Rosentod: Thriller (German Edition)
Einschaltung der Medien lassen natürlich auch nicht auf sich warten. Immer dieselbe Leier. Joe gähnt demonstrativ, dankt dem Herrgott für seine profunde Konfliktmanagementausbildung, gibt zwei Beamten einen Wink und lässt den Kerl aufs Kommissariat bringen.
Als es dämmert, muss die Suchaktion abgebrochen werden. Erleichtert ziehen die Uniformierten ab, während Koschinsky an der Strippe hängt und seinem Chef in Graz Bericht erstattet.
Eine Stunde später entlässt der Journalstaatsanwalt den Kellner aus der Haft und verpasst Koschinsky einen ordentlichen Rüffel. Der Herr Chefinspektor könne sich glücklich schätzen, wenn er ihm keine Anzeige wegen ungesetzlicher Festnahme aufbrumme, sagt er.
Koschinsky entlockt er damit bloß ein schiefes Grinsen. Lässig wischt sich der Chefinspektor ein imaginäres Stäubchen vom Sakko und geht wieder zur Tagesordnung über.
Unterdessen wird der Kellner vor dem Polizeigefangenenhaus von einer Journalistenmeute empfangen und wie ein Held gefeiert. Die Leute halten ihm so lange ein Mikrofon unter die Nase, bis er ihnen endlich ein Interview gibt.
Im Kommandotrakt des Kommissariats laufen sich inzwischen Joe und Ulla über den Weg.
„Was hast du denn?“, erkundigt er sich bei ihr. „Du bist so eigenartig? Hab ich was verbrochen?“
Ulla nickt nur, dreht den Kopf zur Seite und lässt ihn einfach stehen.
Eine knappe halbe Stunde später.
Allgemeines Treffen im Journaldienstraum. Maringer muss einem Kollegen bei irgendeiner Rauschgiftsache helfen und haut ab. Ulla wird übel, sie rennt auf die Toilette. Als sie zurückkommt, referiert der Kriminaltechniker über Hautschuppen und Haare aus dem weißen Mercedes, die er mit Material von Elke Röhm im Labor vergleichen lässt. Mit einem Untersuchungsergebnis ist frühestens in zwei Tagen zu rechnen.
„Laut den Anwohnern trieb sich Aschenbrenner schon mindestens zwei Wochen lang in diesem ehemaligen Wirtshaus herum“, erzählt Koschinsky. „Die glaubten, er hätte sich dort eingemietet. Augenscheinlich täuschte er mit dem beschlagnahmten Mercedes Taxifahrten vor. Gut möglich, dass er so an Elke Röhm herankam. Das alte Wirtshaus und die angrenzenden Gebäude wurden systematisch durchsucht. Keine Verstecke in den Kellerräumen. Keine Anzeichen dafür, dass unser Mordopfer jemals dort war.“
„Und die Alarmfahndung?“, fragt Ulla.
„Bleibt weiterhin aufrecht“, seufzt Nüssler. „Die wichtigsten Straßenverbindungen sind durch Kontrollposten gesichert. Außerdem haben wir innerhalb eines Rings von 30 Kilometern intensive mobile Polizeipräsenz angeordnet. Der Verdächtige ist zu Fuß unterwegs. Früher oder später kriegen wir ihn.“
Zustimmendes Gemurmel. Nach und nach leert sich der Raum. Ulla wartet, bis sie mit Koschinsky allein ist. Sie will mit ihm reden. Auswärts. Unter vier Augen.
„Da hab ich nichts dagegen“, sagt er. „Im Gegenteil. Kann ich dir helfen? Du wirkst so bedrückt.“
Die Chefinspektorin schweigt, schnappt ihre Jacke und geht voraus.
Der Hof ist wie leergefegt. Alle Dienstwagen sind unterwegs, nur ein grüner Nissan steht noch unterm Flachdach. Ein uralter Wagen. Stumm drückt ihr Koschinsky den Fahrzeugschlüssel in die Hand und klettert auf den Beifahrersitz. Na wenigstens das Kavaliersgehabe schenkt er sich, denkt sich Ulla und setzt sich ans Steuer.
20 Minuten später sind sie in Hauptplatznähe. Freie Parkplätze sind Mangelware. Rar wie eine Goldmine im Kohlerevier. Nervös fährt Ulla dreimal um den Häuserblock, ehe sie eine schmale Parkbucht findet. Vorne ein dicker Mercedes, hinten ein riesiger Blumentrog und eine Straßenverkehrstafel. Das Einparken wird zur nervigen Millimeterarbeit, aber es gelingt. Danach ist die Chefinspektorin ganz locker.
Der Schwarze Hund ist eins von Ullas Stammlokalen. Vom Hauptplatz nur durch einen Torbogen und einem kleinen rechteckigen Innenhof getrennt, gelangt man durch eine moderne Glastür ins Allerheiligste. Einem Gewölbe aus der Römerzeit mit Decke und Wänden aus rohem Ziegel, wobei die Mauer hinter der Theke ab und zu auch von Fragmenten eines noch älteren Steinwalls durchbrochen wird. Alle diese liebevoll freigelegten Grundfesten sind effektvoll beleuchtet. Links und rechts der Theke stehen moderne Weinregale aus Holz und Glas sowie alte Weinfässer. Der Blickfang schlechthin ist aber der aus übereinander gestapelten hölzernen Weinkassetten gebildete Tresen. Davor und daneben stehen Tische und Sessel. Alles in allem: Ein
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