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Rosenpsychosen

Rosenpsychosen

Titel: Rosenpsychosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna-Maria Prinz
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Regel selbst, für Spinnen fand sich stets ein edler Ritter in der Nähe, der sich vor nichts fürchtete. Es gab einem ein Gefühl von Geborgenheit, der Typ Frau zu sein, den Männer gerne vor Spinnen retteten.
    Die Sonne, die Marie jahrelang nicht hatte sehen wollen, war auf einmal enorm wohltuend. Der Glanz, das Strahlen, das Gold waren ihr lange Zeit zynisch und hämisch erschienen, und sie hatte den Stern zu ihrem Feind erklärt. Marie lag da, den Oberkörper leicht angehoben, und blickte ohne Sonnenbrille auf den Glitzersee, auf das kleine Schloss am gegenüberliegenden Ufer, die Wiese – wie anders sich alles in der prallen Sonne ausnahm, wie lebendig. Womöglich war alles ganz einfach, wenn sie nur bereit war, das Einfache zu erkennen und das Leben zu nehmen, wie es nun einmal war. Krankheiten, der Tod, dass eine Liebe zu Bruch geht, dass man betrügt, betrogen, angefeindet wird, mit Eifersüchteleien kämpfen muss, geliebt wird, dass man verlassen werden kann und dass man selbst verlässt, dass Kinder ihren Vater verlieren – es war alles sehr einfach und von dieser Welt. Wie die Sonne, die eben da war. Hier im Licht würde sie auf Martin und die Kinder warten und dann mit ihnen zum Schwimmen gehen.
    Als sie angerannt kamen, war Marie in ihre Lektüre versunken. Man konnte sich darauf verlassen, im ›Pschyrembel‹ immer etwas Interessantes zu finden. Gerade las sie nach, welche gefährlichen Arten von Schuppenflechten es gab.
    »Oh, eine Spinne!«, rief Brütti, nahm seine Mütze, ließ das Tier hineinkrabbeln und trug es ins Gebüsch.
    »Tapferer Brutus«, lobte Marie ihn hastig atmend und sammelteihren ›Pschyrembel‹ wieder ein, der in ihrer Panik auf einem benachbarten Liegestuhl gelandet war. »Los, gehen wir schwimmen.«
    Martin und die Kinder stürzten sich in die Fluten, und Marie, am Ufer sitzend, überlegte, ob sie ausnahmsweise einmal mit ins Wasser gehen sollte, entschied sich aber dafür, nicht gleich alles auf einmal anzugehen. Rom war auch nicht an einem Tag erbaut worden. Obwohl – wenn man richtig rangeklotzt hätte, wäre es vielleicht gegangen. Wie war es möglich, dass es all diesen Leuten nicht nur nichts ausmachte, in diese Schmutzbrühe zu tauchen und sich fleischfressenden Schlingpflanzen auszusetzen, sondern dass sie auch noch einen Heidenspaß daran hatten? Womöglich war es tatsächlich erfrischend und zuträglich, eine Runde zu schwimmen. Wie früher. Aber früher war sie ein Kind gewesen. Als Kind sprang man auch in Pfützen oder modderte im Schlamm herum. Kein Mensch würde das von einem Erwachsenen verlangen. Zehn Minuten brütete sie über der abwegigen Vorstellung, selbst ins Wasser zu gehen, als Martin sich triefend und erfrischt neben sie setzte.
    »Wie ist das Wasser denn so?«, erkundigte sich Marie.
    »Oh, es ist nass, sehr nass. Ich würde da an deiner Stelle auf keinen Fall hineingehen. Davon abgesehen, dass es wirklich ungewöhnlich nass für einen ganz normalen See ist, weiß man nie, ob es hier nicht doch Riesenkraken gibt. Und dann dieser Schmutz. Der See zählt zwar zu den saubersten des Landes, aber was heißt das schon: sauber. Es ist bestimmt besser, du bleibst noch sauberer und trocken hier sitzen. Außerdem musst du auch Rücksicht auf die Kinder nehmen. Die bekämen ja einen Schock, wenn sie dich plötzlich und unerwartet im Wasser sähen.«
    Das fand Marie auch. »Versprichst du mir, dass du zur Psychotherapie gehst, falls ich dich verlasse? Ich meine, nichtdass ich dich verlassen wollte, aber falls doch, dann gehst du mal zur Psychotherapie, ja? Männer reagieren aufs Verlassen- und Verletztwerden sehr stark und brauchen dann Hilfe. Wenn ich dich verlasse, dann ist das nämlich nicht mein, sondern allein dein Problem. Bitte verinnerliche das.«
    Martin atmete hörbar aus, schloss die Augen und hielt sein Gesicht in die Sonne. Seine nasskalte Hand grub sich in Maries Kniekehle. »Alles klar, Schnuckelpuppe. Aber vielleicht gehe ich dann auch einfach nur mal ganz entspannt einen saufen.«

13
    Operation »Garbo« wird in Angriff genommen
    sowie zwei Friseurbesuche
    Helene war überrascht, wie stark sie transpirierte. Vor Jahren hatte sie es schon einmal versucht mit dem Joggen, war aber nach zwei abgebrochenen Läufen wieder zum Nichtsporttreiben übergegangen. Was sollte man anfangen mit fünf verlorenen Kilos? Sie hätten nichts bewirkt, was ihr wichtig gewesen wäre. Abgearbeitetes Fett machte sie weder musikalischer noch belesener oder Herrmann

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