Rosenpsychosen
Lust, da mitzuhalten und mit Ihnen in einen Wettkampf zu treten. Wollen Sie hier sein und sich auf sich konzentrieren?«
»Ich weiß nicht.«
»Erzählen Sie mir von Martin. Wie ist er so? Wie alt ist er?«
»Wieso nennen Sie ihn Martin? Ich meine, er ist mein Mann, aber nicht Ihrer. Und Sie kennen ihn doch gar nicht.«
»Wir sollten alle Personen in Ihrem Leben so nennen, wie Sie sie nennen. Das wird Ihnen im weiteren Verlauf helfen, überhaupt zu reden. Glauben und vertrauen Sie mir. Also – wie ist Ihr Verhältnis? Wie ist Ihre Ehe? Wie lange sind Sie schon verheiratet? Erzählen Sie einfach, was Ihnen so einfällt.«
Na, das ist doch wohl ganz allein meine Sache. Du bist ja gut, ›erzählen Sie einfach‹!
»Wir sind seit sieben Jahren verheiratet. Martin ist Mittefünfzig, ein richtig guter Ehemann und super Vater. Tja, das war’s eigentlich schon. Wollten Sie noch was wissen?«
»Mitte fünfzig? Ein großer Altersunterschied.«
»Und?«
»Nichts und. Was ist das für Sie: ein guter Ehemann?«
Jetzt bin ich aber mal gespannt.
Einer, der gut bumst, laut lacht und viel Kohle hat. Das wäre doch was, hm, wenn ich dir das jetzt hinwerfen würde, was?
»Also, na ja – halt einer, der sich um seine Familie kümmert, verständnisvoll ist, auch mal die Spülmaschine ausräumt und so.«
»Ja, so steht es in allen Frauenzeitschriften. Das war nicht meine Frage. Und die Antwort, die Sie gerade gegeben haben, war natürlich alles andere als Ihre tatsächliche Antwort. Probieren Sie Folgendes: Tun Sie so, als wäre ich nicht hier, und sagen Sie ehrlich, was Sie denken. Das bringt uns hier weiter – und vor allem Sie.«
Gar nicht dumm gekontert. Ich könnte es ja mal versuchen. Obwohl.
»Sind Sie sicher, dass ich, wenn ich versuche, ganz ehrlich zu sein, auch ganz ehrlich bin? Ich glaube, ganz ehrlich, dass mich allein dieser krampfhafte Versuch um die Möglichkeit bringen wird, tatsächlich ehrlich zu sein. Und dass Sie noch viel präsenter werden, wenn ich versuche, Sie mir wegzudenken.«
Was allerdings verlockend klingt, haha.
Eins zu null für sie, das muss man ihr lassen. Mächtig auf dumm machen und in letzter Sekunde mit einem vernünftigen Gedanken herausrücken, das kann sie ganz gut. Ein Kind. Sie spielt. Helene nickte.
»Ich glaube, dass Sie die Kraft haben, ehrlich zu sein, ohne sich mich wegdenken zu müssen. Versuchen Sie es.«
Nö. – Na gut, ich versuche es, aber ganz unverbindlich.
»Hm. Ich finde, ein guter Ehemann muss zunächst einmal ein gutes Gesicht haben, eines, das verrät, dass er klug ist. Er muss zuhören, quatsch, zuhauen können, es aber auf jeden Fall als unter seiner Würde erachten, Schwächere zu verprügeln. Dann muss er natürlich gut im Bett sein und dort alles so machen, wie ich es will, und zwar ohne sich erst groß darüber zu informieren. Außerdem darf er nichts Süßes essen, es sei denn, er ist vollkommen unterzuckert. Schwammig darf er auch nicht werden. Dick ja, aber nicht schwammig. Schwammig ist man im Geiste, und dem Körper sieht man es dann an. Korpulent zu werden hat dagegen etwas mit Genussfähigkeit zu tun. Finde ich. Okay, wollen wir mal weitersehen. Ein guter Ehemann liegt seiner Frau mit seiner gesamten Habe zu Füßen, und zwar aufrecht – das ist wichtig, aufrecht! –, so, dass man ihn nicht treten muss. Nichts ist schlimmer als ein Mann, der sich vor einer Frau in den Schmutz wirft und um gute Behandlung bettelt. Sie ist dann ja geradezu gezwungen zuzutreten, oder? Ich meine, bei dieser Bettelei! Er darf keine Schwächen zeigen, optimalerweise gar keine haben. Er muss sich auch um die Kinder kümmern, aber so, dass er dabei ein Mann bleibt und nicht zu einem dieser Weicheiväter verkommt, die am liebsten noch stillen würden. Er darf sich niemals von einer Frau zum Essen einladen lassen – er hat gefälligst zu bezahlen. Ja, absolut. Und er muss abends etwas Gutes zum Gespräch beitragen. Seine Augen müssen lachen können. Sie müssen glänzen. Und kurzärmelige Hemden sind natürlich ausgeschlossen, ebenso kurze Hosen, gefärbte Haare und Solarium. Tja, sonst noch was? Ja, er darf mich um nichtsbitten und sich natürlich über nichts beklagen. Das wäre ja noch schöner.«
»Ist Ihr Mann … ist Martin so?«
»Ja.«
»Dann scheint er der große Beschützer zu sein.«
»Ist er.«
»Sie sagten, er darf keine Schwächen zeigen beziehungsweise haben. Was ist, wenn zum Beispiel seine Mutter stirbt? Darf er dann
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