kollegin
an die Schwelle des Todes geschossen. Und da sprach dieser freundliche Russe
ihm gegenüber von Nebel. Der Kriminalrat musste sich eingestehen, dass er
nirgendwo den festen Boden finden konnte, den er suchte.
    »Wir werden uns wiedersehen, Herr Gubkin. Bestimmt werden wir uns
wiedersehen.«
    »Das hoffe ich, Herr Kommissar. Sie sind ein freundlicher Mann.«

SECHS
    Die MS  Edeltraud legte um acht Uhr
dreißig an der Fraueninsel mitten im Chiemsee an. Eva M. hatte sich trotz
der unangenehmen Temperatur aufs Oberdeck gewagt und sich einen Kaffee
genehmigt. Nun war sie durchgefroren und wollte erst einmal die Insel umrunden,
bevor sie zum Friedhof ging.
    Morgennebel lag über dem Chiemsee, ein paar Möwen flogen wie
Kormorane so tief übers Wasser, dass die Flügelspitzen die Oberfläche
berührten. Die Geranien an den Balkonen verloren ihren Glanz, und die ersten
Blätter färbten sich. Um diese Zeit waren kaum Menschen unterwegs, die
Touristen überfielen die Insel erst später am Tag.
    Als die Glocken neunmal schlugen, bog Eva M. in den kleinen Weg
ein, der zur Kirche und zum Friedhof führte. Zwei Klosterfrauen in
weiß-schwarzer Tracht kamen ihr entgegen, sie unterhielten sich. Eine trug eine
Sonnenbrille. Eva M. hielt das für ungewöhnlich. Als sie auf gleicher Höhe
waren, grüßten beide freundlich, Eva M. grüßte zurück. Ihr Blick blieb an
der mit der Sonnenbrille hängen. Auch die andere schien überrascht zu sein.
    Nach wenigen Metern drehte sie sich um. Auch die mit der
Sonnenbrille hatte sich umgewandt. Eva M. ging weiter. Irgendwo war sie
der Schwester schon einmal

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