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Rosenwahn

Titel: Rosenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Macht ein bisschen Urlaub bei seinem Sohn. Ist das Kind von seiner ersten Frau Hatice, die früh gestorben ist, verstehen Sie?«
    »So weit wir wissen, hatte Ihr Neffe einen sicheren Job hier in Lübeck und ganz gut verdient. Warum ist er so plötzlich zurückgegangen?«
    »Aah«, nickte Volkan Durgut. »Ein guter Junge, Turhan. Mein Neffe! Und ein guter Geschäftsmann wie sein Onkel!«
    »Was macht er?«
    »Er hat in Göreme ein Café. Göreme, kleine Stadt und Touristenattraktion in Kappadokien. Kennen Sie Kappadokien?«
    Die Beamten verneinten.
    »Sehr schöne Gegend, schönste Gegend von der Türkei. Weiße Steine, Höhlen, Städte unter der Erde, Weltkulturerbe, verstehen Sie? Meine Heimat. Wollen Sie mal sehen?« Er machte Anstalten aufzustehen und nach Katalogen im Regal hinter ihm zu suchen.
    »Lassen Sie man«, mischte sich Jansen ein. »Was uns interessiert, ist, warum Turhan Durgut gerade damals hier weggegangen ist, kurz nachdem Meral verschwunden war.«
    »Das ist ganz einfach, Herr Kommissar: Wenn dir jemand ein einmaliges Angebot macht, dann musst du sofort zugreifen, verstehen Sie? Und das hat mein Neffe gemacht. Er hat dieses Café zu einem unglaublich guten Preis bekommen«, Durgut lächelte aufgeräumt. »Ich hab ihm natürlich auch mit ein bisschen Geld geholfen.«
    »Ich verstehe«, sagte Angermüller und kehrte noch einmal zum Anfang ihres Gesprächs zurück. »Wie viele Kinder haben Sie?«
    »Zwei Söhne, zwei Töchter«, sagte Volkan Durgut stolz.
    »Was hätten Sie denn an der Stelle Ihres Bruders anders gemacht, wenn eine Ihrer Töchter von zu Hause verschwunden wäre?«
    »Meine Töchter würden das nie machen.«
    »Wie alt sind Ihre Töchter denn?«
    »Die Große ist 13 und die Kleine 11.«
    »Dann können Sie das doch jetzt noch gar nicht wissen, was die machen, wenn sie 18 sind.«
    »Meine Mädchen machen das nicht, verstehen Sie?« Die rhetorische Frage am Ende des Satzes blieb drohend in der Luft hängen und die joviale Freundlichkeit des Mannes war plötzlich wie weggepustet. Er fixierte Angermüller einen Moment, dann hellte sich sein Gesicht so schnell auf, wie es sich verfinstert hatte, und er fuhr im ruhigen Plauderton fort: »Natürlich war ich damals sauer auf meinen Bruder. Das dumme Mädchen hat der ganzen Familie geschadet. Wir tragen alle denselben Namen, und ich bin schließlich Geschäftsmann, verstehen Sie?«
    »Und was haben Sie zu Ihrer Ehrenrettung getan?«
    Ein listiges Lächeln glitt über Volkan Durguts Gesicht. »Bestimmt nicht, was Sie denken, Herr Kommissar! Wir leben doch nicht im Mittelalter!«
    »Und Ihr Geschäft läuft gut?«, fragte Angermüller, ohne auf Durguts Antwort einzugehen.
    »Ich bin zufrieden.«
    So, wie er hinter seinem Schreibtisch thronte, die Hände über dem kleinen Bauchansatz verschränkt, machte der Mann tatsächlich diesen Eindruck.
    »Dann wollen wir nicht länger Ihre Zeit stehlen, Herr Durgut. Sollte Ihnen doch noch etwas einfallen zum Verschwinden Ihrer Nichte, hier ist meine Karte.«
    »Alles klar, kein Problem! Und wenn Sie mal einen schönen Urlaub in der Türkei machen wollen: Hier«, er tippte sich auf die Brust. »Volkan Durgut macht Ihnen den besten Preis, den Sie kriegen können, Herr Kommissar!«

     
    »Ich muss ja zugeben, ich hatte son Alten mit ’nem Häkelkäppi erwartet, als diese Sibel von ihrem Onkel sprach. Der Typ ist zwar ein Schlitzohr, aber eigentlich wirkt er doch ganz modern«, meinte Jansen, als sie zurück zu ihrem Passat gingen.
    »Ein islamistischer Hardliner ist er sicher nicht, da geb ich dir recht«, nickte Angermüller. »Und lustig und nett ist er auch irgendwie. Aber ich steig bei dem nicht dahinter. Ich denke, der kann trotzdem total traditionell sein, auch wenn er so unheimlich locker wirkt. Zu Hause ist der bestimmt der absolute Patriarch.«
    »Is doch nicht das Schlechteste, wenn die Olsch zu Hause bleibt, kocht, putzt und die Gören erzieht, oder?«, griente Claus Jansen.
    »Mensch, Claus, werd du erst mal erwachsen und heirate, und dann sprechen wir uns wieder.«
    »Wo waren wir gerade? Können wir mal über was anderes reden?«
    »Du hast doch damit angefangen, Kollege.«
    Claus Jansen war Anfang 30, etwa zehn Jahre jünger als Angermüller, und so lange die beiden zusammenarbeiteten, gab es einen stetig wechselnden Reigen von weiblichen Wesen in Jansens Leben. Manchmal dauerte es ein paar Wochen, manchmal nur ein paar Tage, und ein neuer weiblicher Name war aktuell. Seit ein paar Monaten

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