Rosskur: Ein Allgäu-Krimi
schicken wollten. In etwa zwanzig Minuten würden sie an der Brücke in Lechbruck eintreffen und dort gerne einige Details zu dem möglichen Mordfall Ruff hören.
»Ich hab noch versucht, den Termin zu schieben. Bis in zwanzig Minuten schaff ich das nämlich nicht zu Ihnen raus nach Lechbruck.«
»Ach, das macht nichts«, beruhigte ihn Hansen. »Ich hab hier schon die Kollegen Haffmeyer und Fischer, Manfred Kerricht vom Füssener Revier geht uns auch zur Hand – das sollte für heute reichen.«
Damit beendete er das Gespräch und nickte Haffmeyer zu.
»Dann wollen wir mal.«
Kurz nachdem sie eine Viertelstunde später an der Lechbrücke angekommen waren, trafen die beiden Weilheimer Kollegen ein.
»Xaver Moll, Kripoinspektion Weilheim«, stellte sich der Ältere kurz vor. »Das ist mein Kollege Jochen Pfluhm. Sind Sie Herr Hansen?«
»Sieht man mir das an?« Er drückte den Weilheimer Kollegen die Hand.
»Willy kenn ich schon, und Sie« – Xaver Moll wandte sich an Hanna Fischer – »können’s ja kaum sein, gell?« Er lachte gutmütig, dann sah er sich um. »Wo ham S’ denn unsern Tatort?«
»Dort drüben, kommen Sie mit?«
Kurz darauf standen alle am südlichen Geländer der Lechbrücke und schauten auf das Flussufer hinunter. Hansen umriss kurz, was sie bisher erfahren hatten, und zeigte den Kollegen, wo der Pferdehof und Kerstin Wontarras Wohnhaus lagen. Von Lechbruck her kam währenddessen Kerricht auf die Gruppe zu, dicht gefolgt von einem zweiten Mann, der selbst auf diese Entfernung etwas unsicher auf den Beinen wirkte.
»Und da kommt unser Zeuge«, sagte Haffmeyer und machte die anderen auf die beiden Neuankömmlinge aufmerksam.
»Zefix!«, entfuhr es Moll. »Ist das dieser Saufkopf?«
»Das ist Horst Pröbstl«, sagte Hansen. »Er wohnt hier in Lechbruck und hat den Mord beobachtet.«
»Die Schongauer ham mir schon gsagt, dass man auf diesen Burschen lieber keinen Pfifferling setzen sollt – ich frag mich, warum Sie sich trotzdem so in diesen Fall verbissen ham.« Moll sah Pröbstl kopfschüttelnd entgegen. »Aber gut ham S’ des gmacht, Kollege Hansen, sonst wär uns glatt ein Mord durch die Lappen gangen, so wie’s grad ausschaut.«
»Grüß Gott mitanand«, sagte Kerricht, trat zur Seite und schob seinen Begleiter auf die Gruppe der Kripobeamten zu. »Das hier ist Horst Pröbstl, unser Zeuge.«
Moll hielt ihm die Hand zur Begrüßung hin. »Was Sie gsehn ham, Herr Pröbstl, steht ja schon im Protokoll. Aber können Sie uns noch mal zeigen, von wo aus Sie des alles beobachtet ham?«
Pröbstl räusperte sich und zeigte dann auf einen Platz auf der Landzunge, die ein Stück flussaufwärts vor ihnen lag.
»Da hab ich gelegen«, brummte er. Seine Stimme klang rau, die Zunge war ein wenig schwer – aber nüchterner war er wohl derzeit nicht zu haben.
»Und wie kommen S’ da rüber auf diese Landzunge?«
»Da ist das Wehr von den Stromern, da bin ich rüber.«
»Stromer?«, fragte Hansen dazwischen.
»Das Allgäuer Überlandwerk betreibt gut zweihundert Meter oberhalb der Lechbrücke ein Wasserkraftwerk«, erklärte Haffmeyer. »Noch etwas flussaufwärts wird ein Seitenarm des Lech am Wehr vorbeigeführt, der Rest läuft durch die Turbinen – und über den Damm kommt man auf die Landzunge.«
Hansen nickte ihm dankbar zu.
»Und wo genau«, fuhr Moll fort, »ist das mit den Männern passiert, die dem Herrn Ruff aufglauert ham?«
Pröbstl sah fragend zu Kerricht hin, der verdrehte nur die Augen.
»Jetzt sag halt, wie’s war. Der Kommissar hat nicht ewig Zeit!«
»Ich … ich …« Pröbstl war ohnehin schon eingeschüchtert, und nun hatten ihm Hansens Zwischenfrage und Kerrichts Anpfiff den Rest gegeben.
»Haben Sie was dagegen, wenn Herr Pröbstl und ich ein Stück spazieren gehen?« Hansen hatte sich an Moll gewandt, als wäre der sein Vorgesetzter.
Moll sah den Kollegen verblüfft an. »Äh, freilich … ich mein … natürlich nicht, gehn Sie nur.«
Hansen führte Pröbstl langsam von der Gruppe weg, und wenig später waren die beiden nach rechts auf einen kleinen Fußpfad eingebogen und verschwanden aus dem Blickfeld der anderen.
Moll nahm Haffmeyer zur Seite und raunte ihm zu: »Sag mal, Willy, warum tut denn dein Chef so unterwürfig? Der muss mich doch nicht fragen, ob er eben mal unter vier Augen mit diesem Zeugen reden darf!«
»Muss er nicht«, grinste Haffmeyer, »macht er aber. Der Hansen ist ein korrekter Typ. Er hat mich und Hanna bisher sehr gut
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