Rosentraeume
der Kapelle von Windsor, als Sir John Holland Lady Joan von Kent heiratete. Die Braut er- | schien in einer so kostbaren Robe, daß man annahm, sie habe sich seit Monaten auf diese Hochzeit vorbereitet - wo sie doch in Wirklichkeit nur wenige Stunden Zeit gehabt hatte. Für ihr Unterkleid hatte sie ihre Lieblingsfarbe Rosa gewählt, darüber breiteten sich drei Lagen eines durchsichtigen weißen Stoffes aus Gent. Das Ergebnis war lediglich ein Hauch der rosa Farbe. Ihr silberblondes Haar kam ohne Schmuck aus, in seidener Fülle fiel es bis zu ihren Hüften. Um ihre schlanke Taille trug sie ihre Perlen. Perlen galten als Symbol der Tränen, und heute waren sie das für Joan.
Nur Brianna von Bedford begleitete sie, die Freundin trug rosafarbenen Samt, der zum Gewand der Braut paßte. Die meisten ihrer anderen Kleider waren bereits, genauso wie die von Joan, eingepackt worden für die Übersiedlung.
Als die untersetzte Gestalt Sir John Hollands an Joans Seite trat, bekam sie ganz weiche Knie, doch Prinz Edward stand neben ihm als sein Trauzeuge, und Joan erging sich in einem Spiel der Phantasie. In ihrem Herzen leistete sie die Eheschwüre für Edward, und sie wußte, Gott in seiner Weisheit würde es verstehen.
Briannas Gewissen war vollkommen durcheinander. Für sie war dieser Plan schockierend und betrügerisch und daher unrecht. Als Joan sich ihr anvertraut hatte, bereute sie es beinahe, ihre Freundin nicht zu einer Abtreibung gedrängt zu haben.
Denn dann wäre diese Ehe nicht nötig gewesen, aber auch das erschien ihr falsch. Eine Todsünde wäre es sogar gewesen! Also hielt sie schließlich doch zu ihrer Freundin - nicht zuletzt, weil es Prinz Edward auch allzu leicht gehabt hatte, Joan zu verführen.
Wegen der aufwendigen Vorbereitungen zur Verlegung des Hofes wurde für die Neuvermählten nur ein kleines Hochzeitsdinner ausgerichtet und kein großes Bankett. Sir John, der Haushofmeister des königlichen Haushaltes, bewohnte eine luxuriöse Suite im Schloß. Als er sich mit seiner Braut zurückzog, war Prinz Edward da, um sich um sie zu kümmern, und Holland besorgte das Festessen.
Endlich kam Joans glückliches, sorgloses Wesen wieder zum Vorschein, und sie sank voller Freude in die Arme ihres Geliebten. Die Möglichkeit, eine gute Weile miteinander verbringen zu können, in heimlichem Glück, genügte, um alle dunklen Wolken von Joans Himmel zu vertreiben.
Von seinem Platz im hinteren Teil der Kapelle von Windsor aus hatte Christian Hawksblood der Eheschließung voller Zynismus zugesehen. Was der Thronerbe dort tat, war moralisch falsch, aber vielleicht auf längere Sicht das kleinere von zwei Übeln. Nur selten kam es vor, daß ein Mitglied des Königshauses eine glückliche Ehe führte; denn es gelang kaum, dem Staat und sich selbst gleichzeitig gerecht zu werden. Er wußte, daß die fröhliche Joan von Kent gut paßte zu dem Prinzen, der die leichtfertige Natur der Plantagenets geerbt hatte. Der Schwarze Prinz war immer wesentlich leichter zu handhaben, wenn er ein paar Stunden in Joans bezaubernder Gesellschaft verlebt hatte. Hawksblood nahm sich vor, alles zu tun, was in seinen Möglichkeiten stand, um den beiden in ihrer heimlichen Beziehung beizustehen.
Sein Blick ging zu Prinzessin Isabel, die Louis, den Grafen von Flandern, heiraten sollte. Hawksblood fühlte, daß es in dieser Richtung Schwierigkeiten geben würde. Die Zukunft basierte auf der Gegenwart. Sequenz und Konsequenz. So mußte es sein.
Mit diesem Gedanken schaute er hinüber zu Brianna von Bedford. Er stellte sie sich an irgendeinem Altar in Frankreich vor, wie sie mit seinem Bruder Robert verheiratet wurde. Sequenz und Konsequenz. Er würde gleich etwas unternehmen, um die Zukunft zu ändern.
Beim Hochzeitsessen versuchte Christian, Brianna allein zu sprechen, doch sie hatte die ganze Zeit über Adele an ihrer Seite. Als er sie um ein Wort unter vier Augen bat, lehnte sie offen ab und zog sich schon sehr bald zurück; Adele nahm sie mit.
Dann probierte Christian es mit einer schriftlichen Botschaft, in der er sie bat, sich mit ihm zu treffen, doch erhielt keine Antwort. Die restlichen Tage, ehe sie nach Frankreich abreisten, vergingen, nur noch wenige Stunden blieben ihm. Hawksblood fand eine Stelle, von wo aus er die Tür zu ihren Gemächern beobachten konnte, ohne entdeckt zu werden. Vor der ersten Morgendämmerung versteckte er sich. Er lehnte sich gegen die Mauer und war bereit, notfalls bis zum Anbruch der Nacht zu
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