Rot wie die Liebe
zu besiegen, immer geringer werden.«
»Da magst du Recht haben. Ich erzähle dir, was ich von diesem Ort weiß.«
Sie blickte über die Ebene, die man Ciunas nannte. »Vor langer, langer Zeit, vor der Trennung der Welten, als es nur eine einzige Welt gab statt vieler, existierten nur Götter und Dämonen, aber noch keine Menschen. Beide waren stark, kampflustig und gierig, und jeder von ihnen wollte die Herrschaft. Zwar waren die Götter grausam, aber sie jagten und töteten weder ihre eigene Art noch die Dämonen zum Zeitvertreib und als Nahrung.«
»Das war also die Grenze zwischen Gut und Böse?«
»Irgendwo muss es ja eine Grenze geben, selbst wenn sie nur darin besteht. Es herrschte Krieg, schon eine Ewigkeit. In diesem Tal hier fand die letzte Schlacht statt, die blutigste, gewalttätigste und fruchtloseste. Es gab keinen Sieg, nur ein Meer von Blut, das dieses Tal überschwemmte. Mit der Zeit trocknete es ein, und der Boden hier blieb tief von Blut getränkt.«
»Warum hier? Warum in Geall?«
»Ich glaube, das Tal des Schweigens war der Preis für den Jahrhunderte währenden Frieden und Wohlstand, den die Götter für Geall bestimmten. Der Ausgleich sozusagen.«
»Und jetzt ist Zahltag?«
»Ja, Cian. Jetzt lassen die Götter die Menschen mit den Dämonen kämpfen, die ja auch einmal Menschen waren. Die Vampire sollen gegen ihren Ursprung und ihre Beute kämpfen. Wenn wir nicht siegen, gehen alle unter. Aber Lilith begreift nicht, was passiert, wenn sie die Schlacht gewinnt.«
»Meine Art geht unter.« Er nickte. Zu dieser Schlussfolgerung war er auch schon gekommen. »Im Chaos gedeiht nichts.«
Moira schwieg einen Moment lang. »Du bist jetzt ruhiger, weil du nachdenkst.«
Cian lachte. »Ja, du hast Recht. Aber es ist trotzdem der letzte Ort in der Welt, an dem ich ein Picknick veranstalten würde.« »Nach Samhain machen wir ein Mondschein-Picknick. Larkin und ich haben hier einen Lieblingsplatz. Er ist …« Cian packte ihr Handgelenk. »Schscht. Da ist etwas …« Schweigend zog Moira einen Pfeil aus dem Köcher.
Im Schatten grinste Davey und zog sein kostbares Schwert. Jetzt würde er kämpfen wie ein Prinz. Er würde schlagen und beißen. Und trinken, trinken, trinken.
Er beugte sich im Sattel vor und wollte gerade einen Kriegsschrei ausstoßen, als Lilith vor ihm auftauchte. »Davey! Du drehst sofort um und kommst nach Hause!« Der Junge zog eine Schnute. »Ich jage gerade!« »Du jagst nur dann, wenn ich es dir erlaube. Ich habe keine Zeit für diesen Unsinn. Ich muss mich um den Krieg kümmern!«
Davey verzog eigensinnig das Gesicht. Seine Augen glühten in der Dunkelheit. »Ich will aber kämpfen. Ich werde die Menschen töten, und dann kannst du mich nicht mehr wie ein Baby behandeln.« »Ich habe dich gemacht, und ich kann dich auch wieder vernichten. Du tust jetzt sofort, was ich … was für Menschen?«
Er zeigte mit seinem Schwert darauf. Lilith drehte sich um und bekam es wirklich mit der Angst zu tun. Sie versuchte, ihm in die Zügel zu greifen, aber ihre Hand glitt natürlich durch den Hals des Ponys.
»Hör mir zu, Davey. Nur einer davon ist ein Mensch. Der Mann ist Cian. Er ist sehr mächtig, sehr stark und sehr alt. Du musst weglaufen. Lass das Pony rennen, so schnell es kann. Du solltest jetzt gar nicht hier sein. Wir sollten jetzt nicht hier sein.«
»Ich habe Hunger.« Er verdrehte die Augen, und seine Zunge glitt über Reißzähne und Lippen. »Ich will den Alten töten und die Frau trinken. Sie gehören mir, mir. Ich bin der Prinz des Blutes.« »Davey, nein!« Aber er trieb sein Pony an, und es machte einen Satz vorwärts.
Es ging alles so schnell, dachte Moira. Cians Schwert blitzte auf, als er es aus der Scheide zog. Der Reiter flog aus der Dunkelheit heran, und ihr Pfeil war bereit.
Dann sah sie, dass es ein Kind war, ein kleiner Junge auf einem stämmigen Pony. Ihr Herz machte einen Satz, und ihr ganzer Körper zuckte. Ihr Pfeil flog weit am Ziel vorbei. Das Kind schrie, heulte und knurrte. Ein Wolfsjunges auf der Jagd.
Hinter dem Pony flog Lilith, ein Dämon in Smaragdgrün und Gold, mit gefletschten Zähnen und Händen wie Klauen. Moiras zweiter Pfeil glitt durch ihr Herz hindurch in die Luft. »Sie ist nicht real!«, schrie Cian. »Aber er. Nimm den Drachen und verschwinde.«
Sie griff nach einem dritten Pfeil, aber Cian schob sie beiseite und sprang selbst über das Pony hinweg, das auf sie zukam.
Ein kleiner Junge, dachte Moira. Ein
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