Rosentraeume
sich nicht von den gefälschten Knochen der Heiligen oder Splittern vom Kreuz Christi beeindrucken, sondern sie entschied sich für einen Rosenkranz aus glänzenden Samenkörnern mit einem schweren silbernen Kruzifix, von dem behauptet wurde, die heilige Theresa habe es getragen.
An einem Stand gab es alle Brettspiele, die man kannte. Isabel wählte ein Tischspiel mit Einlegearbeiten aus Elfenbein und Ebenholz, dann zahlte sie einen übertrieben hohen Preis für ein paar Würfel, deren Punkte aus Diamanten bestanden. Prinzessin Joanna meldete Zweifel an bezüglich deren Echtheit, doch Isabel brachte sie zum Schweigen. »Natürlich sind es echte Juwelen, deshalb kosten sie auch so viel.«
Joanna warf Blanche von Lancaster einen Blick zu und rollte mit den Augen, dann gingen sie weiter zum nächsten Stand, um die kostbarsten Strümpfe und Strumpfbänder des Händlers, der angeblich den französischen Hof belieferte, zu bewundern. Die Strumpfbänder waren zarte Gebilde aus Seide und Spitze, einige bestickt oder mit Edelsteinchen besetzt, andere mit Spangen. Noch weitere stellte der Händler aus, pelzbesetzte oder mit gefärbten Federn in allen Farben des Regenbogens geschmückte Dessous. Keine der Damen konnte der Versuchung widerstehen, ein Paar davon zu kaufen, doch Isabel raffte gleich ein Dutzend an sich.
Die Stände, an denen Schwerter und Waffen aus Toledo-Stahl verkauft wurden, waren von Männern umringt, doch in der Nähe hatte ein Spanier seinen Stand aufgebaut, der Stilette und verzierte Dolche für Damen verkaufte. Wieder einmal erstand die königliche Prinzessin das teuerste Stück, das der Mann anzubieten hatte, einen Dolch in einer mit Juwelen besetzten Scheide. Die Damen auf dem Festland trugen entsprechend kleine Waffen, und Isabel hatte die Absicht, diese Mode auch in Windsor einzuführen.
Brianna interessierte sich für ein Messer mit einer gebogenen Klinge. Es war gearbeitet wie ein kleiner Türkensäbel, und wieder und wieder wurden ihre Blicke davon angezogen. Sie sparte ihr Geld, um Farben zu kaufen, doch dann begann sie mit dem
Spanier zu verhandeln und hoffte auf sein Entgegenkommen. Schließlich meinte sie: »Wenn ich es heute abend beim Ball trage, werden sich morgen alle Hofdamen um Eure Dolche reißen.« Der Spanier sah dieses Argument ein und ließ das Messer für den nur doppelten Preis, den es ihn gekostet hatte. Doch Brianna war glücklich. Das Messer gab ihr ein Gefühl von Sicherheit. Sollte jemand versuchen, sie irgendwie gewaltsam zu verschleppen, dann würde sie es benutzen, schwor sie sich.
Isabel strahlte: »Seht Ihr, schon habe ich eine neue Mode geschaffen. Bedford kopiert mich bereits!«
Als Isabel dann eine Lerche in einem Käfig kaufte, versicherte ihr diese Kaufmannsseele, daß sie ununterbrochen singen würde, dafür garantierte er! Doch schon sehr bald bereute Isabel, daß sie ihren neuen Vogel Brianna anvertraut hatte.
»Die Käfigtür war kaputt«, log Brianna, und ihr Herz flog beinahe so hoch wie die kleine Lerche, die steil der Sonne entgegenstieg.
Beim Ball der Sieger waren die Herren genauso kostbar gekleidet wie die Damen. Die meisten hatten den hüftlangen Wappenrock gegen das kurze Wams getauscht, das nur bis zur Taille reichte. Dies zeigte den Damen auch den unteren Teil der Körper der Männer und überließ nichts mehr der Phantasie. Die Form der Waden, der Schenkel und der Gesäßmuskeln würden offen zur Schau gestellt; aber es waren die Umrisse der männlichen Genitalien, die die Kirchenmänner gegen eine so unzüchtige und liederliche Eitelkeit wüten ließen.
Auf der Empore zogen die Plantagenets alle Blicke auf sich. Der König prunkte in goldenem Tuch mit einer azurblauen Hose, die so eng war, daß sie aussah, wie auf den Körper gemalt. Natürlich besaß er eine genauso schlanke Gestalt wie die des beliebten Schwarzen Prinzen. Heute abend trug der Prinz sein gewohntes schwarzes Wams, doch seine Hose erregte Aufsehen: Ein Bein war schwarz, wogegen das andere in Weiß kontrastierte.
Prinz John von Gents kurze, modische Tunika zierten grüne Blätter, neben ihm saß die ätherische Blanche von Lancaster in einer Jacke mit schmalen Ärmeln, auf der Smaragde funkelten. Wieder war ihr Vater, Henry von Lancaster, zum Marschall des
Turniers erwählt worden - der einzige schlicht gekleidetete Mann in der ganzen Halle, in einer Robe, besetzt mit Pelzwerk aus Feh.
Königin Philippa stand kurz vor der Niederkunft, so daß der ganze Hof den Atem anhielt
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