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Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Rosskur: Ein Allgäu-Krimi

Titel: Rosskur: Ein Allgäu-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Seibold
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Seitenlehnen Platz und streckte genüsslich seine Beine aus.
    »Sagt mal, Männer, wo ist denn Richie?«
    Hanna Fischer grinste breit. »Der fühlte sich nicht mehr so wohl, da ist er wohl heimgefahren.«
    Ruff sah die Kommissarin verblüfft an. »Okay, Sie sind von der Kripo, aber hier am Tisch reden Frauen nicht ungefragt dazwischen, so viel Ordnung muss sein, ja?«
    Der neben Ruff sitzende Toni beugte sich zu seinem Präsidenten und machte »pscht, lass mal«. Ruff wusste offenbar nicht so recht, was er mit der ganzen Situation anfangen sollte. Also begab er sich auf vertrautes Terrain.
    »Ich erzähl Ihnen am besten mal, wie unser lieber Rammler dort drüben zu seinem Spitznamen gekommen ist …«
    Der wurde ganz bleich, hob abwehrend die Hände und schüttelte wie wild den Kopf.
    »Was hast du denn, Rammler? Bist doch sonst immer ganz stolz auf deine Frauengeschichten!«
    »Sie haben ja wahrscheinlich alle Spitznamen«, schaltete sich Hansen ein. »Ich nehme mal an, Toni heißt Antonio, Sepp kommt von Joseph und Richie vielleicht von Richard?«
    Ruff nickte.
    »Aber Haken … das kann ich mir nicht so recht erklären.«
    »Der heißt eigentlich Hagen mit Vornamen, aber wie schwul klingt das denn? Also heißt er bei uns nur Haken und ist auch ganz zufrieden damit, gell, Haken?«
    Der Angesprochene nickte beflissen.
    »Und Zigan?«
    »Rajko stammt aus einer Roma-Familie, wie er das selbst nennt. Das sind Zigeuner, also Zigan. Sie wissen schon: Komm, Zigan, spiel … und so weiter.«
    »Ja, ja, ich weiß.«
    Keine Frage: Ruff war ein Kotzbrocken.
    »FJ ist wieder einfach«, tippte Hansen: »Franz-Joseph oder so etwas, richtig?«
    Die Runde lachte schallend.
    »Nein, der heißt eigentlich Thomas, fährt aber seine alte FJ 1200, seit ich denken kann.«
    Also noch nicht lange, dachte Hansen grimmig, nickte aber mit gespielter Fröhlichkeit. Wenn Ruff auf diesem Niveau weitermachte, sollte es nicht allzu schwer sein, diesem Dorftrampel einige Bier später nützliche Informationen zu entlocken.

Donnerstag, 13. Juni
    Hansen wusste nicht gleich, wo er sich befand. Was er aber sofort wusste, war, dass er heute eine Kopfschmerztablette brauchen würde. Hinter seinen Schläfen pochte es, der Druck strahlte bis zur Stirn aus. Außerdem gab es eine kleine Stelle am Hinterkopf, die so schmerzte, als läge er auf etwas Hartem. Mühsam stemmte er sich hoch. Mustertapete, Nachttisch, ein Kleiderschrank und rechts die Tür, die offenbar in einen kleinen Flur und zum Badezimmer führte. Auf dem Kissen lag ein winziges quadratisches Schokoladentäfelchen. Anscheinend war er gestern Abend zu müde gewesen, um dieses Betthupferl auch nur zu bemerken.
    Allmählich schälte sich der gestrige Abend wieder aus dem Nebel, der sich über sein Gedächtnis gelegt hatte. Er war mit Ruff und den anderen Bikern ins Gespräch gekommen. Zwar hatte er zunächst nichts Nützliches erfahren, aber er hatte die Hoffnung gehabt, dass die Männer bei zunehmendem Bierkonsum gesprächiger werden würden. Also hatte er nach einer Weile Haffmeyer und Fischer verabschiedet, hatte sich ein Zimmer im Gasthof Kiefl genommen und das nächste Bier bestellt.
    Nun zermarterte er sich den Kopf, was um Himmels willen er womöglich später am Abend noch erfahren hatte – aber es sah ganz so aus, als hätte ihm die Aktion nicht viel mehr als einen Brummschädel und ein flaues Gefühl im Magen eingebracht. Die meisten Mitglieder der Wild Horses kutschierten mit aufgemotzten Choppern durch die Gegend, die sich durch möglichst tiefliegende Sättel, möglichst lange Vorderradgabeln und allerlei Verzierungen hervortaten.
    Auf Geländemotorräder – vor allem auf so kleine, wie Hansen sie suchte – schauten die Burggener Biker nur verächtlich herab, und natürlich besaß so etwas keiner von ihnen, nicht einmal als Zweitgefährt.
    »So ein Bubenbock kommt mir nicht in die Garage«, hatte FJ getönt, obwohl der ja mit seiner Tourenmaschine schon fast ein Außenseiter unter den Wild Horses war.
    Immerhin kannten Haken, Toni und die anderen viele Motorradfahrer in der Gegend. Offenbar hatten sich die Wild Horses anfangs dadurch hervorgetan, dass sie Schüler auf ihren Mofas triezten und später auch durchfahrende »Herrenreiter« anpöbelten – so wurden in ihren Kreisen die etwas gesetzteren Fahrer genannt, die auf dicken BMW-Maschinen über die Bundesstraße brausten.
    »Ich sag Ihnen, Hansen«, hatte Ruff gedröhnt und sich selbst ins Wort gerülpst, »damals

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