Rot wie die Liebe
höchstens zwei Tagen bin ich wieder zurück.«
»Ja, pass auf dich auf.« Sie zog ihn an sich und küsste ihn leidenschaftlich. Ihr war das Herz schwer. »Ich liebe dich. Pass auf.«
»Ich liebe dich. Sei stark. Und jetzt geh hinein, du wirst ja ganz nass.« Aber sie wartete, bis Larkin sich schimmernd in einen Drachen verwandelt hatte und Hoyt und Blair Waffen und Proviant aufgeladen hatten. Dann kletterten sie auf den Rücken des Drachen, und Glenna blickte ihnen nach, als sie in den grauen Regendunst aufstiegen.
»Es ist schwer, die Zurückbleibende zu sein«, sagte Moira hinter ihr.
»Ja, schrecklich.« Glenna ergriff Moiras Hand. »Gib mir etwas zu tun. Am besten gehen wir hinein, damit ich dir die erste Lektion erteilen kann.« Sie gingen aufs Schloss zu. »Kannst du dich noch daran erinnern, wann du zum ersten Mal die Macht gespürt hast?«
»Nein. Es ist nichts Konkretes, wie bei Larkin, sondern eher so, dass ich manchmal Dinge wusste. Wo ein verloren gegangener Gegenstand zu finden war. Oder wo sich jemand verborgen hielt, wenn wir als Kinder Verstecken spielten. Aber es hätte genauso gut auch Glück oder gesunder Menschenverstand sein können.«
»Hatte deine Mutter die Gabe?«
»Ja, aber nur ganz sanft, wenn du weißt, was ich meine. Eher eine Art Empathie.
Unter ihren Händen ist alles gediehen. Du hast ja die Gärten hier gesehen. Sie sind ihr Werk. Wenn sie bei einer Geburt oder an einem Krankenbett war, konnte sie Trost und Erleichterung spenden. Für mich war das, was sie besaß, so eine Art Frauenmagie.
Empathie, Intuition, Heilung.«
Sie traten durch den Bogengang und gingen die Treppe hinauf. »Aber seit ich begonnen habe, mit Hoyt und dir zu arbeiten, habe ich mehr gespürt. Es war wie ein Echo auf die stärkere Macht, die ihr beide besitzt. Und dann habe ich das Schwert herausgezogen.«
»Ein Auslöser vermutlich«, spekulierte Glenna. »Oder vielmehr ein Schlüssel, der die Tür zu dem öffnete, was bereits in dir war.«
Sie betrat mit Moira den Raum, in dem sie und Hoyt arbeiteten. Er unterschied sich kaum von dem Turmzimmer in Irland. Er war größer, dachte Moira, und man gelangte von hier aus auf einen der zahlreichen Balkone des Schlosses.
Aber es roch genauso, nach Kräutern, Asche und einer Mischung aus pflanzlichen und metallischen Düften. Auf Tischen und Truhen standen Glennas Kristalle. Und überall waren Schalen, Bücher und Phiolen.
An jeder Öffnung nach draußen hingen Kreuze – aus Silber, Holz, Stein und Kupfer.
»Es ist feucht und kühl hier drin«, meinte Glenna. »Machst du uns ein Feuer an?«
»Ja, natürlich.« Aber als Moira auf den großen steinernen Kamin zutreten wollte, griff Glenna lachend nach ihrer Hand.
»Nein, nicht so. Feuer ist elementar und gehört zu den grundlegenden Fertigkeiten.
Um Magie ausüben zu können, benutzen wir die Elemente, die Natur. Wir respektieren sie. Zünde das Feuer von hier aus an, mit mir zusammen.«
»Ich wüsste gar nicht, wie ich das anfangen sollte.«
»Mit dir selbst. Kopf, Herz, Bauch, Knochen und Blut. Sieh das Feuer, seine Farbe und Form. Spüre die Hitze, riech den Rauch und den brennenden Torf. Nimm das aus dir heraus und lege es in den Kamin.«
Moira tat, was sie ihr gesagt hatte, und sie spürte auch, wie etwas über ihre Haut glitt, aber der Kamin blieb kalt.
»Tut mir leid.«
»Das muss es nicht. Du brauchst Zeit, Energie und Konzentration dazu. Und Glauben. Du kannst dich nicht mehr daran erinnern, wie du deine ersten Schritte getan und laufen gelernt hast. Wie oft du hingefallen und wieder aufgestanden bist. Mach jetzt deinen ersten Schritt, Moira. Streck deine rechte Hand aus. Stell dir vor, wie das Feuer in dir heiß und hell lodert. Es fließt von deinem Bauch durch dein Herz und deinen Arm bis zu den Fingerspitzen. Sieh es, spüre es und schick es, wohin du willst.«
Glennas ruhige Stimme versetzte sie beinahe in Trance, und sie spürte, wie sich die Wärme in ihr aufbaute. Und dann entstand eine kleine Flamme am Rande der Torfstücke.
»Oh! Es war wie ein Blitz, der mir durch den Kopf gefahren ist. Aber das Meiste hast du gemacht.«
»Nein, nur ein bisschen«, korrigierte Glenna sie. »Das war nur ein kleiner Schubs.«
Moira stieß die Luft aus. »Ich habe das Gefühl, im Laufschritt auf einen Berg gestiegen zu sein.«
»Mit der Zeit wird es leichter.«
Moira blickte auf das Feuer im Kamin und nickte. »Bring es mir bei.«
Nach zwei Stunden jedoch hatte Moira das Gefühl, nicht nur
Weitere Kostenlose Bücher