Rosentraeume
bezog sie das Bett mit frischen Leintüchern und stopfte die schmutzige Wäsche in einen Kissenbezug, damit die Blutflecken nicht zu sehen waren.
Joan setzte sich vor den Spiegel und bedeckte sorgfältig die Kratzer in ihrem Gesicht mit Puder und ein wenig Sandelholz-Rouge. Ihr Mund war geschwollen, doch daran konnte sie nichts ändern. Als sie ihr Spiegelbild betrachtete, starrten sie daraus gequälte Augen an. Dies war der entsetzlichste Tag ihres Lebens! Ihr Elend wollte sie ersticken. Aber als sie vor dem Spiegel saß und sich betrachetete, beschloß sie, sich über das, was ihr geschehen war, zu erheben. Sie mußte es so weit von sich schieben, daß es sie nicht berühren konnte. Ganz langsam schwand die Verdüsterung, und sie fühlte gar nichts mehr. Sie war vollkommen betäubt. Eines meinte sie, stand fest, nach dieser Qual würde nichts auf der Welt sie mehr verletzen können.
Joan irrte sich.
Das Gesicht des Königs drückte Unglauben aus, als er die Botschaften aus Calais las. Noch einmal überflog er die Nachricht, dann verzog sich sein Gesicht in bösem Grimm. Sofort schickte er nach John Holland.
»Ich habe schlimme Neuigkeiten«, sagte König Edward mit brüchiger Stimme und versuchte, seine Erschütterung unter Kontrolle zu halten. »Der junge Edmund von Kent wurde in Calais tot aufgefunden.«
»Wie ist das passiert?« fragte Holland schnell.
»Man fand ihn in einer Gasse, von hinten erstochen!«
Holland erlebte eine Kostprobe des aufbrausenden Temperamentes der Plantagenets. »Es reichte wohl nicht, daß ich sie in die Knie gezwungen habe! Ich hätte Calais niederreißen sollen, Stein für Stein, und es dann dem Erdboden gleichmachen! Jedes lebende, atmende Geschöpf in dieser verfluchten Stadt hätte ich abschlachten sollen! Ich hätte die Stadtmauern mit den abgeschlagenen Köpfen meiner Feinde dekorieren sollen! Sie müßten in ihrem eigenen Blut ertränkt werden. Diese >gottverdammten Franzosen< sind wie Ungeziefer. Sie kennen die Bedeutung des Wortes Ehre nicht!«
»Sire, ich sage das nicht gern, aber Edmund von Kent besuchte Häuser von schlechtem Ruf. Ich habe ihn oft davor gewarnt, sich in zwielichtigen Bordellen herumzutreiben.«
Der König warf ihm einen so hochmütigen Blick zu, daß Holland geschwind einen Schritt zurücktrat und sich jeder weiteren Kritik enthielt.
»Edmund von Kent gehörte zu den Plantagenets! Mein junger Cousin war ein ehrenwerter Mann, ein tapferer Krieger und ein edler Ritter. Er wurde ganz offensichtlich bei der Ausübung seiner Pflicht getötet. Damit ist er ein Kriegstoter, genau als wäre er auf dem Schlachtfeld von Crecy gefallen!«
»Euer Majestät, er war mein eigener Schwager und ein sehr guter Freund. Wir werden seinen Mörder der gerechten Strafe zuführen, seid dessen versichert! Ich würde vorschlagen, daß Ihr Sir Neville Wiggs die Untersuchungen dieses Falles überlaßt, wenn ich so kühn sein darf, Sire. Vielleicht sollten die Patrouillen verdoppelt werden, damit kein weiteres englisches Leben gefährdet wird.«
»Großer Gott im Himmel, wie sollen wir die Neuigkeit seiner Schwester beibringen? Sie wurden als Babys schon zu Waisen, ihr Bruder ist alles, was auf dieser Welt noch zu ihr gehörte.«
»Sie hat jetzt mich, Sire«, erklärte Holland.
»Ja, ja, natürlich. Ihr müßt ihr die liebevollste Fürsorge schenken, damit sie mit ihrer Trauer fertig werden kann.« König Edward warf die Botschaft auf den Tisch. »Ich werde mit Euch kommen, um es ihr schonend mitzuteilen. Wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, um ihren Kummer zu erleichtern!«
Als Joan das Klopfen an der Tür des Zimmers vernahm, erstarrte sie vor Furcht, und ihr Hals wurde ganz eng. Als geöffnet wurde und König Edward mit Holland das Zimmer betrat, dachte sie verzweifelt, der König weiß, daß er mich vergewaltigt hat und wird ihn jetzt verhaften! Sie hörte, wie ihr Herzschlag an ihren Ohren dröhnte, so laut, daß sie die Worte des Königs kaum verstand.
»Meine Liebe, wir haben traurige Nachrichten für Euch. Ihr müßt jetzt tapfer sein. Euer Bruder Edmund ist in einem Scharmützel in Calais getötet worden.«
Joans Hand flog zu ihrem Herzen, sie fühlte, wie es brach, dann versank sie in einem schwarzen Abgrund.
König Edward hob seine zierliche Kusine in seine starken Arme. »Jesus, sie hat sich ihr hübsches Gesicht verletzt bei dem Fall«, sagte er und hob die federleichte Gestalt an seine breite Brust. »Sie ist ohnmächtig geworden«,
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