Rot wie eine Braut: Roman (German Edition)
Maisbrot mit Dhallë, dann endlich kehren sie in ihr Land zurück.
»Grüßt mir eure Mütter«, sagt Saba zu den Peppini, die zur Abreise bereit sind, »und sagt ihnen, dass wir gut zu euch waren. Sie sollen nicht denken, dass wir Wilde sind, im Grunde sind wir Nachbarn.« Sie sagt alles auf Albanisch, Toniò und Oreste sprechen es mittlerweile einigermaßen.
»Ja, Frau«, antwortet Toniò. »Wenn ihr eines Tages in unsere Gegend kommt, ist unser Haus auch euer Haus. So wie ihr es mit uns getan, uns eures geöffnet habt.«
»Toniò, Toniò, ich werde euch niemals besuchen kommen. Bis heute bin ich nur zweimal in der Stadt gewesen. Aber sei’s drum. Jeder Stein wiegt schwer auf seinem Platz, und ich will mein Gewicht auf dieser Erde spüren. Vergesst uns nicht«, sagt sie, dann fängt sie an zu weinen.
Während sie den Soldaten hinterhersieht, trocknet sich Saba mit ihrem schwarzen Kopftuch die Tränen.
Unterdessen ist Saba erneut schwanger. Wieder ein Mädchen. Es hat nicht die blonden Haare der Mutter und der anderen Geschwister. Und auch keine blauen Augen. Sabas Schwiegermutter dreht und wendet das Neugeborene in alle Richtungen, als suche sie nach einem Zeichen, das nur sie zu entschlüsseln vermag.
»Saba«, fragt sie, »was hast du dazu zu sagen? Jahrelang bringst du nur blonde Trinen mit wässrigen Augen zur Welt, und kaum kommen die Peppini, bekommst du eine Brünette, und noch dazu schön kräftig wie diese beiden armen Kerle. Ist das ein Zufall?«
»Ich glaube nicht an Zufälle«, erwidert Saba verärgert. »Aber ich glaube an das, was meine Augen sehen. Mein Mann ist dunkelhaarig, und meine Schwiegermutter ebenfalls. Eure gesamte Familie ist so. Meine Tochter geht leider nach euch.«
Die Schwiegermutter wagt es nicht, weiter nachzuhaken.
Das neugeborene Mädchen bekommt, allem zum Trotz, den Namen Bianca. Saba nimmt die Bemerkungen der Schwiegermutter nicht allzu ernst. Im Lauf der Jahre hat sich ihre Stellung verbessert. Mittlerweile ist sie die Stütze des Hauses und nicht mehr das verschreckte Huhn, ob es der Schwiegermutter gefällt oder nicht. Saba ist nun eine gestandene Frau und nie um eine Antwort verlegen. Oft sagt sie: »Ach wäre ich noch einmal Braut …«
Jahre später schenkt Saba einer weiteren Tochter das Leben, ebenfalls brünett, aber zart und mit blauen Augen. Diesmal ist Toniò weit weg.
Acht
In jenen Jahren lebte Saba in einem riesigen Haus zusammen mit zwei von Omers Brüdern, deren Frauen und Kindern sowie der allmächtigen Schwiegermutter. Das Haus hatte drei Flügel, einen für jede Familie, einen Hof, in dem sich der Ofen, der Brunnen und ein Gemeinschaftsbad befanden und auf dem die drei Schwägerinnen, unter dem Kommando der Schwiegermutter, die alltäglichen Arbeiten verrichteten.
Im Lauf der Zeit hatte sich zwischen den Schwägerinnen ein derart enges Verhältnis entwickelt, dass jede von ihnen die Kinder der anderen auch als die eigenen betrachtete. Wenn es einer von ihnen schlecht ging, deckten die anderen sie vor der Schwiegermutter und übernahmen auch ihre Arbeit. Wenn diese einer der Schwiegertöchter verbot, die Mutter zu besuchen, fanden die anderen eine Ausrede, um sie aus dem Haus gehen zu lassen.
Um der Macht willen, die den Schwiegermüttern zukam, verbrachten viele Frauen ihr Leben in freudiger Erwartung auf das Alter.
Es ist Winter, und Saba bittet die Schwiegermutter, bei ihrer Familie vorbeischauen zu dürfen. Sie hat erfahren, dass das Partisanen-Bataillon ihrer Brüder in der Gegend ist, vielleicht sind sie zu Hause zu Besuch. Saba ist noch Wöchnerin, ihr einziger Sohn kam erst vor Kurzem zur Welt.
»Meine Liebe«, antwortet ihr die Schwiegermutter, »hältst du es für angebracht, aus dem Haus zu gehen? Wo die Deutschen jeden Augenblick kommen können? Aufregung tut dir nicht gut, die Milch kann ausbleiben, und außerdem, wer kümmert sich um Luan?«
Saba widerspricht nicht. Im Grunde hat die Schwiegermutter recht. Aber das Verlangen, ihre Brüder wiederzusehen oder wenigstens zu wissen, wie es ihnen geht, ist groß.
Über die Deutschen werden schreckliche Dinge erzählt. Kein Vergleich zu den Türken oder Griechen, ganz zu schweigen von den immer gut gelaunten Peppini. Am Tag zuvor hat sie am Dorfbrunnen eine grauenhafte Geschichte gehört. Die Schwester einer ihrer Nachbarinnen, die in Bushat lebte, war alleine zu Hause, ihr Mann und die anderen waren zur Beerdigung eines Verwandten gegangen. An jenem Morgen waren die Deutschen am
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