Rosenrot
abgegeben?
britt-marie rudberg: Doch, vielen Dank. Das ist schon ein toller Dank, nach einer erfolgreichen Operation in einen Becher pissen zu müssen. Weißt du, wie hart es da draußen zugeht? Weißt du, mit was für einem verdammten Stress man Tag für Tag lebt? Man kann jeden Augenblick ein Messer in den Rücken kriegen, nur weil man Uniform trägt. Das ist menschenunwürdig.
kerstin holm: Das grassiert im Moment. (Pause. Steht auf und nimmt ihre Papiere zusammen.) Wir machen bei allen Beteiligten einen Drogentest. Das ist jetzt Vorschrift. Um eurer selbst willen.
britt-marie rudberg: Bestimmt.
gunnar nyberg: Kannten Sie sich, bevor Sie nach Schweden kamen? Sie und Winston? Winston Modisane und Siphiwo Kani aus Südafrika?
siphiwo kani: Nein, wir kamen aus verschiedenen Regionen und verschiedenen Völkern. Er war aus Kapstadt. City boy. Ich stamme aus der Kwa Zulu Natal-Provinz. Als Südafrika ein richtiges Land wurde, haben wir uns gegen diese Einheitlichkeit entschieden, die andere afrikanische Länder zustande bringen wollten. Südafrika hat folgende offizielle Sprachen: Afrikaans, Englisch, Ndebele, Pedi, Sotho, Swazi, Tsonga, Tswana, Venda, Xhosa und Zulu. Und das sind nur die offiziellen.
gunnar nyberg: Hier ist viel von Sprachen und Völkern die Rede.
siphiwo kani : Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir die ganze Zeit das Gefühl haben, erklären zu müssen, dass wir eine ganz andere Vorstellung davon haben, was ein Land ist. Aber darüber wollten wir nicht sprechen.
gunnar nyberg: Nein. Sie waren enge Freunde?
siphiwo kani : Wir haben uns in der Flüchtlingsunterkunft kennen gelernt und wurden Freunde. Wir stellten fest, dass wir beide mit dem Regime aneinandergeraten waren. Auf ungefähr die gleiche Weise.
gunnar nyberg: Und wie war das? Kann man so heftig mit dem ANC aneinandergeraten? Strengt der sich nicht aufs äußerste an, eine zivilisierte Nation zu lenken? ›Flüchtling aus Südafrika‹ hört sich in meinen Ohren recht eigentümlich an. Ich habe mir die Statistik ein wenig angesehen, habe aber keine südafrikanischen Flüchtlinge gefunden. Von Afrika nach Schweden, da lag im letzten Jahr Somalia an der Spitze, danach Eritrea, Algerien, der Kongo, Äthiopien. Alle sind mehr oder weniger durch Kriege verwüstet. Aus Uganda kamen zwölf, aus Burundi elf und aus Marokko zehn. Das sind die kleinsten Posten. Dann gibt es einen Posten, der heißt ›Sonstige Staatsangehörigkeit‹ Und da sind Sie wohl mitgerechnet. Und zusammen waren Sie nicht mehr als zehn.
siphiwo kani : Südafrika hat ein umgekehrtes Flüchtlingsproblem. Es kommen Flüchtlinge ins Land. Und wir behandeln sie sehr hart. Sogar härter als Sie. Allerdings erschießen wir sie nicht. Meistens nicht.
gunnar nyberg: Worum ging es in Ihrem Fall?
siphiwo kani : Die Sicherheitskräfte. Sie dürfen nicht glauben, dass die Wandlung von einer der meistgefürchteten Organisationen zu einer demokratischen Organisation reibungslos verlaufen ist. Es war ja eine rein faschistische Organisation. Und die wirklichen Profis sind dieselben wie vorher. Ich habe in den Diamantengruben Gewerkschaftspropaganda gemacht – ich bin Grubenarbeiter. Es war nicht leicht, bloß zu versuchen, etwas zu ändern.
gunnar nyberg: Und Winston?
siphiwo kani : So ähnlich. Linksaktivist. Er arbeitete in einer Gummifabrik in Kapstadt. Da ging das Leben weiter, als wäre die Apartheid nie abgeschafft worden. Die Drähte von der Unternehmensleitung zu den Sicherheitskräften waren sehr direkt. Das sagte er.
gunnar nyberg: Aber jetzt arbeiten Sie an verschiedenen Stellen. Sie fahren also Schwarztaxi? Lohnt sich das?
siphiwo kani : Es ist gefährlich. Schwarzer Mann im Schwarztaxi mitten in schwarzer Stockholmnacht. Wenn sie kräftig betrunken sind, ist alles gut genug. Sonst rufen sie viele Schimpfworte.
gunnar nyberg: Und Winston hat schwarz bei einer Reinigungsfirma gearbeitet. Wo?
siphiwo kani : Ich glaube, er hat für eine Reinigungsfirma gearbeitet, die Reiner Raub heißt. Ich frage mich, ob es eine solche Firma gibt. Es ist ein reines Schwarzunternehmen. Ich glaube nicht, dass Sie es finden. Die Kontakte waren ziemlich zwielichtig. Sie hatten zum Beispiel keine Büros. Nur Kontaktleute, die Winston dann und wann traf und die ihm Aufträge gaben.
gunnar nyberg: Und wo hat er geputzt?
siphiwo kani : Hier und da. Großfirmen. Hotels. Es ist schwer für andere Firmen, auch so billige Angebote zu machen. Soweit ich weiß, haben dort fast
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