Rosenrot
und Zorn in der eigentlichen Beziehung, doch das Ende ergab sich wie von selbst. Es war vorbei, und wir wussten es beide.«
»Hat er nach eurer Beziehung angefangen zu trinken?«
»Nein, er trank schon damals heftig. Es war einer der Gründe, warum es auseinander ging. Und er war schon versoffen genug, um sich nicht besonders viel daraus zu machen, dass ich ihn verließ. Er merkte es vielleicht nicht einmal. Er hatte eine andere Liebe. Die Flasche.«
»Hast du mit jemand darüber gesprochen?«
»Mit unseren Vorgesetzten. Aber sie waren Kumpel.«
»Kommissar Victor Lövgren, ja. Der Mann, der für ihn bürgte und dafür sorgte, dass er degradiert wurde und im Entzug landete, statt gefeuert zu werden.«
»Ich verstehe nur nicht«, sagte Kerstin Holm, »was er hier tut. Er ist Göteborger durch und durch. Was macht er in Stockholm?«
»Unter solchen Umständen wird man nach der Suspendierung versetzt«, erklärte Grundström sachlich. Dann wechselte er die Richtung: »Was ich hingegen nicht verstehe: Warum findet sich nichts über eure Beziehung in unseren Unterlagen?«
»Wir hielten uns sehr bedeckt. Lövgren war gegen weibliche Polizisten im allgemeinen und gegen Beziehungen zwischen Polizeibeamten im besonderen.«
Grundström reichte ihnen je einen flachen Papierstapel. Er selbst schien der Typ zu sein, der nie Unterlagen zu Rate zog. Hatte er ein Papier einmal angesehen, reichte das für alle Zeiten. Hjelm fand, dass das eine ganze Menge über seine Persönlichkeit aussagte.
»Dag Lundmark ist vor kurzem fünfzig geworden«, rezitierte Grundström denn auch entsprechend. »Er schloss 1975 die Polizeihochschule ab und wurde Ordnungspolizist in Göteborg, wo er blieb. 1978 heiratete er Anna Högberg, 1987 wurde er zum Polizeiinspektor, später zum Kriminalinspektor befördert, 1992 wurde er geschieden. Sie hatten keine Kinder. Danach sind keine Beziehungen registriert. Ein paar Rügen wegen tätlicher Übergriffe: 1979, 1987 und dreimal 1999. 1998 gab es die erste Anzeige wegen Trunkenheit im Dienst, zwei weitere folgten 1999. Es war offenbar ein kritisches Jahr. Im Juli vorigen Jahres wurde er schließlich wegen seines Alkoholproblems suspendiert und landete in der Entzugsabteilung von Rudhagens Privatklinik in Mälardalen. Ende Juni dieses Jahres kehrte er in den aktiven Polizeidienst zurück, und zwar als Polizeiassistent im Wachdistrikt Huddinge. Er war also erst seit knapp zwei Monaten wieder im Dienst, als es zu der tödlichen Schießerei kam. Eine kurze Zeit.«
»Unser Verhältnis begann im Frühjahr 92«, sagte Kerstin, »und endete im Sommer 94. In dieser Zeit war er häufig betrunken im Dienst. Von tätlichen Übergriffen ganz zu schweigen.«
»Lövgren hat ihm wohl kräftig Rückendeckung gegeben?«
»Ja. Sie haben zusammen Badminton gespielt.«
»Badminton?« fragte Hjelm und äugte zu dem etwas dicklichen Lundmark hinaus. »Ist das nicht ein ziemlich anstrengender Sport?«
»Man kann das Tempo variieren«, sagte Grundström überraschend.
»Man kann auch behaupten, man spiele Badminton, wenn man eigentlich in die Kneipe geht und sich vollaufen lässt«, sagte Holm bissig.
»Es gibt also nichts mehr, was dich noch mit Dag Lundmark verbindet?« fragte Grundström.
»Nein«, antwortete Kerstin Holm und drehte am Ring.
»Dann kann ich nicht erkennen, dass formal gesehen eine Befangenheitssituation besteht. Außerdem möchte ich folgendes behaupten. Du kannst es als eine Prüfung betrachten. So ähnlich werdet ihr euch als interne Ermittler fühlen – hier ist es lediglich auf die Spitze getrieben. Wir ermitteln gegen Leute wie wir selbst, Menschen, zu denen wir vielleicht ein direktes oder indirektes Verhältnis haben, Menschen, in deren Lage wir uns ohne die geringste Schwierigkeit versetzen können. Man kann sagen, dass wir die ganze Zeit, Hjelm, in unsere eigenen Herzen blicken.«
Grundström machte eine Pause und fuhr dann fort: »Nun, was sagt ihr?«
»Für mich gibt es kein Problem«, sagte Hjelm.
Und Kerstin Holm nickte kurz. »Okay«, sagte sie. »Versuchen wir‘s.«
Einen Augenblick war es still in dem engen Kabuff. Hjelm bemerkte, dass es nach Schweiß roch. Achselschweiß. Kalter Schweiß.
Dann sagte Hultin: »Nur eins noch. Wie verfahren wir ansonsten mit dem Fall? Kann ich die A-Gruppe für die Vernehmungen von Polizisten und Afrikanern einsetzen?«
»Das hatte ich gehofft«, nickte Grundström.
Hultin nickte kurz, ein einziges zufriedenes Nicken, und wandte den Blick
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