Rosentraeume
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Brianna begann sich einzugestehen, daß sie ein überwältigendes Verlangen nach Christian Hawksblood verspürte, obwohl sie das bis zum vergangenen Abend immer vor sich selbst abgestritten hatte. Ihre Freundin Joan verband eine glückselige Beziehung zu Edward, sie hatte alle Vorsicht in den Wind geschlagen. War es wirklich falsch, dem Herzen zu folgen? Warum sollte sie einer so überwältigenden Versuchung widerstehen? Sie glaubte, daß ihre Mutter Frau genug gewesen wäre, sich ihrem Verlangen hinzugeben.
Eines schien ganz sicher, ihre Mutter hatte Visionen gehabt, und Brianna wußte ganz sicher, daß auch ihr eine dieser Visionen zuteil geworden war, als sie das keltische Gewand mit den geheimnisvollen Wirkfäden übergezogen hatte.
Es war alles so überaus greifbar gewesen, doch Gott sei Dank eben nur eine Vision. Christian Hawksblood schlief in seinem Zelt auf der Wiese. Sie holte frische Kleidung aus der Kommode und goß Wasser in die Waschschüssel. Ihre Lippen zitterten, als sie Reste von Mandelöl an ihrem Körper entdeckte. Ganz sicher hinterließen Halluzinationen keine wahren Spuren.
Schnell zog sie sich an, dann machte sie sich auf die Suche nach ihrem Haushofmeister. »Mr. Burke, hat Christian Hawksblood sein Quartier zusammen mit seinen Männern auf der Wiese?«
»Nein, meine Lady«, antwortete er und strahlte. »Er hat ein Zimmer im Chiltern Turm.«
Brianna wurde es siedend heiß bei dem Gedanken an die mögliche Bedeutung, die das haben konnte.
»Ich habe mir die Freiheit genommen, Eurem Verlobten am gestrigen Abend ein Zimmer herrichten zu lassen.«
Brianna starrte ihn ungläubig an. »Meinem was, Mr. Burke?«
»Eurem Verlobten.« Unsicher geworden, sah er sie an. »Ihr habt mir doch gesagt, daß Ihr mit Warricks Sohn verlobt seid. Ist er das denn nicht?«
»Hawksblood ist Warricks unehelicher Sohn! Ich bin verlobt mit Robert de Beauchamp, Warricks ehelichem Sohn und Erben. Mein Verlobter ist bei einem Turnier in Windsor verletzt worden, und deshalb hat der König Hawksblood gebeten, vertretungsweise die Steine zu holen.«
»Vergebt mir, meine Lady. Er hat ein so großes Interesse an dem Wohlergehen Bedfords gezeigt, daß ich ihn für den neuen Herrn des Schlosses hielt.«
»Nur weil er auf die Jagd gegangen ist, um die Horde zu füttern, die er mitgebracht hat, gibt ihm das noch lange nicht das Recht, sich so wie ein Herrscher aufzuführen!«
»Es war nicht nur die Jagd, Lady Brianna.«
»Jetzt verstehe ich auch, warum Ihr glaubtet, er könnte sich so ohne weiteres die Bücher ansehen.«
»Aber er hat mir die Vollmacht des Königs gezeigt«, erklärte Mr. Burke ruhig.
»Wo ist er?« wollte Brianna erzürnt wissen.
»Er ist zum Kloster in den Hügeln von Chiltern geritten.«
»Grundgütiger Gott, in meinem ganzen Bekanntenkreis ähnelt dieser Mann einem Mönch am wenigsten!«
»Er glaubt, die beste Ware, um Bedfords Wohlstand wiederherzustellen, ist Wolle. Die Zisterziensermönche züchten ausgezeichnete Schafe. Ihre Wolle besitzt eine hohe Qualität, deshalb ist er unterwegs, um einige Exemplare zu kaufen.«
»Mr. Burke, an einem Tag behauptet Ihr, daß ich nicht genug Geld habe, und am nächsten Tag erklärt Ihr mir, daß Hawksblood die wenigen Reste, die mir geblieben sind, dafür verschwendet, Schafe zu kaufen!«
»Ah, nein, Lady. Diese Käufe wickelt er mit seinem eigenen Geld ab.«
Brianna zuckte zusammen. Sie wußte nur sehr wenig von ihm, doch wieviel Geld konnte ein landloser Söldner, der ein Schwert für seinen Lebensunterhalt verkaufte, schon besitzen?
Eine kleine Stimme in ihrem Inneren flüsterte ihr zu: Er hat die Absicht, sich dein Land anzueignen.
»Wenn er zurückkommt, dann sagt ihm, daß ich ihn sprechen möchte. Er ist hierher geschickt worden, um Steine zu brechen. Wie es mir scheint, hat er seine Zeit mit allen anderen Dingen zugebracht, außer seinen Auftrag zu erfüllen.«
»Das hat er zur Rettung Bedfords getan, meine Lady. Er hat so viele praktische Ideen. In diesem Augenblick bauen seine Männer Taubenställe, und sein irischer Knappe ist unterwegs, um Bienenstöcke zu kaufen. Den Leuten aus dem Dorf hat er angeboten, morgen mit ihnen zusammen Verschläge für Kaninchen und Hasen zu bauen, damit die Bauern das ganze Jahr über Fleisch haben.«
Seine Worte nahmen ihr allen Wind aus den Segeln. Dankbarkeit trat an die Stelle ihrer Wut. Wie selbstlos von ihm, den Leuten von Bedford zu helfen! Es wäre eigentlich Roberts Aufgabe gewesen, die
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