familiäre und sonstige Umfeld abzuklären. Die bisherigen Erkenntnisse sprächen jedoch nicht für ein Beziehungsdelikt.
Graziella Rosengarten hatte allein gelebt, in einer nicht besonders grossen Wohnung in einem nicht besonders hippen Viertel von Zürich. Es gab zwar einen Exmann, doch die Scheidung war viele Jahre her. Ihre Eltern lebten nicht mehr, Kinder hatte sie keine. Von einer festen Beziehung war in den bisherigen Ermittlungen nirgends die Rede. Und selbst wenn es eine solche doch geben sollte, so Karl, hätte es wohl einfachere Orte und Wege gegeben, um Graziella Rosengarten umzubringen.
Zudem hinterlassen Beziehungstäter, fuhr er fort, eigentlich immer irgendwelche Spuren. Das völlige Fehlen der selbigen weise deshalb eher auf einen Profi hin. Ob dieser zum Vornherein geplant hatte, sie umzubringen, oder ob das nur geschehen sei, weil sie ihn beim Klauen des Laptops erwischt habe, müsse vorderhand offenbleiben. Fest stünde jedoch, dass es sehr schwer sein würde, den Killer zu finden. Der habe sicher sein Auto gut versteckt irgendwo in der Nähe abgestellt und sei nach der Tat damit längst über alle Berge.
Für Karl war klar, dass es nur eine Chance gab, dem Killer auf die Spur zu kommen: Man musste seinen Auftraggeber finden. Was zur entscheidenden Frage führte: Wer hatte welches Motiv?
Ich war mir nicht sicher, ob die Beschränkung der Ermittlungen auf einen Auftragsmord wirklich im Sinne der Wahrheitsfindung stand. Das sagte ich Karl auch, für meine Verhältnisse sogar ziemlich direkt. Er murmelte etwas betreten, ich hätte ja recht, nur müsse er eben seine Kräfte konzentrieren. Für Fälle wie diesen, der zudem noch heikel sei, weil das Opfer eine bekannte Persönlichkeit gewesen war, hätte er einfach nicht genug qualifiziertes Personal.
Deswegen habe er auch nichts dagegen einzuwenden, fügte er hinzu, wenn Adelina und ich auf eigene Faust ein paar Ermittlungen anstellten. Das sage er natürlich nur als Privatmann und keineswegs als Amtsperson. Er wisse ja von früheren Fällen, dass wir zusammen ein ganz gutes Privatschnüfflerpaar abgeben. Bezahlen allerdings könne er nichts, er habe kein Budget für externe Zulieferer.
Ich versprach ihm, mit Adelina zu reden. Dann machte ich mich auf den Heimweg hinauf zu meinem Hügelhäuschen, wo bald danach Adelina eintraf. Ich berichtete ihr von Karls Ansinnen. Wir waren uns rasch einig, dass wir uns des Falls annehmen wollten. Adelina fand die Publikationen von Rosenrot so gut, dass sie deren Mörder auf keinen Fall ungestraft davonkommen lassen wollte. Mir ging es ähnlich. Ich hatte eine spannende Frau kennengelernt und insgeheim sogar auf eine Fortsetzung unseres Austauschs gehofft. Jetzt war diesem blühenden Leben ein gewaltsames Ende bereitet worden. Doch von wem und warum? Das bedurfte einer baldigen Aufklärung.
Die Sache mit der Gratisarbeit löste sich bald nach unserem Grundsatzentscheid ebenfalls in Minne auf – jedenfalls potenziell. Die Firma Spross gab bekannt, sie setze eine Belohnung für sachdienliche Hinweise aus, die zur Aufklärung der grauenhaften Mordtat an ihrer verdienten Partnerin Dr. Rosengarten führen könnten.
Die Summe war hoch genug, um uns beiden ein paar Ermittlungstage sorgenfrei zu finanzieren, oder auch ein paar Tage mehr. Wir mussten sie uns nur noch verdienen, indem wir den Mord an Rosenrot aufklärten. Beide waren wir frohgemut, dass wir das sehr bald schaffen würden. Wie konnten wir damals auch wissen, dass die Aufklärung wesentlich komplizierter und aufwendiger werden würde als gedacht?
Von:
[email protected] Betreff: Liegenschaftskauf
Datum: 26. Juni 07 : 57 : 31 MEZ
An:
[email protected] Sehr geehrte Frau Spross Döbeli
Nomen est omen, wie der Lateiner sagt. Namen sind nie zufällig. Auch nicht Ihrer. Spross. Sie werden zugeben, dass es ebenso naheliegend wie genial war, meiner jüngsten Botschaft an Sie diese Namensgleichheit zugrunde zu legen.
Ich meinerseits wertschätze sehr wohl Ihre Genialität und die Ihrer Mitarbeitenden bei der Ideenentwicklung und Ausführung Ihres neusten Projekts. Eine Mischung aus Ahorn und Platane zu züchten, das hat schon was. Könnte ein echter Kassenschlager werden. Der ideale Stadtbaum, und viel schöner als all seine Vorgänger.
Ja, ich weiss, Sie haben das Projekt unter absoluter Geheimhaltung vorangetrieben. Erst jetzt, wo der eine und andere Spross dieser Neuzüchtung pflanzfertig ist, wollten Sie allmählich daran denken,