Rosentod: Thriller (German Edition)
hätte ein paar Tage Krankenstand eingeschoben.“
„Wegen Liebeskummer? Sag einmal, tickst du nicht richtig? Du weißt, was mir mein Beruf bedeutet.“
„Aber ja. Er ist alles für dich. Im Job fühlst du dich sicher. Da strahlst du Selbstvertrauen aus. Etwas, das dir im Privatleben völlig fehlt.“
„Spar dir deine Diagnosen. Du bist kein Arzt, du brauchst einen. Beziehungsunfähigkeit gehört behandelt.“
„Das sagst gerade du mir? Mein Gott.“
„Lass Gott aus dem Spiel. Dem wird übel, wenn er dich sieht. Da halte ich jede Wette.“
„Lassen wir das. Falls wir zusammenarbeiten, bin ich der Boss. Ohne Diskussionen. Maringer ist sowieso mit im Boot, ob er will, oder nicht. Du hingegen kannst es dir aussuchen. Der alten Zeiten wegen.“
„Das ist ja richtig großzügig von dir“, faucht sie wütend und zischt ab. Koschinsky registriert es mit einem Grinsen, wäscht sich in aller Ruhe das Gesicht ab und raucht eine Zigarette. Dann geht er ebenfalls.
Zehn Minuten später. Während sich der Leitende Staatsanwalt von der Exekutiven informieren lässt, belagern Reporter das Gericht. Interessiert beobachtet Ulla, wie ein Häuflein Uniformierter den Zugang sperrt und sich dem Journalistenansturm entgegenstellt. Eine Viertelstunde später verdrücken sich die Ermittler durch den Hinterausgang, während der Staatsanwalt zu einer ersten Pressekonferenz einlädt.
Als sie mit ihren beiden Kollegen über den Hauptplatz marschiert, kommen Ulla die Feuerwehrleute in den Sinn, von denen die Leiche entdeckt wurde. Die jungen Burschen stehen noch ganz schön unter Schock. Kein Wunder. Schließlich bekommt sie auch sofort wieder ein flaues Gefühl im Magen, wenn sie an den Anblick denkt.
Wo will Koschinsky jetzt eigentlich hin? Koffert einfach vorne weg und sagt kein Wort. Aha, der will auf den Schwammerlturm. Da hat sie nichts dagegen.
Irgendwie mag sie dieses alte Bauwerk mit seinem einzigartigen Dach. Der Turm hat so etwas Unverwundbares, Ewiges. Seine Beständigkeit tröstet sie und gibt ihr Kraft. Durchhalten. Weitermachen. Das ist die Devise.
Sie steigen in den Aufzug. Ihrem ehemaligen Lebensgefährten, der sich leise mit Maringer unterhält, schenkt sie dabei keinen Blick. Ihn auf engstem Raum auch weiterhin konsequent zu ignorieren, ist gar nicht so einfach. Es ermüdet sie. Vor dem Fahrstuhl riecht es nach Fisch. Etwas, das Ulla normalerweise mag. Heute ist es ihr bloß lästig.
„Schön ist es hier“, seufzt Koschinsky mit einem Lächeln und eilt voraus. Maringer lässt Ulla den Vortritt. Im Lokal ist es um vieles leiser als sonst. Eine Handvoll Gäste sitzt an den Tischen rechts vom Eingang. Links eine junge Dame am Tresen. Sie nippt an einem Cocktail und wirft Koschinsky einen vielsagenden Blick zu, den der mit einem zufriedenen Lächeln quittiert.
„Hallo, Ulla“, grinst der Kellner.
„Servus, Stefan“, brummt die Kriminalbeamtin und steuert ihren gewohnten Fensterplatz an, aber ihr ehemaliger Lebensgefährte hat andere Pläne. Mit festem Griff öffnet er die Tür zur Aussichtsplattform, prüft die Windrichtung, wählt einen Tisch an der stadtauswärts gelegenen Seite, setzt sich und winkt seine beiden Begleiter zu sich. Sie sind die einzigen Irren, die heute hier draußen sind.
„Und? Hast du dich entschieden?“, fragt er, als Ulla sitzt.
„Aber ja“, antwortet sie kühl. „Was bleibt mir anderes übrig?“
„Ihr kennt euch?“, fragt Maringer.
„Wir hatten in Graz miteinander zu tun“, klärt ihn Ulla auf und wirft Koschinsky einen warnenden Blick zu.
„So ist es“, bestätigt der und grinst. Ulla dreht genervt den Kopf zur Seite, schließt die Augen und genießt den Lufthauch, der den Duft des Waldes an sie heranträgt und mit ihrem Haar spielt. Nur ruhig, ermahnt sie sich und stellt sich vor, wie es wäre, dem Grazer Kollegen mit dem Kolben ihrer Dienstpistole die Nase breit zu schlagen.
Der Kellner kommt mit Sitzkissen und drei Decken. Sie nehmen dankend an. Ob er schon die Bestellungen aufnehmen dürfe?
Selbstverständlich.
Die beiden Männer ordern Pizza und Bier. Ulla hält sich an Weißbrot mit Butter und etwas Käse. Sie trinkt ein Glas Rotwein und stilles Mineralwasser. Ihr Magen ist immer noch unruhig.
Im Grunde hat sie sich ganz gut hier eingelebt, findet sie und starrt auf die City. Ulla ist ein Stadtkind. Immer schon gewesen. Sie braucht Restaurants, Cafés und Menschen. Das gibt es hier, wenn auch in geringerem Ausmaß als in Graz, aber das macht
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